Brimborium und Firlefanz

»Die Aufgabe des Präsidenten besteht nicht darin, Macht auszuüben, sondern die Aufmerksamkeit von ihr abzulenken.«
Douglas Adams

Mit Charles III. wird heute ein Mann zum König gekrönt, der selbst Milliardär ist, aber in Reden seinen Untertanen empfiehlt, doch mal ein bißchen ‚charity work‘ zu machen. Für die Gesellschaft und so.
Natürlich nur für den unteren Pöbel, der nicht mindestens 200.000 Pfund netto pro Jahr reinschaufelt, ist ja klar.
Die mit den 200K sind zu sehr damit beschäftigt, ihren wirklich reichen Oberbossen zuzuarbeiten und die selbst haben natürlich keine Ahnung, dass die wahre Realität für so manchen Teilnehmer derselben aus Suppenküchen besteht und nicht aus Goldkutschen.

Falls das jemand britisch-zynisch findet: es ist derselbe Arschloch-Geist auf Flaschen, der hinter Vorschlägen wie „Sozialdienst” steckt, gerne geäußert von den sozial Schwachen, also vorwiegend Mitgliedern der „christlichen” Parteifront in Deutschland. Gerade erst hat wieder einer von diesen Typen vorgeschlagen, dass Zwangsarbeit zum Erhalt des Wohlstands der Goldkutschen-Passagiere demokratisch eine prima Idee sei. Darüber wird man doch wohl noch debattieren dürfen.
Exakt dieselbe Methodik verwendet der freiheitsliebende Nazipöbel im Parlament, der Lehrpersonal und Theatherbühnen im Namen der Meinungsfreiheit vorschreiben will, was sie wie zu unterrichten und darzustellen haben. Immer schön Dinge zur Debatte stellen, die so gar nicht zur Debatte stehen. Damit der Unterricht politisch neutral bleibt, ist klar. Oder die Armutsrente sicher. Alles geschieht nur zu unserer Sicherheit. Darüber muß man doch wohl debattieren dürfen.

Keiner dieser Politiker gleich welchen Geschlechts, die derartigen Mist vorschlagen, käme jemals in die Verlegenheit, einen solchen Dienst auch ableisten zu wollen. Oder gar zu müssen, weil der Gesetzgeber den gesellschaftlichen Liebesdienst per Zwang realisiert hat. Diese Typen schicken ihre mißratenen Blagen auch nicht auf öffentliche Schulen, die jetzt seit 30 Jahren von einer Generation amoklaufender Sozialpädagogik-Studenten nach der anderen kaputt reformiert werden.
Herr Linnemann schwadroniert auch von Menschen, die Geld vom Staat wollen und deshalb eine Bringschuld hätten, während er selbst als überbezahlter Sesselfurzer im Politbüro hockt, statt echter Arbeit nachzugehen.
Dabei hat der Staat überhaupt kein Geld. Hatte er nie, darum hat schon Babylon Steuerunterlagen gehabt. Bei Unternehmen hingegen wird nicht von Bringschuld geredet, da werden Steuern gesenkt. Exakt diese Zuarbeiter der wirklich Reichen meine ich im ersten Absatz. Continue reading →

Unreal Tournament 2022

»Can you imagine when this race is won
Turn our golden faces into the sun
Praising our leaders, we’re getting in tune
The music’s played by the, the mad man.«
Alphaville

Es ist früher Morgen. Etwa halb Acht. Auf den Uhren. Nach solarer Zeit, also Winterzeit, ist es halb Sieben.
Nennen wir es die Zeit, an der Menschen nicht rumgefummelt haben. Seit Jahren stelle ich jetzt meine Küchenuhr im Frühjahr und Herbst nicht mehr um. Alle anderen Zeitanzeigen sind leider elektronisch und drücken mir so automatisch die Vorstellung von einer Tageszeit auf, die irgendeine Bürokratenkommission mal festgelegt hat.
Das Universum ignoriert diese menschliche Anweisung, wie es zu ticken hat, mit heiterer Gelassenheit weiterhin und tickt einfach so weiter wie immer. Der Lauf des Planeten um die Sonne und die damit verbundenen astronomischen Fakten – wie beispielsweise die Position des Zentralsterns am irdischen Himmel – verändern sich durch diese abstruse Angewohnheit der Zeitumstellung nicht ein bißchen.
Es ist also de facto einfach halb Sieben. Der Himmel leuchtet im irdischen Blau, die Luftfeuchtigkeit liegt bei 94% und es ist neblig. Im Juni. Während mein Rad mich leise scheppernd über den durch andauernde Trockenheit betonharten Feldweg trägt, zischen grüne Papageien im Tiefflug an mir vorbei und kreischen sich gegenseitig Warnrufe zu. Eigentlich sind die Tiefflieger Sittiche und Neozoen, sie gehören also nicht hierher.
Die Tiere sind irgendwo ausgebüchst und haben dann festgestellt, daß es sich im deutschen Regenwaldklima ganz brauchbar leben läßt. Wikipedia spricht von einer „nicht etablierten Population“, wie ich neulich mal nachgeschlagen habe. Aber Wikipedia wird auch täglich dümmer.

