Phasenübergang

30. Dezember.
Die Sonne scheint. Zumindest hier tut sie das. Woanders steht das Wasser vor der Wohnzimmertür. Aber zumindest die Dürrelage in Deutschland ist nach einem bisher eher nassen Winter nicht mehr ganz so extrem wie in den letzten Jahren. Wobei das Wasser, das hier gerade sprichwörtlich den Rhein runterfließt, aus Bergen kommt, in denen die Schneefallgrenze auf 1.600m gestiegen ist. Es ist also zu warm.
Mein Lavendel bestätigt das – er versucht schon wieder, zu blühen. Erfolgreich. Aber die letzten Bestäuber, die ich noch Mitte November verwirrt durch die Gegend fliegen sah, haben wohl doch endlich die Flügel gestreckt.
So war 2023 zwar das wärmste Jahr aller Zeiten seit Aussterben der Dinosaurier, aber das wird irgendeinen Horst-Walter aus Hinterpolda nicht dran hindern, im Internet darauf hinzuweisen, daß es bei ihm gerade wieder regnet. Da ist bestimmt diese Migration dran schuld!
Gleichzeitig war 2023 vermutlich das kühlste Jahr, das die Generation meiner Nichte jemals erleben wird und ich wette ein Eis drauf, daß der aktuelle Rekord Ende 2024 schon wieder keiner sein wird.
Wie sagte Kassandra dereinst: wir werden nicht zwingend Wasermangel kriegen in der Klimakatastrophe, deutsche Version. Wir werden ein Problem bekommen mit der Verteilung des Wassers über das Jahr. Tja.

01. Januar
Gestern haben Menschen um Mitternacht ganz Deutschland in eine Freizeitversion der europäischen Ostfront verwandelt und dabei wieder einmal 200 Millionen Euro in die Luft gejagt. Wir haben ja nix und alles ist zu teuer.
Ohne jetzt spoilern zu wollen: dieser Aspekt des Alltags wird sich 2024 nicht verbessern. Mein Wort drauf.
Wir hätten die Produktion von Hirnschmalz nicht einstellen sollen in Europa, denn daran herrscht schon seit mindestens 30 Jahren zunehmende Knappheit.
Woanders ist derweil der Knall, der so klingt, als hätte gerade einer die halbe Innenstadt gesprengt, tatsächlich eine echte Rakete, die womöglich die halbe Innenstadt gesprengt hat. Mich hat beim Einkaufen bisher noch immer niemand beschossen, was ich durchaus begrüßenswert finde. Continue reading →

Zwanzigneunzehn

Das Jahr Zweitausendachtzehn des allgemein benutzten Kalenders ist irgendwie mit einer Art Ruhe zu Ende gegangen, die zwischen drogenbetäubtem Schnarchen auf dem Sofa und paralysierter Hysterie einzuordnen wäre.
In den USA war schon vor Weihnachten alles ruhig. Dank eines erneuten Haushaltsstreits sind wichtige Regierungsinstitutionen und solche, die sich für wichtig halten, gerade geschlossen. Ein Shutdown. Mal wieder. Grund dafür ist die beleidigte allmächtige Leberwurst im Oval Office, die ihren Kongreß nicht mal dazu kriegen kann, ihr die fünf Milliarden Dollar zu genehmigen, die Donald Trump für die größte, schönste und vor allem wichtigste Grenzmauer der Welt braucht.
Abgesehen davon, daß diese Summe nach den ersten vierzig Meilen aufgebraucht sein dürfte, drängt sich mir automatisch die Frage auf, warum denn Mexiko die Mauer nicht einfach bezahlt?
Schließlich war das doch die Ansage der präsidialen Wurst im Wahlkampf vor zwei Jahren. Irgendwie scheint das völlig untergegangen zu sein, habe ich den Eindruck.
Auch seine Fans halten sich auffallend damit zurück, das Weiße Haus mit reichlichen Spenden zu fluten, um die endgültige Übervögelung durch Migrantenfluten biblischen Ausmaßes zu verhindern. Seltsam eigentlich. Wo doch keine Gefahr des Planeten größer ist als abgerissene Gestalten ohne Hab und Gut, die von da, wo sie mal zu Hause waren, einfach deshalb weggegangen sind, weil man an diesen Orten nicht länger das eigene Überleben sichern kann. Fast könnte man sich nach Europa versetzt fühlen, wenn man dem Twittergetöse von Donald Leberwurst zuhört. Unter den Behörden, die aus Geldmangel derzeit stilliegen, ist auch das „Department of Homeland Security“, also die ungeheime Staatspolizei-Schlägertruppe, deren Gründung noch auf George II aus Texas zurückgeht. Aufgabenbereich ist unter anderem der Grenzschutz.

