Europa? Schtonk!

Wieder ist es ein schöner Sonntag, zumindest über dem Teil Europas, in dem ich wohne. Woanders dürfte es sich momentan nicht zwingend so nett anfühlen.
Nach stundenlanger Beratung haben gestern die Finanzminister der EU, die sogenannte Eurogruppe, ihre Verhandlungen über den neuen griechischen Vorschlag ergebnislos abgebrochen.
Ich nenne das ergebnislos, da es nicht einmal eine gemeinsame Abschlußerklärung gab und das ist ja in der Diplomatie eigentlich der Minimalkonsens. So in der Art wie ,,Es waren intensive Gespräche“ oder ,,Die Positionen sind noch annäherungsfähig“. Was übersetzt dann heißen würde, man hat sich gegenseitig angebrüllt oder man ist mit dem Arschloch auf der anderen Seite nicht wirklich auf einen grünen Zweig gekommen.
Aber nicht einmal das kam in Brüssel raus. Über dieses weniger als Nichts werden dann heute abend also die Staats- und Regierungschefs ,,beraten“, da man diese Entscheidung mit Griechenland nicht einfach den Chefs der Finanzressorts überlassen möchte.
Übrigens ein Fakt, das man gestern noch einmal extra betont hat. Allein das weist bereits auf den elenden Zustand hin, in dem sich das Projekt Europa derzeit befindet. Sehr großzügig von unseren postdemokratischen Marktverwaltern, daß man die Entscheidung über eine ganze Nation mit immerhin 11 Millionen Menschen für wichtig genug erachtet, um hier aus deutscher Sicht dann doch mal die Kanzlerin zu bemühen und nicht nur den schwäbischen Streitwagen an die Front zu schicken.

Letzte Woche haben die Griechen mit überwältigender Mehrheit ,,Nein“ gesagt zu weiteren Sparplänen, die ihnen von außen einfach so aufs Auge gedrückt werden sollen. Nur wenige Tage später legt der Regierungschef Tsipras eine neue Sparliste vor, über die man in Brüssel befinden soll. Zum Erstaunen vieler professioneller Zeitungsschreiber enthält diese Liste fast die Punkte, die die griechische Bevölkerung abgelehnt hatte. Was wiederum zeigt, daß extrem viele Zeitungsschreiber nicht das geringste bißchen Verständnis für die griechische Bevölkerung aufbringen können. Auch Herr Schäuble, dieser griesgrämige Drache von Angela der Alternativlosen, das knurrige Gesicht der Krise für so viele Griechen, zeigte sich verdutzt. Dabei ist die Erklärung eigentlich nicht so schwierig. Continue reading →

Europa ist kein Spiel

Da haben sie also verhandelt, unsere politischen Finanzverwalter in Europa, mehrere Tage lang. Deutschlands Presse ist wieder voll mit einem anderen Thema als dem langsamen Krieg in der Ukraine: Griechenland.

Nachdem der neue Finanzminister der Syriza, Yanis Varoufakis, vor einigen Tagen völlig überraschend festgestellt hatte, daß sein Land bankrott ist, überschlugen sich die Meldungen. Diese eigentlich doch wenig erstaunliche Erkenntnis wurde übrigens in einem recht lesenswerten Interview geäußert.

Das seltsame Gebilde, das den Griechen ihre nationale Souveränität geraubt hat und dessen Kopf in Brüssel sitzt, ist daraufhin fast ausgerastet.
Urplötzlich wurde der neuen Regierung in Athen vorgeworfen, sie hätte ja nicht reformiert, so wie es in irgendwelchen Vereinbarungen festgelegt worden ist. Deswegen sollte Griechenland kein Geld mehr bekommen.
Das die neue Regierung zur Reform von irgendwas noch gar keine Zeit hatte, wurde dabei in den meisten deutschen Zeitungen schlicht unterschlagen. Ich möchte auch zärtlich darauf hinweisen, daß der neue Chef Griechenlands, Alexis Tsipras, bereits Reformen bei den Steuern angekündigt hat. Er möchte nämlich welche eintreiben. Er möchte sogar Vermögen besteuern. Sofern er noch Griechen finden kann, die eines haben. Continue reading →

Timeo Danaos…

…et dona ferentes.
,,Fürchte die Griechen, auch wenn sie Geschenke bringen.“ So ist es von Asterix überliefert. Doch in Europa scheint man sich seit zwei Wochen vor den Griechen zu fürchten, obwohl die keine Geschenke bringen.

Im Gegenteil, eigentlich wollen die Griechen was haben. Ihr Land zurück nämlich, um mal ganz vorne anzufangen.
2 Wochen nach dem Wahlsieg der Syriza, der vereinten Linken in Griechenland, hatte die deutsche und europäische Presse erst einmal nichts anders zu tun, als gnadenlos auf Herrn Tsipras, den neuen Landeschef, und seinen erwählten Finanzminister Varoufakis einzuprügeln.
Im Tenor wurde da vor allem bemängelt, daß die Griechen die Dreistigkeit hatten, bei einer durchaus demokratisch korrekten Wahl eine Partei zu wählen, die total dagegen ist, weiter einfach rumzusparen in der Hoffnung, das griechische Finanzproblem würde sich dadurch dann schon lösen.

Eine Rückeroberung der Demokratie in Griechenland. Paßt doch.

Ich möchte mal erleben, was hier in Deutschland los wäre, wenn sich die Presse anderer Länder in Europa, der IWF und noch ein paar ungebetene Kommentatoren derartig manipulativ zu bevorstehenden Wahlen geäußert hätten.
Man stelle sich ein Deutschland vor, dessen Regierung von einer Beamtentruppe, geschickt vom IWF, der OECD und der EU, Anweisungen entgegennehmen muß, die dazu führen, daß Löhne und Gehälter um 40% sinken und die Renten um 30% gekürzt werden. Ich kenne das nur von Ländern, die nach einem Krieg vom Sieger besetzt werden. Continue reading →