Es geht kein Flug nach Irgendwo

„I’m learning to fly, but I ain’t got wings.
Coming down is the hardest thing.“
Tom Petty

Technologie oder – in meinen Begriffen hier in diesem Blog – die genaue Ausformung der Technosphäre ist immer auch eine Entscheidung der Gesellschaft.
Zumindest sollte sie das sein. In Wahrheit funken einem die Kräfte der viel gepriesenen freien Marktwirtschaft da natürlich ständig dazwischen.
Es gab nie eine Entscheidung der Gesellschaft für die vorgeblich zivile Nutzung der Kernenergie. Es gab eine politische Entscheidung, denn mit Reaktoren hat man die Hand eben auch irgendwo immer auf dem Stoff, aus dem die Bomben sind. Die Tatsache, daß Nationen wie Japan oder Deutschland über keine eigenen A-Waffen verfügen, ist ja nun nicht etwa technologischem Unvermögen geschuldet, sondern der Geschichte des 20. Jahrhunderts.

Der freie Markt ist an solchen Stellen also normalerweise eben kein Markt. Und frei ist er auch nicht. Er funktioniert hier schlicht kommandowirtschaftlich. Hitler konnte in Hydrierwerken aus Braun- und Steinkohle Sprit für Flugzeuge und Panzer gewinnen lassen, weil es geht. Nicht etwa, weil das Verfahren ökonomisch Sinn ergibt. Es ist nämlich in jeglicher Hinsicht bei weitem zu teuer. Würde man Benzin heute aus deutscher Steinkohle herstellen wollen, kostete der Liter Sprit vermutlich irgendwas um die acht Euro. Dann mal Prost.
Mit Atomkraft war es ähnlich. Die Franzosen reihten sich als Atommacht Nr. 4 in den Reigen ein, weil Charles de Gaulle die Bombe haben wollte und dazu brauchte man eigene Reaktoren. Drum hat Deutschland auch keine eigenen Bomben, denn damit konnte Frankreich sicher sein, nicht noch einmal von deutschen Truppen überfallen zu werden. Deutschland hätte wiederum auch gerne die Bombe gehabt, Old Adenauer war jedenfalls sehr dafür, so weit ich das weiß. Nur gab es eben keine.
Dafür stehen die Franzosen heute da und erzeugen 70 Prozent ihrer Elektrizität aus Kernmeilern. Da fragt sich nur noch, wem zuerst das Licht ausgeht. Uns oder den westlichen Nachbarn. Sollte einer der Schrottmeiler an der deutschen Grenze wie Cattenom vorher noch platzen, werden womöglich deutsche Truppen doch noch einmal Frankreich überfallen. Wer weiß?

Wenn aber die industrielle Zivilisation den Bach runter geht und dabei auch durch weiteres Aufkommen von „Technologie“ – in welcher Form auch immer – nicht zu retten sein wird, ergibt sich ganz generell die Frage: Was wird überhaupt zu retten sein?
Das erfordert ein wenig ausgiebige Diskussion und Bestandsaufnahme.
In diesem Zusammenhang sollte man nicht unerwähnt lassen, daß die Bemühungen der meisten offiziell irgendwie grün-ökologisch bewegten Menschen, die in industriellem Maßstab stattfinden, eindeutig nicht Teil der Zukunft sein werden. Weder superleichte Elektroautos noch leichtere Flugzeuge noch Gebäudedämmung bis zum Abwinken werden den Zusammenbruch der industriellen Zivilisation verhindern. Continue reading →

Präsidenten, die auf Hamster starren

,,In order to maintain our way of living, we must tell lies to each other, and especially to ourselves.”

Derrick Jensen, Endgame

Kennt hier jemand Goodrich Petroleum? Nein? Nun, ich kenne die auch nicht persönlich, aber das ist eine von ziemlich vielen Frackingfirmen in den USA, die sich da seit einigen Jahren so kräftig mit Gas und Erdöl beschäftigen und die USA energieunabhängig machen werden.
Zumindest hat die Presse Amerikas und auch Deutschlands das immer wieder verkündet. Die Propheten eines neuen, glorreichen fossilen Zeitalters waren kaum zu bremsen mit ihren Lobeshymnen.