Mir sind die Viecher schon vor Jahren aufgefallen, da saßen sie schwätzend in einem Baum und waren grün und ich hielt sie für Flüchtlinge aus einem Zoogeschäft. Was vermutlich auch nicht ganz falsch ist. Jedenfalls kann ich aus eigener Beobachtung klar feststellen, daß es seitdem nicht weniger von denen gibt. Vor zwei Jahren, im ersten Pandemiewinter, sind sie mir sogar erstmals während dieser Jahreszeit aufgefallen. Die sind längst in der ganzen Gegend hier unterwegs.
Den neuen Avianern geht ihre Einstufung als nicht etabliert also auch stark am federumkränzten Allerwertesten vorbei, während eine Gruppe von geschätzt zwanzig Tieren im Baum ihr Morgengespräch führt. Wie viele andere Vogelarten sucht sich auch diese abends einen Schlafplatz für die Gruppe. Zwischendrin scheint immer wieder eines der Tiere zu lachen. Vermutlich haben sie gerade ihren Wikipedia-Eintrag gelesen.

Bedenkt man, daß Vögel die Nachfahren der Dinosaurier sind, paßt ihr Auftreten perfekt zu dem Dschungelklima, durch das ich gerade fahre. Ich radle zum Bahnhof, zu einer eingebildeten Uhrzeit, und fühle mich wie damals auf Borneo, wobei es dafür noch ein paar Grade wärmer sein müßte. Dabei werde ich von angeblich nicht existenten Papageien ausgelacht, die tatsächlich Sittiche sind. Das ganze Szenario fühlt sich zunehmend surreal an.

Allerdings fahren die Orangs auf Borneo keine SUV, dafür sind die zu schlau. Also bin ich wohl doch unter Menschen.
Ulf Poschardt, dieser Strickpullunder des Grauens, der sich in seinem Wahn noch immer für einen investigativen Journalisten hält, hat erst vor einigen Wochen einen angeblichen Artikel veröffentlicht, in dem er ernsthaft behauptete, Elektroautos bauen könne jeder, der Verbrennungsmotor hingegen sei ein Kulturgut.
So was schreibt ein Mann, dem ich nicht mal zutraue, die Kneifzange richtig rum zu halten, mit der er sich täglich seine Unterhose anzieht, bevor er dann mit seinem Porsche langsamer ins Büro fährt als ich mit dem Rad. Immerhin kriegt er es dabei gebacken, die Klimaanlage in seinem Kulturgut so weit runter zu drehen, daß er auch bei 30° Außentemperatur weiterhin in Hemd und Strickpullunder rumfahren muß. Falls es eine Millimetereinteilung für die Skala des Realitätsverlustes nach Kubicki geben sollte, wird sie in Poschardts gemessen. Continue reading →

Long live The Queen

»We lost the American colonies because we lacked the statesmanship to know the right time and the manner of yielding what is impossible to keep.«

Eine alte Dame, schon längere Zeit gesundheitlich angeschlagen auch durch den Tod ihres ebenfalls hochbetagten Gatten vor knapp 18 Monaten, schließt im Alter von 96 Jahren ihre Augen ein letztes Mal. Ein letztes Ausatmen. Stille. Das ruhige Ende eines langen Lebens.

Kein ungewöhnliches Ereignis. Tausende Menschen sterben auf diesem Planeten jeden Tag, mal mehr und mal weniger friedlich. Bei einer Frau von 96 ist dieses Ereignis eigentlich stündlich zu erwarten. Doch wie so oft mit Dingen, von denen wir genau wissen, daß sie sich unvermeidlich ereignen werden, kommen sie dann doch irgendwie überraschend.

Der letzte Atemzug von Queen Elizabeth II., Herrscherin über das Vereinte Königreich von Großbritannien und Nordirland, uneingeschränkte Souveränin der Commonwealth Realms, Staatsoberhaupt von 56 Staaten des Commonwealth of Nations, einer politischen Konstruktion, in der die Sonne noch immer niemals untergeht, Fidei Defensatrix, hinterläßt so etwas wie gespannte Ruhe auf dem Globus.
Irgendwie schien seit Donnerstag, dem 8. September dieses Jahres, die Welt in gewisser Weise stillzustehen.

Nichts könnte symbolischer sein für dieses unser Zeitalter des Niedergangs und Verfalls als der Tod dieser Frau mit Hut, Handtasche und Hunden. Und einem nicht ganz unerheblichen Vermögen, wenn ich das am Rande einmal erwähnen darf.
Schon nach dem Tod von Prinz Philip stellte ich mir die Frage, wie lange nach ihrem Gatten, der nur zwei Monate vor seinem 100. Geburtstag den Planeten verlassen hatte, die Poster Granny aller gekrönten Häupter der Erde wohl noch durchhalten würde. Immerhin waren die zwei 73 Jahre verheiratet. Menschen, in deren Stammbaum das irgendwo vorhandene Langlebigkeitsgen der Windsors nicht eingebaut ist, werden oft nicht einmal so alt. Nach meiner Erfahrung treten sehr alte Ehepaare häufig nicht besonders lange getrennt voneinander ab.
Aber Lizzy II. erwies sich, wie immer in ihren über 70 Jahren auf dem Thron der gammeligen Reste eines Empire, als diszipliniert und zäh. Sie hat sehr viel länger durchgehalten, als ich das erwartet hätte.

