Clusterfuck States of America

– I –
Wie Demokratie stirbt

»Come mothers and fathers, throughout the land,
and don’t criticize what you can’t understand.

Your sons and your daughters are beyond your command,
your old road is rapidly agin‘.

Please get out of the new one, if you can’t lend your hand,
for the times they are a-changin’« – Bob Dylan

Es gibt immer wieder Konstanten innerhalb des Chaos, das den Untergang einer Zivilisation begleitet. Wie beispielsweise totalitäre Möchtegerns mit großer Fresse, die versprechen, uns alle vor Gefahren zu beschützen, die sich zum größten Teil ausschließlich im TakaTuka-Land im Kopf dieser Leute manifestieren.
Fortschreitender Kontaktverlust zur Realität ist nicht nur ein Teil der Symptomatik der Langen Dämmerung, sondern in unserer Kultur von vornherein mit eingebaut. Wir hören noch immer Menschen zu, die ernsthaft glauben, man könne auf einem endlichen Planeten endlos lang wachsen. So lange diese Typen nicht in einem Sanatorium landen, sondern weiterhin von irgendwelchen angeblichen Journalisten ein Mikro oder eine Kamera vorgehalten bekommen, wird sich der Untergang unserer Zivilisation in den nächsten Jahren exponentiell beschleunigen.

In den USA kann man das aktuell wieder beobachten.
Vor die Wahl gestellt, einen senilen Tattergreis mit totalitären Wichsphantasien zu wählen oder womöglich eine Schwarze, die auch noch eine Frau ist und in ganzen Sätzen reden kann, ist die Wählerschaft aktuell zu 50/50 gespalten.
Sagen die Medien. Die vor allem aus Umfragen bestehen. Ich hatte dazu schon mal was gesagt.
Das ist verständlich aus Sicht des durchschnittlichen weißen 64,3 Jahre alten Mannes, der mit Pistole an der Hüfte zum Gottesdienst geht. Ich meine, welchen Schaden haben Schwarze historisch nicht schon in den USA angerichtet!
So eine Entscheidung will also gründlich durchdacht sein.

Deswegen hört man einem Mann zu, der verbreitet, daß irgendwelche Migranten Hauskatzen grillen oder das Deutschland sich mit seiner Energiewende fast ruiniert hätte durch die viele Windkraft und jetzt ein Kohlekraftwerk pro Woche baue. Spätestens hier müßte man ja lachend die Veranstaltung verlassen.
Ich meine – Deutschland. Ein Kraftwerk pro Woche? Bis dahin ist hier nicht mal die erste Seite des Planfeststellungsbeschlusses ausgedruckt. Außer wenn Friedrich Merz endlich Kanzler von AfD-Gnaden wird, natürlich.
Dann baut der die Kraftwerke alle selbst. Mit den ganzen Leuten, denen er die 500 Öcken Bürgergeld streicht, um damit die neuen Arbeitslager zu finanzieren.
Ich befürchte sehr stark, daß die USA ab demnächst als der bestbewaffnete Faschistenstaat der Erde in die Geschichtsbücher eingehen. Denn in einem Punkt glaube ich Trump jedes Wort, sofern man seinem senilen Gestammel mal ein solches entnehmen kann: wenn er gewählt wird, wird es danach keine Wahlen mehr geben. Continue reading →

Fallout

Es hätte so einfach sein können.
Herr Kemmerich hätte nach vorn treten können, die Hand heben, den Amtseid ablegen und dann die Frage der Landtagspräsidentin, ob er das Amt annehme, klar und deutlich beantworten können.
„Frau Präsidentin, ich bin in überwiegender Mehrheit durch eine antidemokratische, von einem Faschisten geführten Partei gewählt worden. Da ich selber mich als Demokraten verstehe und das ebenso für alle Kolleginnen und Kollegen gilt, die in diesem Landtag sitzen – mit Ausnahme der eben erwähnten Personen – kann ich diese Wahl nicht annehmen. Nur so ist es mir möglich, Schaden vom Land und vor allem der Demokratie abzuwenden. Ich danke Ihnen.“