Der Begriff „energieunabhängig“, den wieder mal irgendein völlig bewußtloser Schreiberling im Regierungsbunker zwischen Koks und Kaffee morgens um drei erfunden haben muß, ist natürlich erst einmal völliger Schwachsinn, eine Ausgeburt der ökonomischen Propaganda. Ein Begriff, den Milton Friedman, der miese kleine Marktradikalist, der leider viel zu spät von uns gegangen ist, erfunden haben könnte. Ich werde solchen Unsinn daher in Zukunft einfach mal „Milton-Sprech“ nennen, so als Äquivalent zum Neusprech in Orwells 1984. Warum ist der Begriff Schwachsinn?
Schlicht und einfach aus dem Grund heraus, daß eine Wirtschaft – sei sie kommunal, auf Größe eines Dorfes oder auf Größe einer Nation, niemals „energieunabhängig“ sein kann. Sie war es nie, sie ist es nicht und sie wird es niemals sein.
Wenn ich einer Wirtschaft jede Energie entziehe, passiert mit ihr exakt dasselbe, was mit einem menschlichen Körper, einer Pflanze oder jedem anderen Lebewesen in dieser Galaxis und diesem Universum passiert: Sie stirbt. Sofort und unwiderruflich. Eine energieunabhängige Wirtschaft ist eine, die nicht existiert. Außer in den Köpfen von gedungenen Propagandisten in Regierungsbunkern.

Abgesehen von dieser Tatsache ist Goodrich Petroleum pleite. Ganz im Gegensatz zur Namensgebung, die ich hier einfach als wohl übertrieben optimistisch brandmarken möchte, ist nichts an den Zahlen dieser Firma gut oder verspricht besonderen Reichtum. Außer für den Insolvenzverwalter, der sich jetzt um die Reste des Ladens kümmern wird.
Falls er dazu noch kommt, denn Insolvenzverwalter für Firmen, die nach Chapter 11 der US-Gesetze Gläubigerschutz anmelden – also Abwicklung unter Aufsicht – haben derzeit sicherlich alle Hände voll zu tun im Wirtschaftswunderland des Öls.
Goodrich Petroleum war ungefähr Nr. 50 auf der Liste von Firmen, die allesamt der Öl- und Gasbranche angehören und in den letzten Monaten pleite gegangen sind.

Nun ja, ich hatte da schon immer so meine Zweifel am angekündigten Energieboom, seitdem aus dem Führerhauptquartier in Washington der Einsatz der neuen Wunderwaffe angekündigt worden war. Ich empfehle dem geneigten Leser, einmal die Kommentare unter diesem Artikel hier zu lesen.
Das war vor ziemlich genau vier Jahren. Wie da einige Leute auf den Putz gehauen haben mit irgendwelchen Öl- und Gasreserven, die sie nicht einmal sprachlich auseinanderhalten können, ist heute schon sehr lustig zu lesen. Ich hingegen lehne mich genüßlich zurück und behaupte jetzt nicht, daß ich das ja damals schon gesagt hätte. Aber ich habe es ja damals schon gesagt.
Alleine die Frage, warum die USA nie aufgehört haben, Öl aus anderen Ländern zu importieren, wenn sie doch selbst genug für 500 Jahre haben, sollte bei normalen Menschen irgendwo mal das Logik-Gatter A20 im Hirn anwerfen.
An so manchem Medium des deutschen Qualitätsjournalismus sind die Tatsachen aber schon sehr stark vorbeigegangen. Noch 2014 titelte Die Welt: „USA exportieren wieder Erdöl im großen Stil“. Der Autor machte dann auch gleich diesen von ihm proklamierten Fakt verantwortlich für die Preise, die zu fallen begannen, damals im Sommer. Ist halt nur blöd, daß die USA niemals Erdöl im großen Stil irgendwohin exportiert haben.
Korrekt ist, das damals das Exportverbot gelockert wurde. Das hatte aber nichts mit Exporten zu tun, sondern mehr mit knapper Raffineriekapazität. Da unverarbeitetes Öl laut altem Verbot die USA aber nicht verlassen durfte, hat man schlicht die Regeln geändert. Man könnte also sagen, die Deppen bei Springer waren entweder mal wieder nicht informiert oder haben wieder fleißig Desinformation betrieben. Also Propaganda erzählt. Oder gelogen. Continue reading →

Blick über den Tellerrand

Der März war der wärmste Monat, den man global so seit 100 Jahren gemessen hat. Neuer Rekord. Der Rekord für den wärmsten Monat davor war vom Februar. Also, dem Februar in diesem Jahr. Und der von davor war von Dezember. Dem Dezember vor vier Monaten, also in 2015. Irgendwas läuft hier völlig aus dem Ruder. Paßt auch lokal. Der Winter ist ausgefallen. Schon wieder. Und der aktuelle April ist auch nicht kalt, ebensowenig wie der März. Aber der Frühling hängt trotzdem drei Wochen hinterher. Es will einfach nicht schön werden.  Wettermuster sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.