Aber die Ernennung von Liz Truss zur Premierministerin, nur zwei Tage vor ihrem Tod, hat ihr offensichtlich den Rest gegeben.
Die zweite überaus symbolische Handlung der vorletzten Woche war eben jene Liz Truss, diese verachtenswerte Frau, wie sie in der ersten wichtigen Rede ihrer Amtszeit ausgerechnet den Tod der größten Herrscherin verkünden mußte, die das Very British Empire jemals gehabt haben wird.
In allen Worten ihrer Rede beschrieb Truss eine Frau, die sie selber gerne wäre und in keiner denkbaren Iteration eines Universums jemals sein wird. Allerdings glaubt sie in diesem hier fest daran, tatsächlich das Zeug dazu zu haben.
Man kann Großbritannien hassen. Oder seine Monarchie. Doch für welche Sünde es sich Liz Truss eingefangen hat, übersteigt selbst die an Häme nicht unbedingt arme Vorstellungskraft von Kassandra. Selbst Satan persönlich hätte eine solche Strafe nicht über seine Erzfeinde verhängt.

Bild des Grauens: Gordon Brown, Boris Johnson, David Cameron und Theresa May. Die Maschinisten im Maschinenraum der britischen Apokalypse heucheln Trauer und Treue bei der Vereidigung von King Charles III. Quelle: BBC/The Guardian

In über 70 Jahren hat die Queen im Schnitt 18 Termine wahrgenommen. Täglich. Das sind etwa doppelt so viele wie ein Olaf Scholz bisher in seiner gesamten Amtszeit als Kanzler insgesamt hinbekommen hat.
Monarchen haben weder Sonn- noch Feiertage. Und sie gehen nicht in Rente. Fast könnte man Elizabeth mit dem Papst vergleichen, wenn nicht ausgerechnet der erste Deutsche in diesem Amt nach 1.000 Jahren sich aufs Altenteil zurückgezogen hätte, statt einfach protokollgemäß im Amt zu versterben.
Außerdem wäre sie darüber vermutlich amused gewesen, bezieht sich das „fidei defensatrix“ in ihrer langen Kette aus ererbten, ergaunerten, erfundenen und sonstigen Titeln doch schließlich auf die Anglikanische Kirche. Die es niemals gegeben hätte, wäre ein anderer Papst gegenüber einem anderen englischen König vor ein paar Jahrhunderten einsichtiger gewesen. In einer anderen Iteration dieses Universums…doch Nein. Es ist nicht der richtige Zeitpunkt für solche Abschweifungen.

Wenn Elizabeth II., einzig wahre Nachfolgerin ihrer großen Namensvetterin aus dem 16. Jahrhundert, heute endlich ins Grab gesenkt wird, nachdem man sie 10 Tage lang wie eine Monstranz durch das ganze verdammte Land gekarrt hat, ist damit auch das Ende des British Empire selbst für die hartnäckigsten Realitätverweigerer der Inselnation nicht mehr zu verleugnen.
Überhaupt ist, wie dero Herrscherin dereinst so korrekt vermerkte, das krampfhafte Festhalten an längst überkommenen Dingen abseits der Realität ein nicht unerheblicher Faktor im Niedergang von Systemen, seien sie nun demokratisch, imperial oder anders organisiert.

Mögen beide, Empire und Queen, ihren wohlverdienten Frieden finden. Kassandra schätzt allerdings, daß nur einer von beiden Entitäten das auch tatsächlich gelingen wird.
Long live the Queen!

Zwanzigneunzehn

Das Jahr Zweitausendachtzehn des allgemein benutzten Kalenders ist irgendwie mit einer Art Ruhe zu Ende gegangen, die zwischen drogenbetäubtem Schnarchen auf dem Sofa und paralysierter Hysterie einzuordnen wäre.
In den USA war schon vor Weihnachten alles ruhig. Dank eines erneuten Haushaltsstreits sind wichtige Regierungsinstitutionen und solche, die sich für wichtig halten, gerade geschlossen. Ein Shutdown. Mal wieder. Grund dafür ist die beleidigte allmächtige Leberwurst im Oval Office, die ihren Kongreß nicht mal dazu kriegen kann, ihr die fünf Milliarden Dollar zu genehmigen, die Donald Trump für die größte, schönste und vor allem wichtigste Grenzmauer der Welt braucht.
Abgesehen davon, daß diese Summe nach den ersten vierzig Meilen aufgebraucht sein dürfte, drängt sich mir automatisch die Frage auf, warum denn Mexiko die Mauer nicht einfach bezahlt?
Schließlich war das doch die Ansage der präsidialen Wurst im Wahlkampf vor zwei Jahren. Irgendwie scheint das völlig untergegangen zu sein, habe ich den Eindruck.
Auch seine Fans halten sich auffallend damit zurück, das Weiße Haus mit reichlichen Spenden zu fluten, um die endgültige Übervögelung durch Migrantenfluten biblischen Ausmaßes zu verhindern. Seltsam eigentlich. Wo doch keine Gefahr des Planeten größer ist als abgerissene Gestalten ohne Hab und Gut, die von da, wo sie mal zu Hause waren, einfach deshalb weggegangen sind, weil man an diesen Orten nicht länger das eigene Überleben sichern kann. Fast könnte man sich nach Europa versetzt fühlen, wenn man dem Twittergetöse von Donald Leberwurst zuhört. Unter den Behörden, die aus Geldmangel derzeit stilliegen, ist auch das „Department of Homeland Security“, also die ungeheime Staatspolizei-Schlägertruppe, deren Gründung noch auf George II aus Texas zurückgeht. Aufgabenbereich ist unter anderem der Grenzschutz.

