Hätte ich im Januar vorhergesagt, daß die Besten der Besten der Besten in Deutschlands Regierungsclique eine Taskforce leiten würden, die nur elf Monate nach der Zulassung des ersten Schnelltests für SARS-CoV-2 mal zusehen soll, ob man davon auch welche einkaufen kann, niemand hätte mir das geglaubt.
Hätte ich in meinem gern als Stilmittel genutzten Sarkasmus gesagt, daß dieses dynamische Duo aus Jens Spahn und Andi Scheuer bestehen würde, hätte mir das ebenfalls niemand geglaubt und es vor allem auch als völlig absurde Zukunftsentwicklung bezeichnet.
Warum nicht Nitro und Glycerin? Satan und Cthulhu? Pest und Cholera? All diese Möglichkeiten hätten sehr viel weniger Schadenspotential beinhaltet.
Das ist ein Problem der Zukunft, das ich vor langer Zeit, zu Beginn dieses Blogs einmal erwähnte. Manchmal nimmt sie chaotische Formen an, die letztlich nicht mehr vorhersagbar sind. Vorhersehbar auch nicht. Das große Muster bleibt davon unbeeinträchtigt, aber diese spezielle Zwischenphase ist in ihrer jeweiligen genauen Ausprägung etwas, das sich dem Zugriff der Psychohistorik entzieht.
So wie in Isaac Asimovs Foundation-Romanzyklus einige Jahrhunderte nach dem Beginn des Großen Plans ein Zufallsfaktor auftritt, der von mathematischen Funktionen nicht erfaßt werden konnte, kann dieses Ereignis auch in der Realität auftreten.
Üblicherweise ist es ein Ereignis, ein Dingsbums. Sehr viel seltener ist es eine einzelne Person. Im Roman nimmt die Störung der Zukunftsgleichungen exakt diese Form an. Eine Einzelperson, ein Mutant mit speziellen psionischen Fähigkeiten, tritt hier als irregulärer Faktor auf, der droht, den Tausendjahresplan mit seinem Wirken völlig scheitern zu lassen.
In den allermeisten Fällen wird das gesamte Gebilde aus Gleichungen, Wahrscheinlichkeiten und nichtlinearen Funktionen, die wir gemeinhin als „Zukunft“ bezeichnen, durch solche Dinge oder Personen nicht dauerhaft gestört.
Störung bedeutet hier, der gesamten Geschichte einen deutlich anderen als den vorher projizierten Verlauf zu geben. Anders bedeutet, sowohl zum Guten als auch zum Schlechten, denn diese Kategorien entspringen menschlicher Wertung.
Derartige Einflußnahme durch Einzelne ist natürlich trotzdem möglich. Der Mann, der George Washington nicht erschoß, hat mit Sicherheit den Verlauf des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges verändert. Das ändert nichts daran, daß man rein historisch nicht bewundernd vor dem Sieg der Amerikaner stehen sollte, sondern sich die Frage stellen muß, wie die überhaupt gewinnen konnten. Es gibt es noch mindestens ein Dutzend weiterer Stellen im Gewebe der Geschichte, an denen diese peinliche Revolte hätte scheitern können. Oder müssen. Alleine schon, daß es überhaupt dazu kam, war lediglich der Unfähigkeit einer größeren Gruppe geschuldet, nämlich der Regierung des Britischen Empire.
Insgesamt aber ist eine Unabhängigkeit Amerikas vom englischen Mutterland in der Geschichte nicht verwunderlich. Sie wäre so oder so eingetreten. Womöglich ein Jahrhundert später, dann wäre der Bürgerkrieg zum Krieg gegen die Briten geworden. Oder es hätte keinen der beiden Kriege gegeben. Aber die USA existierten heute trotzdem. Wobei sich aus den eben genannten Annahmen natürlich weitere – und durchaus interessante – Konsequenzen ergäben.
Der Fluß der Geschichte in die Zukunft ist kein einzelner, beständiger Strom. Er sieht mehr aus wie das Amazonasgebiet. Unzählige Dinge sind miteinander verbunden und bilden ein System gegenseitiger Abhängigkeiten und Beeinflussungen.
Der Hauptstrom dieses Systems mag manchmal über seine Ufer treten und dabei ein paar Häuser am Ufer mitreißen. Gelegentlich verwandelt sich ein Nebenfluß in ein Rinnsal. Aber er wird nur sehr, sehr selten sein Bett wechseln und völlig woanders lang fließen oder sich in den Untergrund verschieben. Dazu bedarf es großer Erschütterungen und Verschiebungen. Der Einzelne, das unsere Gesellschaft so wichtige Individuum, ist also für den Gesamtverlauf der Zukunft eher unwichtig, weswegen eine persönliche Zukunft sich in der Kristallkugel der Psychohistorik auch nicht scharf darstellen läßt. Continue reading →