Worüber die Wurst auch nicht twittert, sind die eher verhaltenen Abschlüsse der Börsenkurse für das gerade vergangene Jahr. Erstmals seit der Tulpenhysterie von 1636 hat der Dow Jones es nicht geschafft, seinen völlig überzogenen Wert um weitere absurde Prozentzahlen zu steigern, sondern beendet das Jahr mit einem Minus. Was nichts an der Tatsache ändert, daß die aktuellen Zahlen noch immer jeglichem Realismus Hohn sprechen. So lange diese Kurse dank eines Strohfeuers aus Steuersenkungen und großmäuligen Wirtschaftskriegen in exorbitante Höhen stiegen, war sich Mr. Präsident nicht zu schade, täglich auf allen Kanälen verkünden zu lassen, daß diese Entwicklung selbstverständlich nur seiner groß-ar-ti-gen Führung zu verdanken ist und America sicherlich bald wieder so great sein würde wie seit dem Sieg Washingtons bei Gettysburg nicht mehr. Oder so in der Art.
Dummerweise sagen jetzt aber alle Indices und auch Ökonomen, die diese Dinger benutzen, daß die Weltwirtschaft nicht so wächst, wie sie das erwartet haben. Ein Phänomen übrigens, das nun schon mehrere Jahre anhält. Was einiges über die Erwartungshaltung von Standardökonomen aussagt und noch mehr über den ideologischen Überbau, dem sie normalerweise so folgen.
Ich denke ja, die Standard-BWL-Typen haben schlicht und einfach keine Ahnung von Physik oder Systemtheorie. Außerdem sind sie beschissene Historiker. Diese Nummer mit explodierenden Börsenkursen, die völlig losgelöst und jenseits aller Stromschnellen des Wahnsinns in den gemütlichen Gewässern des totalen Realitätsverlustes ökonomisch vor sich hinwichsen, gab es schon einmal. So um 1929, glaube ich. Continue reading →

Dissonanzen

Die Verwerfungslinien der Geschichte knirschen bereits seit Jahren immer wieder und immer lauter vor sich hin, fleißig ignoriert von der Politik und Finanzwelt Europas und Amerikas. Das geistig stabile Genie, von der Wahlbevölkerung der USA vor jetzt anderthalb Jahren ins Weiße Haus gewählt, hat sich inzwischen als perfekter Tinder-Match für den Geisteszustand dieser seltsamen Nation jenseits des Atlantik herausgestellt.
Wie der besoffene Barprolet morgens um Zwei ziehen die USA seitdem um die Häuser, pissen in die Blumenrabatten und kotzen dem Planeten den Vorgarten voll, wo immer sie eine Gelegenheit finden. Eine ehemalige Super- und Weltmacht, die nichts mehr gebacken kriegt außer einer erratischen Außenpolitik, die sämtliche Konflikte, die man nur finden kann, massiv anheizt. Die gefährlichste Nation der Erde ist aktuell nicht Nordkorea. Oder Israel, diese bedauernswerte ehemalige Nation, die klar zeigt, was passiert, wenn religiöse Fanatiker dauerhaft die Regierung stellen oder zumindest übermäßig beeinflussen.