Worüber die Wurst auch nicht twittert, sind die eher verhaltenen Abschlüsse der Börsenkurse für das gerade vergangene Jahr. Erstmals seit der Tulpenhysterie von 1636 hat der Dow Jones es nicht geschafft, seinen völlig überzogenen Wert um weitere absurde Prozentzahlen zu steigern, sondern beendet das Jahr mit einem Minus. Was nichts an der Tatsache ändert, daß die aktuellen Zahlen noch immer jeglichem Realismus Hohn sprechen. So lange diese Kurse dank eines Strohfeuers aus Steuersenkungen und großmäuligen Wirtschaftskriegen in exorbitante Höhen stiegen, war sich Mr. Präsident nicht zu schade, täglich auf allen Kanälen verkünden zu lassen, daß diese Entwicklung selbstverständlich nur seiner groß-ar-ti-gen Führung zu verdanken ist und America sicherlich bald wieder so great sein würde wie seit dem Sieg Washingtons bei Gettysburg nicht mehr. Oder so in der Art.
Dummerweise sagen jetzt aber alle Indices und auch Ökonomen, die diese Dinger benutzen, daß die Weltwirtschaft nicht so wächst, wie sie das erwartet haben. Ein Phänomen übrigens, das nun schon mehrere Jahre anhält. Was einiges über die Erwartungshaltung von Standardökonomen aussagt und noch mehr über den ideologischen Überbau, dem sie normalerweise so folgen.
Ich denke ja, die Standard-BWL-Typen haben schlicht und einfach keine Ahnung von Physik oder Systemtheorie. Außerdem sind sie beschissene Historiker. Diese Nummer mit explodierenden Börsenkursen, die völlig losgelöst und jenseits aller Stromschnellen des Wahnsinns in den gemütlichen Gewässern des totalen Realitätsverlustes ökonomisch vor sich hinwichsen, gab es schon einmal. So um 1929, glaube ich. Continue reading →

Zwanzigachtzehn

Das alte Jahr ist wieder einmal Geschichte. In Eilmeldungen verkünden gewisse deutsche Medien, daß 2018 da ist. Als hätte das jemals zur Debatte gestanden. Hat irgendwer erwartet, das Neue Jahr würde auf der Türschwelle stehenbleiben, sich umdrehen, um dann mit einem gemurmelten „Den Scheiß mach ich nicht mehr mit“ in die nächste Kneipe zu verschwinden, um sich vollaufen zu lassen?
Völlig unerwartet hat also unser Planet weiter seine Bahn um die Sonne gezogen, das nunmehr dreizehnte Regierungsjahr der Herrscherin aller Deutschen, Angela der Alternativlosen, ist angebrochen – wenn auch nur geschäftsführend – und nachdem gestern vor meinen Fenstern wieder mehrere Trillionen Euro in die Luft gejagt wurden und sich der Ort, an dem meine Bambushütte steht, kurzfristig in einen Syrien-Erlebnispark verwandelt hat, was die Geräuschkulisse angeht, ist jetzt endlich wieder Stille eingekehrt. Die übliche besoffene Totenstille eines überraschend warmen Neujahrstages.
Ach ja – alle Damen zwischen 18 und 35, deren Freunde unter akutem Frühböllern zu leiden scheinen, dürfen gerne mit mir in Kontakt treten. Eventuell kann ich da behilflich sein.

Während woanders also noch Wurzeln aus Unbekannten gezogen werden, wirft der Chronist einen Blick auf die großen Dinge, die da kommen werden in diesem Jahr.
Wobei der Blick in die Zukunft nicht leichter wird, denn in der Europäischen Union wird ab sofort das Bleigießen verboten. Begründung: Blei ist gefährlich.
Dabei hat man nach jahrelangen Beratungen, mehreren toten Wäldern, um sie mit Gutachten zu bekritzeln und mehreren Millionen an Parlamentariergehältern festgestellt, daß ganz besonders Bleigießen sehr viel Blei enthält. Weswegen es unbedingt verboten werden muß.
Abgesehen von der wohl eher zweifelhaften Aussagekraft sich zufällig formender Bleiklümpchen in kalten Wasser bezüglich der Zukunft muß Kassandra sich da ernsthaft fragen, ob es keine größeren Bedrohungen gibt als Blei.
Auch dürfte die Teilnehmerzahl an dieser angeblich so deutschen Tradition recht überschaubar sein. Ich habe in 47 Silvestern noch niemals irgendwen Blei gießen sehen. Menschen, die von mir beobachtet Silvester feiern, oder sogar unter meiner persönlichen Beteiligung, neigen eher dazu, jede Menge Alkoholika in sich hineinzuschütten. Man gießt sich also quasi mehr einen auf die Lampe statt Blei ins Glas, aber was weiß ich schon?
Alkohol ist übrigens eine durchsichtige, leicht verfliegende Flüssigkeit, die auf Lebensformen auf Kohlenstoffbasis stark giftig wirkt. Eventuell sollte man Sets mit einem Alkoholgehalt von mehr als 0,3 Prozent auch mal verbieten. Continue reading →