Danach: Abgang. Hinsetzen. Ungläubiges Schweigen im Saal. Dann langsam einsetzender Applaus von der Bank des Ministerpräsidenten Ramelow von der Linkspartei. Stehende Ovationen von den Grünen. Wutschäumendes Gebrüll von Höckes Bank.
Nur Minuten später, kurz nach der Eilmeldung vom Ableben Alexander Gaulands durch massives Aneurysma, hätten sich Tausende Menschen auf den Straßen Thüringens versammelt, in Berlin wären feiernde Jugendliche aus der Rigaer Straße zur Parteizentrale der FDP gezogen, um ihren Mitgliedsantrag auszufüllen, in Hamburg wäre die komplette Brückenbesatzung der Roten Flora geschlossen in die Partei eingetreten, die Umfragen zur Bürgerschaftswahl in der Hansestadt hätten die FDP am heutigen Samstag auf 15 Prozent verortet, die Bundespartei wäre voll des Lobes und stünde in der Sonntagsfrage zur Bundestagswahl bei 18 Prozent. Es hätte so einfach sein können.

Stattdessen versammelten sich bundesweit insgesamt mehr Menschen zu Spontandemos auf der Straße, als die FDP in Thüringen überhaupt gewählt hatten, um ihrem spontanen Unmut darüber Ausdruck zu verleihen, daß sich der Kandidat der 5,00001%-Partei mit dem schon seit Jahrzehnten irreführenden Label „liberal“ mit Hilfe von Faschisten ins Amt hatte hieven lassen.
Einfach nur, um einen durchaus beliebten linken Ministerpräsidenten abzulösen, dessen Erzfeind, Mike „Machtgeil“ Mohring, in seinem psychopathischen Realitätsverlust immer wieder etwas von einer linksextremistischen Regierung gefaselt hatte, die es abzulösen gälte.
Wozu sich aber eben dieser Herr Mohring selbst nicht bereitfinden wollte, denn eigentlich hätte man von der drittstärksten Fraktion des Landtags exakt eine solche Kanditur erwarten sollen. Nach all den wahnhaften Sprüchen ihres Fraktionsvorsitzenden hätte man diesen Lauf der Ereignisse sogar annehmen müssen.

Es kam nur deshalb nicht dazu, weil die Thüringer CDU, geführt von Mad Mike, im Vorfeld immmer wieder erzählt hatte, sie würde natürlich keinesfalls mit dieser anderen Partei da zusammenarbeiten. Die haben halt auch „Alternative“ im Namen und Alternativen außerhalb der CDU mochte die CDU noch niemals, weshalb sie im Laufe der Jahrzehnte eine selektive Blindheit für eben solche entwickelt hat.
Der perfekte Weg, den König zu ermorden, ohne hinterher wie Macbeth ständig dem Waschzwang zu unterliegen, war es also dieser Tage, einen Herrn Kemmerich als willigen Strohmann nach vorn zu schieben, diesen dann natürlich zu wählen – wie könnte man das auch nicht bei einem Kandidaten der „bürgerlichen Mitte“ – und dann mit den Schultern zu zucken und mit ungerührter Miene zu verkünden, man könne nichts dafür, wenn in einer freien und geheimen Wahl andere Fraktionen gegen ihren eigenen Kandidaten stimmten.
Dieser eigene Kandidat, Herr Kindervater (parteilos), bekam von der AfD, die ihn aufgestellt hatte, nicht eine einzige Stimme. Für ihn kam das nicht überraschend, wie er später selbst schilderte. Es war abgesprochen, schon im Vorfeld.
Zu diesem Zeitpunkt kam das Wort „Überraschung“ in den Sätzen von Herrn Kemmerich und auch den Aussagen von Herrn Mohring immer noch recht häufig vor. Aber da brannte auch schon überall die Luft. Continue reading →

Bumerang

Superkurzmeldung: Erster faschistischer Ministerpräsident in Deutschland gewählt. Entscheidende Stimmen von der 5,00001%-Partei, die immer gern ein „liberal“ in ihrem Titel führt.
Tja. Leider #nichtderpostillon.