Woanders ist das Wetter eher frostig mit abkühlender Tendenz. Zwischen den USA und den volldemokratischen Ölkumpels aus  Saudi-Arabien zum Beispiel. Die Amis wollen nämlich ein Gesetz verabschieden, mit dem man Saudi-Arabien eventuell mal anklagen könnte bezüglich der Verwicklungen zu 9/11. Man erinnert sich vielleicht.
Damals waren so ein paar Wahnsinnige in irgendwelche häßlichen Türme geflogen mit entführten Flugzeugen und hatten ziemlich vielen Leuten das Licht ausgepustet. Waren alles Saudis. Die Killerpiloten, nicht die Opfer. Konsequenterweise haben die USA daraufhin eine halbe Million Iraker getötet, nachdem sie da 2003 einmarschiert waren, dazu kommen die Toten in Afghanistan, da war man dann noch schneller einmarschiert. Dann wäre da die Sache mit den Drohnen, die heute überall rumschwirren und diversen Terrorgruppen gerne mal Nachwuchs verschaffen. Dazu kommt die Ausspähung der gesamten Welt durch allgemeines Abschnorcheln des Internet, was die Beliebtheit der USA ebenfalls nicht zwingend erhöht hat in letzter Zeit.
Die Saudis drohen jetzt damit, bis zu 750 Milliarden Dollar in Liegenschaften flüssig zu machen, sprich, zu verkaufen, sollte sich irgendwer erdreisten, sie zur Verantwortung ziehen zu wollen!
Diese kackdreiste Arroganz sollte den Amerikanern bekannt vorkommen. Bisher hat die Obama-Administration das Gesetz verhindert. All das hätte vermieden werden können, wenn jemand der US Army nach 2001 mal ordentliche Landkarten in die Hand gedrückt hätte. Bis Saudi-Arabien wäre es auch nicht weit gewesen, die USA sind ja schon da. Continue reading →

Herz des Vulkans

„The end of the human race will be that it
will eventually die of civilisation.“
Ralph Waldo Emerson

Zusammenbruch, so wie wir ihn normalerweise wahrnehmen, ist dasselbe wie eine Krise. Ein plötzliches Ereignis. Etwas, das bisher noch nie da war und alles, was wir bisher als alltägliches Leben wahrgenommen haben, völlig verändert zurückläßt. Oder zerstört, wobei Zerstörung nur eine besonders radikale Form von Veränderung ist.
Das Muster des alltäglichen Lebens, in dem so vieles von einem Tag auf den nächsten gleich oder zumindest hinreichend ähnlich zu sein scheint, verbirgt mit großem Erfolg die Zerbrechlichkeit des gesamten Konstrukts, das wir eben so Alltag nennen. So lange sich das Muster wiederholt oder nur geringfügigen Schwankungen unterliegt, sind wir in der Lage, für das Morgen zu planen. Wir gehen geistig davon aus, daß morgen eben alles weitgehend so sein wird wie heute, daß alle Dinge, von denen wir abhängen und über deren weiteres Vorhandensein wir normalerweise nicht großartig nachdenken, auch weiterhin vorhanden und vor allem verfügbar sein werden.

Der Seneca-Effekt, den ich neulich schon einmal kurz angesprochen habe, ebenso wie Erfahrungswerte oder ein genügend sorgfältiger Blick  in die Geschichte, zeigen allesamt deutlich, daß diese Annahmen falsch sind.
Aus soziologischer Sicht ist gesellschaftlicher Kollaps immer eher ein Prozeß, eine Kette aus Ereignissen, kein plötzliches Geschehen. Naturkatastrophen sind eine Ausnahme. Hier zerreißt ein nicht vorhersehbares Ereignis die vorherige Struktur des Alltags. Ein Vulkanausbruch ist nichts, was zwingend vorhersehbar wäre. Wobei man auch hier drüber streiten könnte, denn wer es sich unbedingt in einer Stadt wie Neapel gemütlich macht, sollte sich eventuell darüber im Klaren sein, daß der Vulkan, den man deutlich erkennen kann und der sich da so malerisch gegen den Golf und den Himmel abzeichnet, schon einmal eine größere Ansiedlung vom Angesicht der Erde gewischt hat, nämlich Pompeji. Genaugenommen ist der ganze Golf die Caldera eines Supervulkans.