Blick über den Tellerrand

Nachdem in den USA der Klimaschutz vom Präsidenten persönlich auf offener Straße mit dem Messer niedergestochen wurde, geht Kalifornien da einfach mal eigene Wege und schließt…ein Klimaabkommen. Mit China.
Scheinbar hat bisher niemand Donald Trump gesagt, daß die USA ein Staatenbund sind. Föderalismus, wenn man so will. Und das Kalifornien die bei weitem strengsten Umweltgesetze der USA hat, ist auch nichts neues. Erfolglos, übrigens.
Denn trotzdem kann man in L.A. nicht atmen und trotzdem pumpen Farmer im Central Valley das Wasser schneller aus dem Boden, als es jemals nachfließen kann, ganz zu schweigen davon, daß es aus kalifornischen Regenfällen nachflösse.
Das geht inzwischen so weit, daß die ersten Farmer ihre Pfirsiche und Mandeln getötet haben und auch andere Dinge anbauen außer Avocados. Wie beispielsweise – Kaffee.
Ich halte auch diese Feldfrucht angesichts ihrer Ansprüche an ein gleichmäßiges Klima mit mittelprächtig reichhaltigen Niederschlägen für zweifelhaft in einem Halbwüstenstaat wie Kalifornien. Aber nun ja – hier wird auf Kunden gezielt, die acht oder zwölf Dollar für Kaffee ausgeben können. Pro Tasse, nicht pro Pfund.
Die Möglichkeit, so etwas anzubauen, ergibt sich übrigens auch aus der Tatsache, daß in Indonesien, Brasilien und anderswo die Ernteerträge weggebrochen sind. Wegen anhaltender Trockenheit in diesen tropischen Gebieten.

Aber trotzdem ist das Abkommen durchaus nachvollziehbar. Denn immerhin verursacht China derartig viel Dreck, daß schon länger ganze Wolken aus Smog über den Ozean treiben. Den Pazifischen Ozean, das ist nicht so eine Badewanne wie das Mittelmeer. Und diese Wolken treiben bis nach Kalifornien.
Es gibt übrigens in Kalifornien eine Unabhängigkeitsbewegung. Schon mehr als einmal habe ich gelesen, daß Kalifornien ohne die USA ja die Nummer Sechs der weltweiten Industriestaaten wäre. Oder Nummer Sieben. Auf jeden Fall wohl in den Top Ten. Nun ja – ohne die Goldtöpfe aus Washington für die innovativen Unternehmen wie Google, Facebook, Snapchat und anderen Digitalmist sähe die Lage anders aus, denke ich. Trotzdem gewinnt diese Bewegung seit der Wahl Trumps an Zulauf. Mit der Begründung, man wolle halt mit den Innovationen kalifornischer Unternehmen nicht Washington finanzieren.
Das Ende der USA wird nicht von außen kommen, sondern von innen. Der neue Präsident ist gerade dabei, Dinge zu säen, die ihm nicht gefallen würden in seinem Garten.

Auch woanders stehen die Zeichen auf Krise. In Arabien nämlich. Da haben die Saudis, die Ägypter, Bahrain und VAE doch glatt Katar zur persona non grata erklärt.
Katar hat eine Fläche von etwa 11.000 km², das sind grob fünf Saarländer. Die Einwohnerzahl rangiert irgendwo knapp unter der von Berlin. Außerdem hat Katar noch etwas, daß weder das Saarland noch Berlin besitzen: Jede Menge eigenes Erdgas und Geld. Viel Geld.
Die Schulen sind kostenlos, Bedürftige erhalten monatliche feste Regelsätze, auch die medizinische Versorgung ist der eines Drittweltlandes wie etwa den USA weit überlegen und kostet ebenfalls nichts.
Weswegen in dem weltbekannten, demokratisch-freiheitlichen Utopia auch die Fußball-WM 2022 stattfinden soll. Wenn es dann noch eine gibt. Continue reading →

Verfallende Umlaufbahn

 

„We are entering the Dark Ages, my friend, but
this time there will be lots of neon, and screen savers, and street lighting.”
Edward St. Aubyn, Lost for Words

+++ Missionstag 8064. Eintragskennziffer 45-1798. Finaler Protokolleintrag. +++

Kontinente breiten sich aus unter mir. Im gleichmäßigen Rhythmus von neunzig Minuten gleiten sie vorbei. Erst von hier habe ich erkannt, wie gigantisch riesig die Wasserfläche des Pazifik ist. Das Gegenstück dazu ist Eurasien. Diese gewaltige Scholle aus Erde mit ihren unendlichen Weiten und mehr als der Hälfte der Weltbevölkerung auf ihr. Ein Ozean aus Land und Menschen.