Oh…’tschuldigung. Falsches Bild.

dpatopbilder – 05.02.2020, Thüringen, Erfurt: Björn Höcke, (r) Fraktionsvorsitzender der AfD, gratuliert Thomas Kemmerich (l., FDP), dem neuen Thüringer Ministerpräsidenten. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa | Verwendung weltweit

Die Bildunterschrift ist nicht ganz korrekt. Der neue Ministerpräsident steht rechts. Links sein Werkzeug.
Wenn ich noch einmal irgendwelches MiMiMi von der CxU höre, nach dem Motto: „Wir sind aber die stärkste Fraktion und müssen deshalb den (Amt hier einsetzen) stellen.“
Man erzähle mir auch nichts von: „Das war alles völlig überraschend.“
Die CDU unter Herrn Mohring hat seit Wochen die Klappe aufgerissen und was vom extremen Rand der Politik schwadroniert. Nun, niemand hätte den Großsprecher daran gehindert, im dritten Wahlgang heute einen eigenen Kandidaten zu stellen. Hat sie aber nicht, die CxU.
Insofern glaube ich auch dem Herrn Kemmerich nicht, daß er überrascht war. Wer noch nicht mitbekommen hat, wie die Blaunazis taktieren, muß die letzten politischen Jahre unterm Stein verpennt haben. Also keinen politischen Instinkt oder keine Ahnung haben.
Dann wäre die Frage, was so einer an der Stelle macht.
Oder man hat damit gerechnet beziehungsweise es billigend in Kauf genommen, was auch den fehlenden Kandidaten der CxU erklärte. Dann war das mit der Überraschung schlicht gelogen. Zudem hätte es die Möglichkeit gegeben, das Amt abzulehnen. So weit ich weiß, besteht diese immer noch bei einer Wahl.
Woraus sich wieder die Frage ergibt, was so einer an der Stelle macht.

Im Geschichtsunterricht aufgepaßt hat Herr Kemmering sicherlich nicht, wie es seine Wahlplakate noch behaupteten. Wieder ein Versprechen, das die angebliche FDP nicht gehalten hat. Kassandra weist darauf hin, daß schon die Wiederwahl des politischen Zombies Lindner AG im Jahre 2017 ein großer Fehler von Wahlmichel und -michaela gewesen ist. Aber Wahlen sind ja wiederkehrende Ereignisse, zumindest noch. Immerhin: „Bedenken second“ – das hatte Herr Lindner auf den Wahlplakaten allerdings zugesagt.
Wer sich informieren möchte, dem sei der Twitterfeed von Fr. Alice Weidel empfohlen. Die ganzen bürgerlichen Demokraten, die sich da austoben, sind lesenswert. Ihre „Argumente“ dürfen dann gerne zukünftig gegen sie verwendet werden. Und wer mir noch einmal erzählt, er hätte von nichts gewußt, kann sich zum Verarschen jemand anderen aussuchen. Nur weil eine Partei demokratisch in ein Parlament gewählt wird, bedeutet das keinesfalls, daß sie nicht aus antidemokratischen Verfassungsfeinden bestehen kann. Ich verweise auf die Geschichte. Wir haben sogar Bilder davon.
Zurück ins Sendestudio.

Blick über den Tellerrand

Der Verfassungs„schutz“ soll die AfD mal überwachen, findet eine Mehrheit der Deutschen. Der Verfassungsschutz!
Klar – wenn Himmler Hitler überwacht hätte, wäre das alles auch nie passiert. Bestimmt.
Ich meine – reden wir hier über denselben Verfassungs„schutz“? Den mit dieser NSU-Geschichte mit mehreren toten Zeugen und keiner Aufklärung in fünf Prozeßjahren? Gut, das war jetzt natürlich auch nicht Punkt der Anklage, insofern mache ich dem Richter keinen Vorwurf. Der hat in diesem ganzen Mist einen sehr guten Job gemacht.
Aber ist es derselbe Verfassungs„ schutz“, dessen hessischer Ableger einen internen Bericht über eventuelle Versäumnisse bezüglich Besitz von Waffen und Sprengstoffen bei Rechtsradikalen mit einer Sperrfrist von 120 Jahren belegt hat? Was im deutschen Archivwesen zumindest als stark ungewöhnlich zu bezeichnen ist. Dieser überaus vertrauenswürdigen Institution wollen wir also die Überwachung einer alternativlos rechten Partei anvertrauen?

Außerdem kann es doch bei Rechten derartige untersuchte Versäumnisse gar nicht gegeben haben. Denn das sind doch nur verwirrte Einzeltäter. Man stelle sich vor, das wären irgendwie ausländisch angehauchte Terroristen gewesen, die in Baumärkten einkaufen! Continue reading →

…und rechts viel Freiheit

Das interessante Fundstück des Tages kommt aus – Sachsen. Und zwar aus Chemnitz. Genau, es ist das, was jetzt alle vermutet haben: Crystal Meth. Oder besser, die Rückstände dieser recht günstig herstellbaren Drogenpest, gefunden im Abwasser der Stadt in wohl signifikanten Mengen.
Das könnte jetzt einiges erklären über die Ereignisse der letzten Tage, bei denen das ehemalige Karl-Marx-Stadt so überaus unrühmlich im Mittelpunkt stand und steht. In dem Bundesland, in dem es nach Aussage eines ehemaligen Ministerpräsidenten überhaupt keinerlei Nationalsozialismus, Faschismus oder gar Rechtsextremismus in Verbindung mit allgemeinem Arschlochtum gibt. Nein.