Diejenigen, die von plötzlichem Zusammenbruch betroffen sind, beschreiben hinterher – sofern man sie fragt – immer wieder ihre Überraschung darüber, wie einfach das Sterben doch ist. Eben noch war alles gemütlicher Sandstrand, eine Stunde später ist der Tsunami abgeflossen und hinterläßt Trümmer, Leere und Tote. Viele Tote.
Was Kriegsberichterstatter und andere immer wieder beschreiben, ist vor allem die Geschwindigkeit, mit der die vorher übliche Struktur des Alltäglichen sich in einen riesigen Trümmerhaufen verwandeln kann.
Andere Berichte, wie etwa die Tagebücher eines Victor Klemperer, zeigen deutlich, wie das Phänomen der shifting baselines eine Gesellschaft ebenfalls recht schnell in etwas verwandeln kann, das die Mitglieder dieser Gesellschaft noch ein Jahrzehnt vorher entrüstet als unmenschlich, unsozial und ganz und gar unmöglich abgelehnt hätten. Hätte man einem durchschnittlichen Deutschen im Jahr 1925 etwas von Wohnungseinrichtungen, Häusern und anderen Besitztümern erzählt, die man einer Bevölkerungsgruppe unter Drohungen oder gar durch Ermordung abgenommen hat, um sie dann weiterzuverkaufen, hätte dieser das Szenario vermutlich für absurd gehalten. Im Jahr 1935 war es für eine Familie, deren männlicher Ernährer womöglich gerade wieder Arbeit gefunden hatte, überhaupt nichts Ungewöhnliches, eine „arisierte“ Kücheneinrichtung auf einer Versteigerung zu erwerben oder in der Zeitung annonciert zu sehen.
Im Deutschland der 1930er Jahre wurde die Struktur des Alltäglichen nicht zerrissen. Sie wurde in etwas anderes umgeformt, verzerrt und schließlich in etwas verwandelt, das zwar weiterhin alltäglich, aber nichtsdestotrotz mörderisch gewesen ist. Continue reading →

Narrenschiff

„Das ist die Seuche unserer Zeit:
Verrückte führen Blinde.“
William Shakespeare, King Lear

Gerade ging im schweizerischen Davos das aktuelle Weltwirtschaftsforum zu Ende. Wie jedes Jahr trifft sich eine Bande aus Politikern, Wirtschaftstypen, als Intellektuelle titulierte Ja-Sager und natürlich Journalisten in den lauschigen schweizer Bergen, um über die Dinge zu reden, die die Welt so bewegen. Wirtschaftswachstum zum Beispiel oder globale Umwelt- und Wirtschaftspolitik.
Teilnehmer dieses Treffens sind unter anderem natürlich die Chefin des IWF, Madame Lagarde, meistens irgendwelche Vertreter der Weltbank, dann solche persönlichen Vollsympathen wie Wolfgang Schäuble und natürlich der Gründer dieser exklusiven Veranstaltung, ein Mann namens Klaus Schwab, seines Zeichens deutscher Wirtschafts“wissenschaftler“. Er ist auch studierter Maschinenbauer und schleppt einen Master in Public Administration mit sich herum. Er ist für seine Verdienste – immerhin verdienen Ökonomie-Professoren ja nicht schlecht – unter anderem mit dem großen Verdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet worden. Ein ökonomischer Vordenker also, ein Respektmann.