Von hier oben betrachtet wirkt das alles winzig. Bedeutungslos. Spielzeug. Puzzleteile, die auf den Boden gefallen sind und auf die man herunterschaut. Nirgendwo auf dieser Welt unter meinen Füßen – metaphorisch gesprochen – sind Linien zu sehen, die eine Gegend von der anderen trennen.
Linien an sich gibt es jede Menge. Das Glitzern des Amazonas, das größte Süßwassersammelgebiet der Erde. Das Niltal, dieses Band aus Blaugrau und Grün. Wie ein fieser Bluterguß zieht es sich durch die Landschaft. Eine Narbe aus Lebensraum. Schon vor 5.000 Jahren haben hier Menschen gesiedelt und das An- und Abschwellen des Flusses für ihre Zwecke genutzt. Kein Pharao war jemals gottgleicher als ich, wenn ich über diese Region ziehe.

Es gibt eine Menge anderer Linien. Die Reisfelder Südostasiens sehen aus wie ein endloses Schachbrett. Ich muß immer an die Legende denken, die in den Datenbanken als „Indisches Reisbrett“ oder „Schachbrettaufgabe“ gespeichert ist, wenn ich über diese Gegend hinwegziehe.
Der Legende nach wollte sich ein weiser Mann – und Erfinder des Schachspiels – für seinen Rat an den Herrscher nur mit Reis bezahlen lassen. Er verlangte ein Korn auf dem ersten Feld eines Schachbretts. Zwei Körner auf dem zweiten. Vier Körner auf dem dritten. Und so weiter, bis alle 64 Felder des Bretts gefüllt sein sollten.
Der lachende Herrscher gewährte den Wunsch nur zu gern. Doch das Lachen verging ihm, als sich sehr bald herausstellte, daß es im ganzen Land nicht soviel Reis gab, wie er gebraucht hätte, um den Wunsch des weisen Mannes nach Bezahlung zu erfüllen. Auf der ganzen Welt nicht.
Meine persönliche Moral aus der Geschichte war immer, daß weise Männer auch sehr hinterlistige Trickser sein können. Und das diese Exponentialfunktion, denn das ist die mathematische Rechnung dahinter, eine Zahl ergibt, die in die Trillionen geht. 18.446.744.073.709.551.615 Reiskörner, um genau zu sein. In anderen Varianten sind es Weizenkörner. In einer Variante schlägt der Rechenmeister dem Herrscher, der ob seiner Unfähigkeit zu zahlen sehr peinlich berührt ist, dann vor, man möge den Weisen doch die Körner zur Sicherheit selbst zählen lassen. Was für mich wiederum darauf hindeutet, daß auch Mathematiker hinterlistige Kerle sein können.

Würde der weise Mann heute noch einmal auftauchen, er könnte seine Bezahlung bekommen. Die Schachbretter unter mir erstrecken sich über Tausende von Kilometern. Die Zahl der Reiskörner dort unten muß in die Quintillionen gehen.
Aber sie sind trotzdem zu wenige, um den Hunger der größeren Körner zu stillen, die dort unten existieren. Continue reading →

Zunehmende Zerfallsrate

Ein Mann mit einer Axt in einem Zug. Fünf Verletzte. Ein anderer Mann mit einer Schußwaffe in München. Neun Tote. Wieder ein anderer mit einer Bombe in Ansbach. Fünfzehn Verletzte. Und natürlich die Attentäter, die allesamt bei diesen Vorfällen umkommen.
Im Netz toben daraufhin wieder die faschistischen Arschlöcher, kotzen ihre widerwärtige Dummheit aus über einen Begriff wie „Deutsch-Iraner“, denn der Münchner Amokläufer war ein solcher.
Es paßt den neuen Herrenmenschen eben nicht ins erbsengroße Weltbild, daß dieser Mann nichts mit den Flüchtlingen des letzten Jahres zu tun hatte. Auch beim Würzburger Attentäter ist es ähnlich. Schon länger hier, bereits im Asylverfahren, so weit erst einmal versorgt.
Der Amokläufer mit der Schußwaffe stellt sich wenig später als jemand heraus, der mit dem sogenannten „Islamischen Staat“ nichts am Hut hatte, sondern mit Antisemitismus und allgemeinem Fremdenhaß. Acht seiner Opfer sind deutlich unter zwanzig und haben Migrationshintergrund. Er mag den norwegischen hirnkranken Killer Breivik und findet es toll, am selben Tag geboren zu sein wie dereinst der kleine österreichische Diktator. Als wäre das eine persönliche Leistung. Insgesamt ist er jemand, dessen Weltbild wunderbar unter die Hakenkreuzflagge und die „Deutschland in den Grenzen von 1937“-Tattoos der rechten Arschlöcher gepaßt hätte. Plötzlich herrscht Schweigen bei den Netznazis, bevor dann wieder die üblichen Verschwörungstheorien hochblubbern.