Während eine Botschaft nach Jerusalem verlegt und damit vierzig Jahre Nahost-Politik eingeäschert werden, werfen woanders Demonstranten an Grenzen mit Steinen, woraufhin die Beworfenen mit Luftangriffen antworten.
Die UN-Botschafterin der USA wird das am nächsten Tag als „zurückhaltend“ loben. Ich würde sagen, wenn auf einer Seite 60 Menschen tot sind und über 2.000 verletzt, während die tapferen Verteidiger vor den herandrängenden angeblichen Barbarenhorden keine Verluste zu verzeichnen haben, war irgendwo der Abzugsfinger eindeutig zu locker. Und es kann wohl nur auf der Seite der Fall gewesen sein, die auch Scharfschützen in Stellung hatte.
Beunruhigend hier auch die Stellungnahme deutscher und anderer Medien. Immer wieder wird von Ansturm auf die Landesgrenze gesprochen. Dabei gibt es zwischen dem Gazastreifen und Israel gar keine Grenze im völkerrechtlichen Sinne. Denn der Gazastreifen ist kein Staat. Es gibt zwar den Staat Palästina, aber der wird von vielen anderen nicht offiziell anerkannt. Unter anderem von so ziemlich der gesamten EU und natürlich Israel, diesem entarteten Traum von Gerechtigkeit, der heute Kinder erschießt, das als Selbstverteidigungsmaßnahme zur Seite wischt und darauf besteht, unbedingt das Opfer zu sein.
Aber möglicherweise ist diese bequeme Lüge nicht länger hinnehmbar. Womöglich sind die Nachfahren der Opfer einer anderen Zeit längst zu Tätern, Mittätern und Mitläufern verkommen, deren Vorgehensweisen nicht weniger menschenverachtend sind als die von Tätern aus vergangenen Zeiten. Continue reading →

Die Angst vor der Leere

„It is far harder to kill a phantom than a reality.“
Virginia Woolf

„Die Menschen wollen einfach nicht länger belogen werden“, sagt ein Typ von der AfD über die Menschen in Görlitz, die ihn neulich als Direktkandidaten in den Bundestag gewählt haben.
Das ist im Kern erst einmal eine korrekte Aussage. Menschen wollen nicht belogen werden. Es gefällt ihnen nicht. Jedenfalls gefällt es niemandem, den ich so kenne.
Natürlich gilt das nur für den Fall, daß die Lüge eben auch erkannt wird. Ist das der Fall, ist die Begeisterung üblicherweise nicht besonders groß.
„Die Leute wissen, daß die AfD die Probleme nicht lösen wird“, sagt der Typ auch noch.

An dieser Stelle wird es interessant. Denn wenn die Leute wissen, daß die AfD die Probleme – welche genau auch immer – nicht lösen wird, warum stehen dann immer wieder Menschen rum in unserem Land und fordern von der Politik, sie müsse jetzt was machen?
Was genau, warum eigentlich, und ob das Rumgemache überhaupt den geringsten Sinn ergibt, ist schon wieder eine weitergehende Frage, die offenbar gerne vermieden wird. Aber machen muß die Politik unbedingt etwas. Augenblicklich.

So wie die ehemalige SPD. Die muß jetzt sofort politischen Selbstmord begehen und schon wieder mit der Union koalieren, weil Frau Merkel sonst in die Verlegenheit kommen könnte, regieren zu müssen. Dabei kann die das ja gar nicht. Die Bundeskanzlerin (geschäftsführend) interessiert sich gar nicht für Politik. Das ist sozusagen Merkels sahniges Geheimnis.
Auch die Pressefuzzis möchten gern an der beliebten Kanzlersimulation festhalten, denn sonst würde ja offensichtlich, wie desolat die personelle Lage der angeblichen Immer-noch-Volkspartei so ist. Frau Merkel ist so ein bißchen wie die Spielereihe FIFA von Electronic Arts. Immer wieder das Gleiche, aber neu, weil eine andere Zahl auf der Packung steht. Man weiß halt, was einen erwartet. Continue reading →

Zwanzigsiebzehn

Guten Morgen allerseits.
Während die ersten Betrunkenen, die gestern in den Straßen liegengeblieben sind, vom hemmungslosen Geläute der Kirchenglocken geweckt werden, müssen andere sich schon wieder der Kunst der Prophezeiung widmen. Oder besser, der Kunst, aufgrund wissenschaftlicher Basisdaten den Verlauf der näheren und ferneren Zukunft zu erschließen, wie es in diesen Blogzeilen gelegentlich der Fall ist.
Dieser Neujahrstag ist der krönende Abschluß des vergangenen Jahres, denn er fällt auf einen Sonntag. Daher auch das nervtötende Geglocke der Priester des Christentums am heutigen Morgen.