In diesem Jahr ging es unter anderem um solche Dinge wie islamistischen Terrorismus, die sogenannte Flüchtlingskrise und das allgemeine wirtschaftliche Schwächeln der Industrie- und Schwellenländer, wobei die Weltenlenker mit besonders sorgenumwölkter Stirn nach China sehen, wo gerade aktuell mal wieder die Börse abstürzt. Denn das Reich der Mitte gilt offiziell als Schwellenland. Das es trotzdem der Motor der Weltwirtschaft ist, streitet allerdings keiner ab, nicht einmal die Chinesen.
Die in Davos Zusammengekommenen befürchten wohl mehrheitlich, daß die Weltwirtschaft in diesem Jahr nicht wachsen wird und vor allem fürchten sie sich vor sinkenden Aktienkursen oder womöglich dem Platzen größerer Blasen. Ob die jetzt in China liegen oder den USA, weiß keiner so recht, aber man fürchtet sich halt schon mal. Wer diese Blasen erschaffen hat, wird offenbar auch nicht gefragt.
Außerdem fürchten sich die Herrschaften im Club davor, daß diese Sache mit den Flüchtlingen sich womöglich negativ auf die europäische Einigung auswirkt. Ich hätte mich ja allerspätestens mal im letzten Jahr darüber gesorgt, als man Griechenland mit finanziellem Clusterbombing auf die Linie des herrschenden Wirtschaftstotalitarismus zurückgezwungen hat (siehe dazu hier, hier und hier)
Das war nämlich der Moment, in dem Europa gestorben ist, der Tod Europas hatte mit den Flüchtlingen nichts zu tun. Aber vermutlich haben diese Damen und Herren das nicht mitbekommen, die sehen gewisse Dinge ja gerne mal anders als Menschen wie ich. Continue reading →

Rote Königinnen und nackte Kaiser

„Hierzulande mußt du so schnell rennen, wie du kannst, wenn du am gleichen Fleck bleiben willst.“
Lewis Caroll, Alice hinter den Spiegeln

Warum sollten niedrige Preise eigentlich ein Problem sein, ganz besonders für Öl?
In den letzten Wochen sehe ich beim Radfahren immer wieder Preise an der Tankstelle, die deutlich unter €1,30 pro Liter Raffinerieprodukt liegen. Autogas liegt bei deutlich unter 60 €-Cent. Sowohl der deutsche als auch der amerikanische Autofahrer sind erleichtert. So lange man billig tanken kann, ist ja alles gut.
Rein wirtschaftlich betrachtet sieht die Sache etwas anders aus. Denn, wie schon einmal erwähnt, gibt es in der Wirtschaft so etwas, das idealer Preis heißt. Den gibt es natürlich für alle Rohstoffe und Waren, nicht nur für Öl.
Wenn jetzt die Ölpreise sinken, sinken auch die Preise für Kupfer, Nickel, Kobalt, Gold, Silber, Blei und was einem sonst noch so einfällt.
„Ist doch prima“, denkt sich der Normalverbraucher, „da wird dann das nächste Auto auch noch billiger, Töchterchen wird bald 18.“

Doch des einen Leid ist des anderen Freud, wie man so schön sagt. Und die anderen sind in diesem Falle die Großindustrien. Also die richtigen Großindustrien. Die, die so groß sind, daß sie kaum einer kennt, der sich nicht schon mal mit der Thematik beschäftigt hat. So groß wie GlenStrata zum Beispiel. Kennen Sie nicht? Na also, das bestätigt doch meine Theorie.
Ich bin auch erst beim Lesen eines entsprechenden Buches auf diesen Konzern gestoßen, der eigentlich Glencore heißt. Das ist auch erst ein paar Jahre her. Nun, dieser Verein hat seine Finger in so ziemlich jedem Ressourcengeschäft bezüglich Industriemetallen und anderem Zeug, das auf unserem Planeten so abgewickelt wird.
So wie man eigentlich keinen Joghurt löffeln, eine dehydrierte Nudelmahlzeit kaufen oder in einen Schokoriegel beißen kann, ohne wahrscheinlich mit den Namen Nestlé und Kraft Foods in Kontakt zu treten, ist es quasi unmöglich, im Geschäft mit Bergbauprodukten mitzumischen, ohne dabei über Glencore zu stolpern. Ähnlich wie in anderen Branchen sind hier gerade mal wieder Fusionen in Mode. Kraft fusionierte nämlich unlängst mit Heinz, geleitet wurde diese Fusion von niemand Geringerem als Börsen-Guru Warren Buffet. Wobei Kraft Foods sich vorher noch aufspaltete, nämlich in eine Firma, die sich um Lebensmittel in Nordamerika kümmert und eine, die das für den Rest der Welt übernimmt, die heißt Mondelez International und ist die drittgrößte Nahrungsmittelfirma des Planeten.