Alleine schon die Reaktion auf dieses Aufkommen von Terror in Deutschland führt die Idee des Historikers Michael Wolfssohn ad absurdum, der allen Ernstes sagt, man müsse in Deutschland eine allgemeine Dienstpflicht für Bürger einführen. Denn der Staat könne offensichtlich seinen Aufgaben bezüglich Sicherheit nicht mehr nachkommen.
Wie man noch immer an der absolut sicheren Tatsache vorbeisehen kann, daß hier in Deutschland Vollidioten rumlaufen – deutsche Vollidioten wohlgemerkt – denen man keine Plastikgabel in die Hand drücken sollte, geschweige denn, sie in einer Grundausbildung mit militärischen oder polizeilichen Kampftaktiken vertraut zu machen, ist mir ein Rätsel. Wir können uns auch gleich eine neue SA züchten.
Bei derartigen Vorschlägen möchte ich den sauberen Herrn Historiker am Kragen greifen, ordentlich schütteln und ihn fragen: „Was haben Sie denn so gewählt die letzten zwanzig Jahre, Herr Wolfssohn?“
Die Parteien, die in Baden-Württemberg und Bayern fleißig Stellen in Polizei und Justiz gekürzt haben? Oder die anderen, die gesagt haben, das sollte man vielleicht mal nicht machen?
Ein Historiker, der so einen Blödsinn absondert, steht für mich auf derselben Stufe wie all die Menschen, die lautstark empört ausrufen „Wie kann man nur AfD wählen?“ – die aber Zeit ihres Lebens die CDU gewählt haben. Ich rufe das zwar durchaus auch, aber mit weniger Empörung. Mehr mit verzweifeltem Kopfschütteln. Und ich habe eben nie diejenigen Parteien gewählt, aus denen die Gründer und Mitglieder der AfD so entlaufen sind. Also die sogenannten „Konservativen“. Continue reading →

Europas Brexitus

Nun steht er also vor der Tür, der sogenannte Brexit.
Nachdem Premier Cameron sich vor einer Weile mit seinem großspurigen Versprechen an das Volk aus dem Fenster gelehnt hatte, er werde die Europäische Union persönlich reformieren oder die Briten könnten über den Verbleib in der EU abstimmen, ist es morgen wirklich soweit. Denn natürlich hatte die EU bisher eindeutig das größere Beharrungsvermögen.
Und seit Wochen schreien deutsche Medien: „Geht nicht! Was sollen wir ohne euch machen!?“
Manche Zeitungen entblöden sich nicht, widerwärtige Herzchen hinter ihr Logo zu setzen und das gleich noch mit einem Union Jack, der britischen Flagge, zu verzieren, damit auch jeder, wirklich jeder, selbst bei flüchtigem Besuch der Webseite ganz klar erkennen kann, daß die Briten jetzt aber bitte doch endlich bleiben müssen – denn wie könnte man sich von derartig viel Schmalz nicht überreden lassen?
Wobei dieser ganze Mist bei mir ja eindeutig eher Brechreiz auslöst als alles andere. Die Erbsenpistole der Demokratie, der Spiegel, hat sich noch tiefer ins emotionale Bällebad des Arschkriechens gestürzt und gleich die ganze letzte Ausgabe in zwei Sprachen gebracht, nämlich auch auf Englisch. Auch online wurde jeder noch so dümmliche Artikelfurz bezüglich des britischen Referendums ins Englische übersetzt. Dabei gibt es genug Beispiele dafür, daß Spiegel-Journalisten nicht einmal die deutsche Muttersprache unfallfrei beherrschen und diese Hinweise häufen sich in den letzten Jahren deutlich, übrigens nicht nur in dieser einen Nachrichtenredaktion. Bologna- und Rechtschreibreformen sei es gedankt.

Aber worum geht es eigentlich?
Warum regen sich alle auf über eine Abstimmung auf dieser Insel da oben im Nordwesten, die politisch gesehen als „Vereintes Königreich Großbritannien und Nordirland“ firmiert?
Warum dieses Rumgeschreie über ein Land, das weder Mitglied des Schengenraums ist, noch jemals den Euro eingeführt hat oder das eventuell plant und in dem der Straßenverkehr auf der falschen Seite verläuft?
Im großen Resteuropa kann man problemlos mit nichts als einem normalen Ausweis in der Tasche über die Grenzen fahren. Ich zum Beispiel, vor einiger Zeit, nach Frankreich rüber, das ist von meiner Wohnposition nicht superweit entfernt. Ich konnte da auch mit demselben Geld bezahlen, das ich ohnehin dabei hatte, was durchaus bequem ist.
Die dortigen Landesbewohner sprachen auch durchaus mal Deutsch, was ich sehr praktisch finde. Denn traditonsgemäß sprechen Franzosen niemals Englisch, wenn sie nicht zufällig Richtung Kanalküste leben, also in Belgien oder so. Und dummerweise habe ich den Fehler gemacht, in der Schule dem Erlernen des Lateinischen zu frönen, weil mir das Französische mit seinen Akzenten und sonstigen variablen Emoticons über den Buchstaben irgendwie verdächtig erschien. Da kannte ich die lateinische Grammatik ja noch nicht näher.
Ich bin heute dadurch in der Lage, deutlich gesprochenes Französisch zu interpretieren, kann allerdings nicht darauf antworten. Ein geistiger Quervergleich mit Latein und Englisch ermöglicht mir das in meinem Kopf, es leben die romanischen Sprachen.