Beginnt genauso wie das verdammte Jahr, das man sich in der Nacht endlich wegsaufen konnte: Mit Kopfschmerzen, steifem Nacken und kaltem Kreuz. 2017, was für ein Scheißjahr.

Paßt irgendwo perfekt. Dieses letzte Jahr war so grottenmäßig unfähig, daß es nicht einmal dazu in der Lage war, seine Feiertage unter die Woche zu legen. Wobei ich mich direkt frage, warum man eigentlich „unter der Woche“ sagt, wo Dinge doch immer in einer Woche liegen, unter anderem auch deren einzelne Tage. Vermutlich ist daran Frau Merkel schuld. Oder aber die Tatsache, daß wir immer noch zu wenig Kameras in Berlin aufgestellt haben, was natürlich wiederum Schuld dieser kommunistischen rot-rot-grünen Regierung in dem Bundesland ist. Das hat Generalwahrheitsminister Andreas Scheuer nämlich vor ein paar Tagen herausgefunden.
Nun ja, in Bayern beginnt Silvester und der damit häufig verbundene Alkoholkonsum bis zum Verlust jeglicher Denkfähigkeit offensichtlich schon einige Tage früher als woanders. Mit seiner lächerlichen Polemik, die Berliner Regierung handle grob fahrlässig, weil sie nicht sofort die Videoüberwachung ausweiten möchte, lenkt Andreas Scheuer mal wieder schön von der eigenen persönlichen und parteilichen Unfähigkeit ab. Der Wahlkampf ist eröffnet und die CSU liegt bereits jetzt auf der Idiotenskala quasi uneinholbar vorne. Kein Wunder, bei dem Personal.
Eine erste Vorhersage Kassandras für Zwanzigsiebzehn lautet daher: Hysterisches Gekläffe aus dem politischen Hundezwinger in Bayern mit Tendenz zur völkischen Heiserkeit, im September möglicherweise mit Stimmverlust als Folge.

Zum Glück ist eine Mehrheit der Deutschen da wohl schlauer, denn die meisten sind nicht der Meinung, daß es die Bundeskanzlerin ist, die mit ihrer Flüchtlingspolitik für den Anschlag in Berlin verantwortlich zeichnet.
Auch die deutschen Medien, die in den letzten Monaten verzweifelt versucht haben, diese seltsame und scheinbar ansteckende Kopfkrankheit namens „Populismus“ allen anderen in die Schuhe zu schieben, obwohl sie selber seit Jahren heftig unter den genannten Symptomen leiden, scheinen gegen Ende des letzten Jahres hier und da aus ihrer journalistischen Betäubung ein wenig aufzuwachen, die seit etwa 2001 massive Folgen für unsere Gesellschaft gezeigt hat.
Natürlich nur einige Medien. Was gewisse Meinungsherausgeber angeht, können wir uns auch 2017 sicherlich auf propagandistische „Berichterstattung“ allererster Güte freuen.