„Die sächsische Bevölkerung hat sich als völlig immun erwiesen gegenüber den rechtsradikalen Versuchungen.“

So sprach Kurt Biedenkopf, zwölf Jahre Ministerpräsident aus dem Westen, genauer, aus Ludwigshafen, im Neuostland über Neuostland. Im September 2000. Seit Anbeginn aller Zeit – also seit der Wiedervereinigung – wird Sachsen von der CDU regiert. Und die CDU muß solche Dinge wissen. Niemand ist besser dafür geeignet, an rechtsradikalen Versuchungen vorbeizusehen als die CDU, sieht man mal von der CSU ab. Außerdem kann niemand einer Versuchung erliegen, der schon Mitglied im Club ist.
Bei Frau Maischberger sprach gerade erst wieder ein Experte für Rechtsextremismus zur Fernsehnation: „Sachsen hat ein Nazi-Problem.“
Wo sind diese Experten nur immer, wenn man sie mal bräuchte, um so manches Problem präventiv zu bearbeiten, frage ich mich. Vermutlich warten die alle auf die nächste Einladung in eine Talkshow, während sie leeren Blickes vor dem 80-Zoll-UHD-Fernsehgerät sitzen und sich pöbelnde Pegidioten ansehen in den Nachrichten.
Ich denke nicht, daß Sachsen ein Naziproblem hat. Es ist ja nicht nur Chemnitz. Es war einmal Hoyerswerda, damals™, als die neue deutsche Republik nach ihrer etwas überhasteten feindlichen Übernahme der östlichen Konkursmasse plötzlich wiedervereinigt war. Oder werden sollte. Irgendwie so war ja der Plan. Glaube ich jedenfalls. Es war in den letzten Jahren auch Freital. Oder Clausnitz. Oder Heidenau. Wobei – die liegen auch alle in Sachsen. Continue reading →

Die Angst vor der Leere

„It is far harder to kill a phantom than a reality.“
Virginia Woolf

„Die Menschen wollen einfach nicht länger belogen werden“, sagt ein Typ von der AfD über die Menschen in Görlitz, die ihn neulich als Direktkandidaten in den Bundestag gewählt haben.
Das ist im Kern erst einmal eine korrekte Aussage. Menschen wollen nicht belogen werden. Es gefällt ihnen nicht. Jedenfalls gefällt es niemandem, den ich so kenne.
Natürlich gilt das nur für den Fall, daß die Lüge eben auch erkannt wird. Ist das der Fall, ist die Begeisterung üblicherweise nicht besonders groß.
„Die Leute wissen, daß die AfD die Probleme nicht lösen wird“, sagt der Typ auch noch.

An dieser Stelle wird es interessant. Denn wenn die Leute wissen, daß die AfD die Probleme – welche genau auch immer – nicht lösen wird, warum stehen dann immer wieder Menschen rum in unserem Land und fordern von der Politik, sie müsse jetzt was machen?
Was genau, warum eigentlich, und ob das Rumgemache überhaupt den geringsten Sinn ergibt, ist schon wieder eine weitergehende Frage, die offenbar gerne vermieden wird. Aber machen muß die Politik unbedingt etwas. Augenblicklich.

So wie die ehemalige SPD. Die muß jetzt sofort politischen Selbstmord begehen und schon wieder mit der Union koalieren, weil Frau Merkel sonst in die Verlegenheit kommen könnte, regieren zu müssen. Dabei kann die das ja gar nicht. Die Bundeskanzlerin (geschäftsführend) interessiert sich gar nicht für Politik. Das ist sozusagen Merkels sahniges Geheimnis.
Auch die Pressefuzzis möchten gern an der beliebten Kanzlersimulation festhalten, denn sonst würde ja offensichtlich, wie desolat die personelle Lage der angeblichen Immer-noch-Volkspartei so ist. Frau Merkel ist so ein bißchen wie die Spielereihe FIFA von Electronic Arts. Immer wieder das Gleiche, aber neu, weil eine andere Zahl auf der Packung steht. Man weiß halt, was einen erwartet. Continue reading →