Glencore wiederum ist eine Rohstoffhandelsfirma, die bis vor kurzen nur einen Bereich nicht abdeckte, nämlich den Bergbau selber, in dem diese Rohstoffe gewonnen werden.
Aber dieses Problem hat sich mit der aktuell gerade abgeschlossenen Fusion mit einem Laden namens XStrata erledigt, das ist nämlich eine der größten Bergbaufirmen des Planeten, die sich unter anderem um Chrom, Vanadium, Kobalt und Nickel kümmert. Zusammen mit anderen Beteiligungen hat GlenStrata damit die gesamte Wertschöpfungskette von geologischer Exploration und Schaufelradbaggern bis zum Kupfer für Computerchips und Smartphones in ihrem Portfolio. Der offizielle Name wird dann demnächst Glencore Xstrata International plc sein. Das erklärt, warum ich und viele andere von solchen Unternehmen keine Ahnung haben bzw. hatten.
„PLC“ steht nämlich für public limited company, was aus dem Wirtschaftlichen übersetzt soviel bedeutet wie „Informationen über die Firma sollten nicht an die Öffentlichkeit gelangen, das geht die nichts an“. Die Öffentlichkeit ist hier also eindeutig limitiert, die Firmenbezeichnung ist treffend gewählt. Praktische Sache, denn ohne Öffentlichkeit kann einem auch keiner reinquatschen. Weiterhin bedeutet es, daß sich diese Konzerne im Privatbesitz des Managements und ausgewählter Mitarbeiter befinden und sie oft nicht an der Börse notiert sind. So wie Glencore bis 2011.* Continue reading →

Blick über den Tellerrand

Der Bürgermeister der größten Stadt im US-Bundesstaat Mississippi, der Hauptstadt Jackson, glaubt allen Ernstes, man könne Schlaglöcher in Straßen mit Gebeten bekämpfen und das natürlich erfolgreich.
Ich frage mich ja ernsthaft, wie irgendwelche Vollidioten immer wieder auf solche Ideen kommen. Wäre ich Gott, ich hätte einfach zuviel damit zu tun, mich um das Universum zu kümmern. Sonnen explodieren lassen, auf dem einen oder anderen Planeten mal ansagen ,,Let there be Evolution“, um den wissensbefreiten Kreationisten was zum Aufregen zu geben und solche Sachen. Aber Schlaglöcher? Echt jetzt?
Da würde ich den bekloppten Bürgermeister doch beim nächsten öffentlichen Auftritt publikumswirksam mit einem ordentlichen Blitz platzen lassen und dann mit unsichtbarer Hand in Blut an die Wand schreiben: ,,Erhöht die Steuern für die Reichen, ihr Penner. Wählt nicht immer so korrupte Arschlöcher und versucht es mal mit Instandhaltung. Das hilft!“ Amen, Brüder Und Schwestern.

In der Weltwirtschaft geht derweil auch alles seinen guten alten Gang, das Wachstum springt uns förmlich über den grünen Klee davon und…nein, Moment…falscher Planet.
In Wirklichkeit ziehen Investoren Summen in Billionenhöhe aus den ,,emerging markets“ ab, also den Börsen der Schwellenländer. Also das, was zu meiner Schulzeit die ,,Zweite Welt“ war, aber das darf man ja heute nicht mehr sagen. Drum schreibe ich es halt.
Auf jeden Fall sind in den letzten 13 Monaten 940 Milliarden Dollar an Investitionen aus den 19 größten Schwellenländern abgezogen worden. Continue reading →

Die Kleinen und die Toten

,,I say, there is no darkness but ignorance.“

William Shakespeare

Diese Woche ist es wieder einmal soweit*: Die Lenker der Wirtschaftswelt unseres Planeten, die G7, treffen sich zu einem Gipfel. Einem Wirtschaftsgipfel, natürlich.
Während die Krise im Osten Europas in der Ukraine weiter vor sich hin schwelt und in Deutschland die Geheimdienste Amok laufen, gedeckt von einer sich zunehmend als antidemokratisch entlarvenden Bundesregierung, fährt der erfolgreichste Hosenanzug der Geschichte ins Bayerische, genauer gesagt, nach Garmisch-Patenkirchen.