Für Deutschland und Europa wird das ein spannendes Jahr. Denn so viele Umfragen es auch geben mag, so haben doch die Ergebnisse des letzten Jahres eindeutig die Frage gestellt, warum Menschen und Institute, deren Haupterwerb das Erstellen von Umfragen ist, sich nicht schon längst mit der Bettelschale auf die Straße stellen müssen.
Weder den Brexit noch die Wahl des Donalds zum Inhaber des wichtigsten politischen Ablenkungsjobs des Planeten haben die superschlauen Demoskopen vorhergesehen. Dazu muß man eben Blogger in der Bambushütte am Rande der Gesellschaft sein, da hat man weniger Scheuklappen auf dem Neocortex. Versager, allesamt.
Zweifellos werden also auch dieses Jahr kluge Umfragen versuchen, die AfD in den Bundestag hineinzuschreiben – oder heraus, je nach Ausrichtung – aber auch hier ist meine Vorhersage klar: die geistig greisen Damen und Herren der völkischen Frontalverteidigung werden in das Parlament einziehen im September. Und dann zusehen müssen, wie Angela Merkel weitere vier Jahre alternativlos regiert, denn was außer einer Großen Koalition sollte im deutschen Herbst 2017 schon rauskommen an der Wahlurne?
Die einzig spannende Frage für mich persönlich ist hier, ob diese politische Zombiepartei, deren einzig halbwegs aufrechte Vertreterin Leutheuser-Schnarrenberger heißt, es wieder zurück schafft an die Fleischtöpfe der Macht oder eben nicht.
Da ein Großteil der „Wirtschaftsexperten“ dieser marktradikalen Politpeinlichkeit inzwischen zu den Völkischen Beobachtern der Pseudoalternativen abgewandert ist, habe ich da immer noch die Hoffnung, daß dieser Wurmfortsatz deutscher Politik endgültig als operiert gelten kann, wenn sich der Staub der Wahlnacht über das Land legt Ende September. Continue reading →

Blick über den Tellerrand

Nächste Woche ist es soweit. Dann wird Italien über eine Änderung seiner Verfassung abstimmen. Vordergründig geht es darum, die Macht des Senats deutlich einzuschränken, der zweiten Parlamentskammer. Außerdem geht es in dem durchaus komplizierten Entwurf auch noch um solche Dinge wie regionale Zuständigkeiten. Denn in Italien ist die Infrastruktur in einem Zustand, der einem deutschen Ingenieur noch mehr Tränen in die Augen treiben würde als die Lage hierzulande.
In Leverkusen mag man nicht mehr über Rheinbrücken fahren können, wenn das eigene Fahrzeug schwerer als ein Bollerwagen ist. In Italien schaffen es ganze Millionenstädte schon seit Jahren nicht einmal mehr, so etwas wie eine geregelte Müllentsorgung hinzubekommen. Noch besser sind die Städte und Regionen, die derartige Untermehmungen nicht einmal mehr versuchen.
In dieser Stimmung wird also abgestimmt. Ich bin jetzt schon davon überzeugt, daß die wenigsten Italiener wirklich darüber abstimmen wollen, ob sie ihre zweite Parlamentskammer faktisch entmachten wollen.
Aus rein demokratischen Gründen würde ich das bereits für falsch halten, denn irgendwer muß sich irgendwann mal was dabei gedacht haben, darum existiert diese zweite Kammer ja vermutlich. Aber welch schöneres Land könnte es geben, um klarzustellen, daß dauerhafte politische Korruption die Demokratie vernichtet?

Im Vorfeld der Entscheidung haben schon mal die Kurse wichtiger italienischer Banken nachgegeben.
Diese Banken sitzen auf faulen Krediten in Höhe von mindestens dreihundert Milliarden Euro. „Faule Kredite“ nennen Banker das Geld, das sie ungeprüft an windige Typen verliehen haben. Geld, das ihnen weder gehört noch im strengen Sinne tatsächlich existiert. Trotzdem ist es dann natürlich Schuld des Kredits, wenn er am Ende womöglich völlig unerwartet nicht zurückgezahlt werden kann. Deswegen ist auch der Kredit faul und nicht etwa der Bankvorstand ein Haufen betrügerischer Geschäftemacher. Wahlweise ist auch irgendwer faul, der den mit diesen Krediten erhofften Profit nicht nachträglich erwirtschaften möchte, nachdem die Banker den schon mal für Koks und Nutten rausgehauen haben. Kapitalismus, fuck yeah. Continue reading →