Vier Wochen auf Jamaika

Heute ist es soweit. Ein großer Tag für das Land. Heute wird sich endlich entscheiden, ob man in der deutschen Politik bei den großen Fragen etwas Gemeinsames finden kann.
Das ist mal keine schlechte Leistung dafür, daß immerhin schon seit fast fünf Wochen über genau diese Themen geredet wird, jedenfalls offiziell. Erst gestern haben die an den Verhandlungen beteiligten Parteien verkündet, sie würden sich zu einer „Denkpause“ zurückziehen.
Jetzt bin ich durchaus ein Freund des gründlichen Nachdenkens über eine Sache. Alle meine Ex-Freundinnen wußten genau, daß ich unfaßbar spontan sein kann, wenn man mich ein paar Tage vorher über irgendwelche Pläne informiert hat, die eventuell die Gestaltung des Freizeitlebens betreffen.
Allerdings muß ich mir dann automatisch die Frage stellen, was die Beteiligten denn dann in der ganzen Zeit vorher gemacht haben, wenn sie jetzt erst mit dem Denken beginnen möchten.

Genau – die Rede ist von diesen überaus lustigen Verhandlungen zwischen vier Parteien, die da irgendwo in Berliner Kämmerlein stattfinden und deren Ziel eine Koalition sein soll, die uns noch einmal vier fröhliche Jahre mit Königin Angela I., genannt „die Alternativlose“, einbringen sollen. Euphemistisch wird dieses angestrebte Bündnis allgemein Jamaika genannt, wegen der beteiligten politischen Farben Schwarz, Gelb und Grün.
Tatsächlich ist das arme Land in der Karibik das einzige, das diese Flaggenfarben aufweist. Wie man aber beim Gedanken an deutsche Politik ausgerechnet auf kiffende Jamaikaner kommen kann, die mit Reaggae-Mucke durch die Gegend cruisen, ist mir ein Rätsel. Noch 2005 hatte der ehemals grüne Joschka Fischer diese Idee als so absurd zurückgewiesen, wie sie nur sein kann.
Heute, im Jahre des Herrn 2017, im nunmehr  dreizehnten Jahr der Herrschaft des Grauens aus der Uckermark, hat das Bizarrometer der deutschen Politik auch dieses Ende der Skala erreicht. Der ehemalige Grüne Fischer bezeichnet diese Lösung inzwischen als „notwendig“.
Aber die Armen können sich ja gegen ihre Instrumentalisierung zu politischen Zwecken nie wehren. Laut Erläuterung gewisser Online-Lexika bedeuten die Farben in der Flagge Jamaikas Hoffnung in die Zukunft und landwirtschaftlichen Reichtum – das wäre das Grün. Das Gelb – in einer Flagge ist so etwas üblicherweise die heraldische Vertretung für Gold – symbolisiert das Sonnenlicht und den natürlichen Reichtum des Landes. Schwarz hingegen steht für die Kraft und Kreativität des Volkes.
Das verschafft den Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition endgültig etwas derartig Zynisches, daß es schon wieder massive satirische Qualitäten aufweist, soviel muß ich dann doch zugeben, nachdem ich mich von meinem hysterischen Kicheranfall erholt habe.

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Die dritte deutsche Republik

Tja…wie soll ich diesen Bericht beginnen? Was soll ich sagen zum gestrigen Tag?
Die ehemalige SPD zieht sich geschlagen und hinkend in die Opposition zurück. Und zwar genau vier Jahre zu spät nach meiner Ansicht. Denn es gab nie eine bessere Gelegenheit, Politik zu machen, als 2013. Aus der Opposition heraus.
Man hätte Frau Merkel minderheitsregieren lassen können und in der Opposition parteiübergreifend eine Mehrheit gehabt.
Was für eine fulminante Gelegenheit, der rostenden Demokratie wieder ordentlich Politur zu geben, wäre das gewesen!
Angela Merkel hätte programmatisch arbeiten müssen. Bis gestern fehlten der Union im Bundestag ganze fünf Mandate an einer absoluten Mehrheit.
Wäre ich Kanzler und hätte 261 Mitglieder des Hohen Hauses vor mir, von denen ich fünf auf meine Seite ziehen muß, um einen Gesetzesentwurf, einen Haushaltsplan oder was auch immer durchzubringen – ich würde mir diese Nummer jederzeit zutrauen. Angela Merkel war vor vier Jahren dafür zu feige. Denn sie ist zwar gerne Bundeskanzlerin, aber interessiert sich nicht ein bißchen für Politik.
Jetzt fehlen einer vor der Wahl hoch gehandelten schwarz-gelben Koalition etwa vierzig Sitze. Diese Lücke halte ich für eine Minderheitsregierung für zu groß.