Die Bundesregierung rechnet mit Kosten für den Bund von etwa 130-360 Millionen Euro, da kommt eine ganze Menge Geld zusammen pro teilnehmenden Staatsoberhaupt. Schon diese recht lässige Einschätzung der anfallenden Summe zeigt meiner Meinung nach eine gewisse Arroganz der Planer. Da scheint es auf plusminus 100 Milliönchen nicht so anzukommen. Ich hätte das ja gerne ein bißchen genauer gehabt in Zeiten klammer kommunaler Haushalte.
,,Schließlich ist es ihr Geld!“, möchte man dem uninteressierten Steuerzahler in Deutschland lautstark zurufen.
Da alle Geheimdienste des Planeten sowieso alles abhören, könnten die ihre Konferenzen eigentlich auch mal über Skype halten, das wäre auch deutlich günstiger zu haben, nehme ich mal an.
Ich finde ja, beim nächsten Mal könnten sich die wichtigen Wichtel versuchsweise auf einem Flugzeugträger treffen, da ist das mit der Sicherheit auch kein großes Thema und die Damen und Herren Statslenker müssen dann auch keine Demonstrationen in Hörweite ertragen. Wobei, das müssen sie jetzt auch nicht, die bayerischen Gerichte fanden das ja unnötig. Willkommen in der marktkonformen Postdemokratie.

Unter anderem soll dieses nicht gerade billige Gespräch der Vorbereitung der Klimakonferenz in Paris im September dieses Jahres dienen. Auch Flüchtlingsdrama im Mittelmeer steht wohl auf der Agenda. Bemerkenswerterweise sind aber weder nordafrikanische Staaten eingeladen – also diejenigen, durch deren Länder die Flüchtlinge das Mittelmeer erreichen – noch nehmen chinesische Vertreter an der Konferenz teil. Das sind diejenigen, die inzwischen mehr CO2 raushauen als jedes andere Land, die wären also der erste Ansprechpartner für Klimatechnik, sozusagen. Auch Indien fehlt, und die schließen ganz gewaltig zu China auf. Denn inzwischen gibt es auch 1,25 Milliarden Inder, hier wird China sehr bald seine Führungsposition verlieren.

Das Interessante ist aber, daß auf der Tagesordnung diesmal noch ein Thema steht, das so direkt gar nichts mit Wirtschaftsgipfeln zu tun hat, die ja ursprünglich mal Sinn und Zweck der G7-Treffs waren: Antibiotikaresistenzen.
Wie ich schon einmal woanders angedeutet hatte, können kleine Dinge manchmal zu Ursachen für großen Ärger werden. Continue reading →

Ein Fundament aus Lügen

„Alles Geld ist nur eine Frage des Vertrauens.“
Adam Smith

Ökonomische Aktivität erfordert Geld.
Würden alle Leute ihre Schulden bezahlen, wäre alles in Ordnung.
Endloses Wachstum auf einem endlichen Planeten ist möglich.

Alle diese Annahmen haben eines gemeinsam: Sie werden uns im Laufe eines Lebens immer und immer wieder von verschieden Seiten erzählt. In Zeitungen, im Fernsehen oder online – immer wieder stößt man auf diese Narrative, die geduldig von Menschen in Anzug und Krawatte wiederholt werden wie ein buddhistisches Mantra von murmelnden Mönchen.
Alle diese Annahmen sind ein Teil der Wirtschaftstheorie, die das Fundament unserer globalen Zivilisation bildet, ein fester Teil der Überzeugungen von sehr vielen Menschen. Alle haben einen weiteren Punkt gemeinsam: Sie stimmen nicht.

Angenommen, eine Dorfgemeinschaft aus einigen hundert Menschen möchte dem Dorf ein weiteres Haus hinzufügen, für ein frisch verheiratetes Paar zum Beispiel.
Was passiert?
Nun, die Leute ziehen einfach los, fällen Bäume, bearbeiten sie entsprechend, und beginnen mit der Errichtung eines ordentlichen Holzhauses. Gutes Wetter vorausgesetzt, ist die Arbeit nach einer oder zwei Wochen abgeschlossen. Ein kleines, aber gemütliches und mit allem Komfort ausgestattetes Gebäude steht fertig zum Bezug.
Was dafür gebraucht wurde war Holz, für einen Großteil des Hauses. Glas für seine Fenster, die in diesem Falle mit ihrer größten Fläche südwärts zeigen. Steine für einen gemauerten Kamin und einen möglichen Kellerausbau. Dazu natürlich Arbeitskraft. Von Steinmetzen und Zimmerleuten, von Holzfällern und Schreinern und Bauarbeitern. Geld spielte hier nirgendwo eine Rolle. Continue reading →