Blick über den Tellerrand

Österreich, die kleine Alpenrepublik, die besonders bekannt ist für Berge, latente Fremdenfeindlichkeit – solange die Fremden nicht als Touristen kommen – leicht rechtslastige Justizorgane und ihre größten Exportartikel Mozartkugeln und Adolf Hitler, dieses Österreich erwägt allen Ernstes, in Sachen Flüchtlinge mal was zu unternehmen.
Der Außenminister schlägt tatsächlich vor, daß man ja mal das österreichische Bundesheer auf den Balkan entsenden könnte, nach Serbien und Mazedonien. Um dafür zu sorgen, daß nicht mehr so arg viele Menschen durch löchrige Grenzen ins Land der Sachertorte flüchten.
Österreich hat neulich erst beschlossen, daß es in diesem Jahr die unheimliche Zahl von 37.500 Flüchtlingen aufnehmen wird. Dieses Kontingent war aber vermutlich schon an Dreikönig erschöpft, was nicht anderes bedeutet, als daß die Österreicher irgendwelche Wanderer einfach durchwinken nach Deutschland. Also daß, was sie schon die ganze Zeit machen. Umgerechnet auf Deutschland würde das bedeuten, daß wir etwa 360.000 Menschen aufnehmen und uns dann überfordert fühlen dürfen. AfD-Wähler und -Mitläufer an dieser Stelle ausgenommen, die sind ja schon mit dem türkischen Gemüsehändler an der Ecke überfremdungstechnisch am Anschlag.
Den Rest schicken wir dann wieder zurück nach Österreich. Müßte ja gehen, wenn das Bundesheer dann auf dem Balkan steht.
Weiter fällt mir dazu nur ein, daß es sich beim letztenmal nicht als besonders clevere Idee erwiesen hat, österreichische Truppen nach Serbien einmarschieren zu lassen. Gut, jetzt wollen die Alpenländler da diesmal nicht einmarschieren, sondern den Balkanstaaten ihre Zusammenarbeit aufdrängen. Trotzdem halte ich mal gar nichts davon, andere Leute mit Militär zu belästigen, damit man selber keine Flüchtlinge aufnehmen muß. Denn genau das verbirgt sich ja hinter der so großzügig angebotenenen Hilfe.
Aber vielleicht nimmt die Geschichte ja diesmal endlich ein gutes Ende und Österreich löst sich aus Verzweiflung auf oder schließt sich freiwillig Serbien an. Denn dann hätten die kein Problem mehr in dem Land und die Serben haben ihr Großserbien, von dem da unten ja noch immer einige träumen. Wir wiederum sind dieses verschrobene völkische Volk da unten im Süden los. Die Alpenpässe mit Beton ausgießen können wir dann ja immer noch. Continue reading →

Blick über den Tellerrand

Das Welternährungsprogramm der UN hat bis zum Jahresende 237 Millionen Dollar zu wenig in seinen Kassen. Als Konsequenz hieraus werden in Flüchtlingslagern jetzt die ohnehin knappen Rationen gekürzt.
Wohlgemerkt: Es geht um Millionen. Und Dollar. Als vor ein paar Jahren 500, 600, 700 Milliarden aufgerufen wurden, um systemrelevante betrügerische Korruptionsarschlöcher samt ihrer Banken und Hedgefonds zu retten, da hat die Welt nicht eine Sekunde gezögert. Gut, die Welt vielleicht schon. Die Politik hat nicht eine Sekunde gezögert, das jeweilige Volk wird ja normalerweise nicht gefragt bei sowas. Und da ging es auch noch um Euro, als der $1,30 wert war. Die Zahlen für Nordamerika sind nicht kleiner, da haben die QE-Programme der Fed bisher etwa 3,5 Billionen Dollar in den Markt gedrückt – echte Billionen, also 3.500 Milliarden, das ist jetzt kein Übersetzungsfehler meinerseits.
Aber den UN fehlen in diesem Programm 237 Millionen. Ich schätze, das ist etwa die Summe, die Amerikaner zum Bewässern der Golfplätze im notorisch trockenen Kalifornien ausgeben pro Jahr. Oder die Kohle, die alle Amis für den Thanksgiving-Truthahn raushauen, an einem einzigen Wochenende im Einkauf. Da wundert sich noch irgendwer, wenn die sich auf die Socken machen, wobei die meistens nicht mal Socken haben, und hierher flüchten wollen, die Flüchtlinge?
Wenn ich ein Flüchtling wär, und nichts zu beißen hätt‘, flöh ich zu dir…