Die Opposition hätte, mit einer klar stärksten SPD in Front, eigene Projekte verwirklichen können. Beispielsweise den pauschalen Rentenzuschuß wieder einführen, den man Hartz-IV-Beziehern bis zur letzten Koalition aus schwarz-geld noch angerechnet hat.
Dann wurde der Satz wieder einmal um fünf Euro erhöht, dafür aber der pauschale Zuschuß gestrichen. Das war 2009, wenn ich mich recht erinnere. In Folge dessen ist die Altersarmut von Arbeitslosen inzwischen keine Bedrohung mehr, sondern längst Gewißheit.
Eine SPD als Führung der Opposition hätte ihr politisches Profil schärfen können, die Gemeinsamkeiten mit den Linken herausarbeiten, die Differenzen abschleifen und die Grünen hätten zwischen linken Linken und mitte-rechts gelagerten Sozis prima vermitteln können. Die waren ja selber mal links, bevor sie mit Schröders SPD koalierten.
Und ganz besonders hätte diese SPD auch einen glaubwürdigen Wahlkampf gegen die Union führen können. Jetzt. 2017.
Stattdessen hat man nach dem Motto „Opposition ist Mist“ wieder eine Große Koalition herbeigestümpert, deren Bilanz grauenvoller kaum sein könnte. Mir fällt auf Anhieb eigentlich kein Gebiet ein, auf dem dieser Haufen Machtgeier in den letzten vier Jahren nicht vollkommen versagt hätte. Continue reading →

Blick über den Tellerrand

Manche Menschen müssen nicht weggehen von dort, wo sie gerade sind. Zum Beispiel türkische Soldaten, die jetzt in Griechenland bleiben dürfen, nachdem das Oberste Gericht ihre Asylanträge genehmigt hat. Die Soldaten, nach eigenen Angaben Piloten von Rettungshubschraubern und -flugzeugen, waren nach dem etwas seltsamen „Putsch“ in der Türkei nach Griechenland geflohen und hatten Asyl beantragt. Die Türkei wollte sie ausgeliefert haben, was jetzt endgültig vom Tisch ist. Zumindest juristisch.
Die Begründung des Gerichts in Athen dürfte die Zornesadern auf der Stirn des Möchtegern-Herrschers aller Türken stark anschwellen lassen. Die Richter sagten nämlich ausdrücklich nichts über eine Beteiligung oder Nicht-Beteiligung am Putschversuch. Was sie sagten war aber, daß für die Soldaten in der Türkei kein gerechtes Verfahren gewährleistet sei. Auch ein Schutz vor Folter und Mißhandlung sei nicht garantiert. Dazu käme noch die mögliche Todesstrafe – denn die will Erdogan ja gerne wieder einführen lassen. Die Türkei entspricht auf der Justizebene somit nicht den Anforderungen an einen menschenrechtlich einwandfreien Rechtsstaat und darum dürfen diese Soldaten bleiben.
Tja, wenn das mal kein Tritt in die Eier ist, weiß ich auch nicht.

Der türkische Außenminister, ein Herr namens Mevlüt Cavusoglu, sprach daraufhin davon, daß die griechische Regierung „Terroristen, Verräter und Putschisten“ beschützt. Soweit dann zu fairen Verfahren. Das wiederholt nur die bisherige Wortwahl in dieser Angelegenheit und darf dann wohl als Eingeständnis gewertet werden, daß die Richter in Athen mit ihrer Einschätzung der Lage in der Türkei vollkommen richtig liegen.
In der Reaktion will Ankara jetzt Schritte prüfen, wobei der Außenminister bereits sagte, man werde Flüchtlingsabkommen kündigen. Soweit dann zur Prüfung. Es ist dabei nicht genau klar, welche Abkommen gemeint sind.
Aber jedenfalls ist das die typische Reaktion von Leuten, die andere Leute mit irgendwelchen Forderungen anschnauzen und dann das beleidigte Opfer sind, wenn die Gegenseite nicht sofort tut, was sie wollen. Eine türkische Zeitung bezeichnete das Ganze dann auch folgerichtig als „Skandalurteil“. Das ist sogar richtig, was das gleichgeschaltete Presseorgan da von sich gibt. Nur ist es eben kein Skandal für Griechenland. Ganz im Gegenteil. Continue reading →

