»Wollen wir etwas Konkretes wie das Manifest von Schwarzer und Wagenknecht diskutieren? Wer schließt sich an, wer ist der Meinung bei den beiden Frauen handelt es sich um “Putinversteherinnen”? (Ist das eigentlich ein amtliches Schimpfwort?)«
Könnte man machen. Aber warum?
Es ist in meinen Augen das übliche Gerede von Wohnzimmer-Aktivisten (w), die ihr Manifest mit Sätzen einleiten wie: »Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität.«
Und dann ist aber das Einzige, was die beiden Nachteulen anzubieten haben, der absolut arrogante und brechreizerregende Vorschlag, man »müsse halt Kompromisse machen«. Hauptsache, Frieden. Möge die Pasta wieder billiger werden. Oder so.
Wie man sich erinnert, ist ja auch der Zweite Weltkrieg dank mutiger Verhandlungen beendet worden und dafür mußte lediglich Westeuropa einschließlich Großbritanniens einer Besetzung durch Nazideutschland zustimmen. Als Kompromiss einigte man sich dann auf 99 Jahre und ließ sich von Hitler den anschließenden Rückzug deutscher Truppen auf das Reichsgebiet von 1937 zusichern. Warum sollte man dem Mann auch nicht vertrauen wollen? So ein netter Mann. Ein Politiker, der zu seinem Wort steht.
Nein. Ich finde, die einzigen Leute, die mit Putin verhandeln können, sind die Ukrainer. Entweder die Regierung. Oder die Bevölkerung, die das von ihrer Regierung entsprechend fordert. Natürlich könnte auch Putin durchaus Friedensverhandlungen eröffnen. Bisher sind aber aus Moskau nur Sätze zu hören wie »Wir hätten gerne alle besetzten Gebiete behalten und außerdem wollen wir die restliche Ukraine ohne Bündnispartner und Waffen haben, damit wir sie jederzeit wieder überfallen können.«
Frieden sieht anders aus.
Wie also soll denn der Kompromiss aussehen, den Alice Wagenknecht und Sahra Schweizer…ähmmm, Schwarzer da forden? Putin besetzt erstmal nur die östliche Hälfte der Ukraine bis zum Dnjepr?
Warum poste ich hier eigentlich Bilder von Chamberlain in diesem Blog? Eben.
Ich bleibe dabei: es wäre so einfach für Putin gewesen, sein Nachbarland nicht zu überfallen. Und so lange er das nicht läßt und seine Armeen wieder hinter die internationalen Grenzen der Ukraine zurückzieht – also auch von der Krim runter – so lange liefern wir alles, was wir an Waffen finden können, in Richtung Kiew.
Das wäre der Kompromiss, den ich einem Wladimir Putin ansagen würde. Es wäre schön, wenn die Politik des Westens und/oder der Ukraine das ebenfalls mal so deutlich formulieren würde. Kriegsziele, so hätte man das früher mal genannt. Im Gegensatz zur russischen Bevölkerung sollte uns inzwischen klar sein, daß es eben ein Krieg ist. Kein »bewaffneter Konflikt« oder irgendeine andere euphemistische Scheiße, die sonst medial gerne benutzt wird in solchen Fällen.
Im Zweiten Weltkrieg nannten die USA das eine Politik des „unconditional surrender“. So weit muß man hier nicht einmal gehen. Aber Kompromiss-Manifeste, egal von wem sie unterschrieben sind, sind schlicht keine Debatte wert, die man ernstnehmen sollte. Das bei den Unterzeichnern jetzt der ehemalige militärpolitische Berater von Ex-Kanzlerin Merkel dabei ist, macht die Sache auch nicht besser.
Als Pazifist weiß ich ganz genau, daß man manchmal klar ansagen muß, daß es eins aufs Maul gibt, wenn jemand bestimmte Grenzen überschreitet. Die gesamte Gesellschaft funktioniert ausschließlich nach diesem Prinzip.
Absoluter Pazifismus nach Gandhi – dessen Anhänger übrigens beileibe auch nicht immer gewaltlos vorgingen – endet am Ende mit genau dem, was Wagenknecht und Schwarzer vorgeblich verhindern wollen. Mit entvölkertem, verwüstetem Land und verbrannter Erde.
Weder Wagenknecht noch Schwarzer sind Putinversteherinnen. Denn ansonsten würden sie den Blödsinn, den sie da zu fordern belieben, nicht fordern. Die Wagenknecht würde lernen, wie man ’ne Panzerhaubitze fährt und die Schwarzer würde Putin mit zusammengerollten Emma-Ausgaben beschießen.
Ausgerechnet eine abgehalfterte Ex-Feministin wie Schwarzer, die schon in den 70ern gegen übergriffige Männer vorging, kann jetzt vor lauter Kontoauszügen ihrer schweizer Steuerberater nicht mehr zwischen Täter und Opfer unterscheiden?
Diese Frau will heute einer völlig neuen Generation von Frauen ständig vorschreiben, was gefälligst Feminismus zu sein hat und was nicht. Sie ist die grantelnde Oma aus der Vorabendserie, die acht Stunden täglich Fenster putzt und immer alles über jeden weiß.
Wo und wann Frau Wagenknecht geistig aus den Schienen geflogen ist, erschließt sich mir nicht. Früher hat die mal Dinge gesagt, die politisch durchaus Hand und Fuß hatten. Aber so mancher Mensch hat sich im Alter oft in eine Karikatur seines früheren Ichs verwandelt. Ich nenne das den Joschka-Effekt.
Insgesamt bringen beide Frauen hier das Argument, die Frau solle halt mal aufhören, sich zu wehren, und die verdammte Vergewaltigung endlich genießen. Die Alice Schwarzer von 1975 hätte ihrem älteren Pendant dafür links und rechts eine gescheuert. Und die kleine Sahra hätte daneben gestanden und applaudiert. Aber so ändern sich die Zeiten.
In zwei Jahren weint die Linkspartei dann wieder rum und sucht nach Ursachen dafür, daß niemand sie mehr wählen will. So wie die ehemalige spd in Berlin, die es völlig unerklärlich findet, wenn man lieber gleich CDU wählt, statt weiter Franziska Giffey zu ertragen. Die wurde übrigens gestern von einem deutschen Leitmedium als »größtes politisches Talent Berlins« bezeichnet. Womit über den Zustand deutscher Medien und Politik so was von alles gesagt ist, wie es nur geht.
Frau Wagenknecht und Frau Schwarzer aber sollten sich, ebenso wie die Unterzeichnenden, am besten erst einmal den Unterschied zwischen Frieden und Friedhofsruhe vergegenwärtigen, bevor sie das nächste Unsinns-Pamphlet in die Welt setzen.
Guten Abend. Zurück ins Sendestudio.
Die Debatte über das Manifest ist natürlich in den Kommentaren gern eröffnet. Dies hier ist nur meine Ansicht dazu. Bis neulich! 🙂