Rußland ist derweil wieder mal böse. Erst haben sich der Obama und der Putin auf dem UN-Generalversammlung neulich zwar unterhalten, aber nicht besonders liebevoll. Denn der eine will den bösen, bösen Diktator Assad weghaben. Der andere sagt, wir müßten uns erst mal um den IS kümmern und dafür muß man halt mal mit dem Assad reden.
Der eine nennt den Assad einen Diktator – was durchaus ja korrekt ist – der andere ist wohl der eher pragmatischen Auffassung, daß ein Diktator, den man kennt, immer noch besser ist als ein Haufen Irrer mit Koransprüchen auf der schwarzen Flagge.
Aktuell sind die Russen wieder böse, weil russische Flieger den IS in Syrien mit Bomben bewerfen. Dummerweise treffen sie dabei auch die syrischen Rebellen. Sagen die Rebellen. Wobei Rebellen in Syrien alle sind, die gegen den Assad kämpfen. Außer die Jungs vom IS, die kämpfen ja gegen alles, auch gegen Tempel und Steine.
Jetzt findet der Westen, also die USA und die europäischen Pickel am Arsch des amerikanischen Imperiums, das russische Vorgehen aber nicht gut, obwohl es sich vom eigenen nicht wirklich unterscheidet. Die New York Times macht den Erklärbär und sagt, wer wo wen mit Bomben bewirft. Ist schwierig, denn es gibt auch noch gemäßigte Rebellen und andere, die sind dann wohl nicht gemäßigt, was immer das genau heißen soll.
Dabei wird betont, daß die bösen Russen ja auch von Kreuzern im Kaspischen Meer aus feuern, also quasi mit Cruise Missiles. Wenn Amerikaner sowas machen, während sie den Irak überfallen, ist das westlichen Medien nur mehr Applaus wert, das gibt so schöne Bilder in der Nachtaufnahme. ,,Embedded Journalism“ FTW, sage ich da nur. Das sind aber tapfere amerikanische Rebellen, die da bombardiert werden, zumindest wurden die vorher von den USA ausgebildet. Das hat schon immer prima geklappt, den Feinden der Feinde Waffen in die Hand zu drücken.
Und hat eigentlich eine einzige deutsche Zeitung erwähnt, daß Rußland schon 2012 vorgeschlagen hatte, man könne Assad ja zurücktreten lassen im Rahmen eines Friedensplans? Andere Zeitungen haben es. Den Friedensplan hat der Westen dann ignoriert, wäre bei Erfolg ja auch ein Punkt für Rußland gewesen. Wo kamen doch gleich noch mal die Flüchlinge so her? Continue reading →

Goldlöckchen ertrinkt im Öl

„How often is it that the angry man rages denial of what his inner self is telling him.“
Frank Herbert, Dune