In England, oder vielmehr, Großbritannien, wäre das völlig unmöglich. Denn natürlich gehen diese Menschen davon aus, daß jeder auf diesem Planeten Englisch spricht und versteht. Warum sollte man sich also die Mühe machen, eine Fremdsprache zu erlernen?
Das der Straßenverkehr als Auswärtiger extrem tödlich ist, weil man natürlich in angelernten Instinkten sehr oft in die falsche Richtung sieht beim Betreten einer Straße, ist auch nur ein Problem der „Kontinentalen“, wie die Briten einen wie mich ja gerne mal nennen.
Das es im ganzen Vereinigten Königreich kein ordentliches Brot gibt, das nicht von einem deutschen Bäcker stammt, daß das Bier zwar durchaus mal lecker ist, aber immer die falsche Temperatur hat, daß man tatsächlich immer noch ein ziemlich gruseliges „Frühstück“ serviert bekommen kann auf dieser Insel im Nordwesten, wenn man nicht sorgfältig aufpaßt – all das ist den Briten völlig egal.
Nein, ein guter Teil dieser Menschen ist trotz dieser deutlichen Anzeichen nationaler Besonderheiten fest davon überzeugt, daß die EU ein Monster ist, das die Inselwelt mit lauter Ausländern überschwemmen möchte, um so den Briten ihre Identität zu nehmen.
Eine Nation, auf deren Thron eine Frau aus dem Hause Sachsen-Coburg und Gotha sitzt und das liebenswert schrullige Völkchen der Engländer seit 64 Jahren mit monarchischer Hingabe betreut, fürchtet sich vor Einwanderern und ihrem sicherlich schädlichen kulturellen Einfluß.
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Blick über den Tellerrand

Sagte ich neulich etwas über Pleiten, Pech und Pannen in der Ölindustrie, besonders in Saudi-Amerika?
Nun, das mit den Pleiten ist schon jetzt größer, als ich das gedacht hätte. Wenn die Ölfracker pleite gehen, muß ja auch immer einer da sein, der die Reste aufkauft. Immerhin ist das Kapitalismus hier, da kreisen immer irgendwo die Geier. Wie sich herausstellt, kreisen die nicht nur, die Geier, die sind sogar schon gelandet.
Schon im Januar berichtete Bloomberg über Frackingfirmen, die den Bach runtergehen und für sehr wenig Geld den Besitzer wechseln. Und hintendran stehen die Banken, die das alles finanziert haben und bleiben auf den Resten sitzen. Denn natürlich zahlen die Geier weit weniger, als die Trümmer der jeweiligen Firmen wert sind oder sein sollen laut den Büchern der Banken. Und das sind nicht irgendwelche Banken. Wir reden hier von der Bank of America, der Citigroup, JP Morgan Chase und Wells Fargo. Alles Quarterbacks der Finanzindustrie in der Kategorie „too big to fail“.

Was den sonstigen Zusammenbruch des Fracking-Hypes angeht, gibt es auch hier gute Nachrichten: Wer glaubt, das sich Ölpreise erholen und bald alles gut wird, dem sei gesagt, daß Teersande eben kein Öl sind. Dieses Zeug wird deutlich billiger verkauft als normales Öl. Warum das so ist?
Simple Sache eigentlich – es ist viel aufwendiger, aus Teersanden Öl rauszuholen. Oder etwas, das man so nennen kann. Darum wird das Endprodukt dann billiger verkauft. Das ist doch auch das, was wir alle immer gelernt haben über den Kapitalismus. Oder? War doch so?
Wenn etwas zu schwierig herzustellen/zu gewinnen ist, dann wird sich sein Marktpreis soweit erhöhen, daß dieses Produkt vom Markt verschwindet und es wird durch etwas anderes ersetzt. Denn schließlich – so lehren es uns unsere unfehlbaren Wirtschaftswissenschaften – hat der Preis einer Ware eine Signalwirkung für die allwissenden Märkte, die stets besonnen und rational reagieren. So war das doch, oder?
Na ja, im Januar lagen die Preise für Teersand-Öl aus Kanada jedenfalls unter 10 Dollar. Etwa bei 8,30 Dollar, um genau zu sein.  Ist halt blöd, wenn das eigene Produkt auch in den Raffinierien noch enorme Kosten verursacht – das recht schwefelhaltige Endprodukt des Tagebaus in Alberta ist für Raffinerien schwere Kost. Darum auch die Bezeichnung „sour heavy crude“. Dazu kommen die erhöhten Kapitalkosten. Continue reading →