1956.
Auf einem Treffen des American Petroleum Institute hält ein unscheinbarer Herr einen eher trocken wirkenden Vortrag, der trotzdem für einige Erheiterung beim Publikum sorgt. Marion King Hubbert spricht zu den Anwesenden über seine Überzeugung, daß die Erdölförderung der USA in den späten 60er bis frühen 70er Jahren einen Höhepunkt erreichen werde, um danach in einen stetigen Sinkflug zu gehen.
Wie der Name schon andeutet, ist das American Petroleum Institute der größte Interessenverband der amerikanischen Öl- und Gasindustrie, also ein recht mächtiger Club. Auch der Vortragende ist kein Ökofanatiker oder ein Grüner. Das wäre in den USA des Jahres 1956 vermutlich unamerikanisch gewesen, wie ein McCarthy das ausgedrückt hätte, oder aber kommunistisch, was natürlich auf dasselbe hinausläuft. Aber „grün“ war in dem Jahr noch nicht erfunden, die Straßenkreuzer konnten nicht groß genug sein, die Heckflossen auch nicht, jede amerikanische Küche brauchte natürlich eine Mikrowelle und wenn man dafür ein oder zwei Atomkraftwerke mehr bauen mußte, war das nur allzu recht, denn Amerika brauchte Bombenstoff im atomaren Wettrüsten mit den Russen.
Nein, Hubbert war zuständig für Geologie und Geophysik und arbeitete außerdem für die Shell Company, hielt also einen Fachvortrag vor einem Lobbyverband seines Arbeitgebers. Um so ungewöhnlicher war es, daß Hubbert zwei grundlegende Dinge in Frage stellte: Die Unendlichkeit der Ölvorräte und auch die Annahme, daß man natürlich immer weiter mehr und mehr von diesem Zeug aus dem Boden holen würde.

Die Teilnehmer waren, wie erwähnt, über den lustigen Profesor sehr erheitert, ein Angestellter von Shell soll Hubbert unmittelbar vor seinem Auftritt noch gebeten haben, die Sache nicht durchzuziehen. Aber der Mann ließ sich da nicht aufhalten, immerhin hatte er seine Zahlen gründlich in Kurven und Schlußfolgerungen übersetzt, warum also nicht darüber reden?
In den Folgejahren geriet Hubbert durch eine Pressekampagne und das noch sehr viel wirksamere Hören-Sagen in den Ruf eines verrückten Professors und wurde massiv diskreditiert. Das ganze Konzept erschien auch viel zu abenteuerlich. Mehr und mehr Öl wurde gefunden, es schien überhaupt kein Ende zu geben. Die Ölförderung der USA war seit Anfang des 20. Jahrhunderts um 7,6 Prozent pro Jahr gewachsen – durchschnittlich, trotz Großer Depression. Alles Fakten, auf die Hubbert in seinem Vortrag sehr wohl hinwies, immerhin war der Mann Wissenschaftler. Das Jahr 1966 schließlich brachte soviel neues Öl im Boden, wie man es noch nie zuvor gefunden hatte. Der verrückte Professor schien also tatsächlich verrückt zu sein.

Aber offensichtlich waren das auch noch andere, denn 1960 gründeten diverse Staaten, die etwas mit Öl zu tun haben, eine Organisation namens OPEC. Auch hier runzelten diverse amerikanische Firmengrößen die Stirn und fragten sich, was denn dieses Kartell wohl für ein Ziel haben könnte. Die offizielle Linie war relativ einfach: Die OPEC wollte durch entsprechende Regulierung des Marktes dafür sorgen, daß ihre Mitglieder möglichst viel Geld mit ihrem Öl verdienen konnten. „Regulierung“ bedeutet in dem Fall, daß man sich dreimal jährlich trifft, um über Förderquoten zu sprechen, um so die Ölmenge am Markt und damit den Preis entsprechend steuern zu können.
Erleichtert lachte man in den USA wieder über diese Handvoll machtloser Clowns, denn schließlich waren es die USA, die mit ihrer Förderung als größter Ölanbieter der Welt die Preise bestimmten. Und die waren niedrig, niedrig genug jedenfalls für Fahrzeuge, deren Rückbank etwa so groß war wie das heutige durchschnittliche Wohnzimmer in Deutschland.
Man wählte also J. F. Kennedy zum Präsidenten, irgendwer erschoß den Kerl, die Revolution auf dem Musikmarkt brach aus und brachte in Europa die Beatles hervor, Frauenröcke wurden plötzlich sehr viel kürzer, der Vietnamkrieg gewann an Schwung und außerdem mußte man die Russen auf dem Weg zum Mond schlagen, denn schließlich mußte man danach ja die Raumstationen bauen und das All besiedeln. Wen kümmerten da ein Professor und ein paar Scheichs? Continue reading →