Zwanzigsiebzehn

Guten Morgen allerseits.
Während die ersten Betrunkenen, die gestern in den Straßen liegengeblieben sind, vom hemmungslosen Geläute der Kirchenglocken geweckt werden, müssen andere sich schon wieder der Kunst der Prophezeiung widmen. Oder besser, der Kunst, aufgrund wissenschaftlicher Basisdaten den Verlauf der näheren und ferneren Zukunft zu erschließen, wie es in diesen Blogzeilen gelegentlich der Fall ist.
Dieser Neujahrstag ist der krönende Abschluß des vergangenen Jahres, denn er fällt auf einen Sonntag. Daher auch das nervtötende Geglocke der Priester des Christentums am heutigen Morgen.

Beginnt genauso wie das verdammte Jahr, das man sich in der Nacht endlich wegsaufen konnte: Mit Kopfschmerzen, steifem Nacken und kaltem Kreuz. 2017, was für ein Scheißjahr.

Paßt irgendwo perfekt. Dieses letzte Jahr war so grottenmäßig unfähig, daß es nicht einmal dazu in der Lage war, seine Feiertage unter die Woche zu legen. Wobei ich mich direkt frage, warum man eigentlich „unter der Woche“ sagt, wo Dinge doch immer in einer Woche liegen, unter anderem auch deren einzelne Tage. Vermutlich ist daran Frau Merkel schuld. Oder aber die Tatsache, daß wir immer noch zu wenig Kameras in Berlin aufgestellt haben, was natürlich wiederum Schuld dieser kommunistischen rot-rot-grünen Regierung in dem Bundesland ist. Das hat Generalwahrheitsminister Andreas Scheuer nämlich vor ein paar Tagen herausgefunden.
Nun ja, in Bayern beginnt Silvester und der damit häufig verbundene Alkoholkonsum bis zum Verlust jeglicher Denkfähigkeit offensichtlich schon einige Tage früher als woanders. Mit seiner lächerlichen Polemik, die Berliner Regierung handle grob fahrlässig, weil sie nicht sofort die Videoüberwachung ausweiten möchte, lenkt Andreas Scheuer mal wieder schön von der eigenen persönlichen und parteilichen Unfähigkeit ab. Der Wahlkampf ist eröffnet und die CSU liegt bereits jetzt auf der Idiotenskala quasi uneinholbar vorne. Kein Wunder, bei dem Personal.
Eine erste Vorhersage Kassandras für Zwanzigsiebzehn lautet daher: Hysterisches Gekläffe aus dem politischen Hundezwinger in Bayern mit Tendenz zur völkischen Heiserkeit, im September möglicherweise mit Stimmverlust als Folge.

Zum Glück ist eine Mehrheit der Deutschen da wohl schlauer, denn die meisten sind nicht der Meinung, daß es die Bundeskanzlerin ist, die mit ihrer Flüchtlingspolitik für den Anschlag in Berlin verantwortlich zeichnet.
Auch die deutschen Medien, die in den letzten Monaten verzweifelt versucht haben, diese seltsame und scheinbar ansteckende Kopfkrankheit namens „Populismus“ allen anderen in die Schuhe zu schieben, obwohl sie selber seit Jahren heftig unter den genannten Symptomen leiden, scheinen gegen Ende des letzten Jahres hier und da aus ihrer journalistischen Betäubung ein wenig aufzuwachen, die seit etwa 2001 massive Folgen für unsere Gesellschaft gezeigt hat.
Natürlich nur einige Medien. Was gewisse Meinungsherausgeber angeht, können wir uns auch 2017 sicherlich auf propagandistische „Berichterstattung“ allererster Güte freuen.

Für Deutschland und Europa wird das ein spannendes Jahr. Denn so viele Umfragen es auch geben mag, so haben doch die Ergebnisse des letzten Jahres eindeutig die Frage gestellt, warum Menschen und Institute, deren Haupterwerb das Erstellen von Umfragen ist, sich nicht schon längst mit der Bettelschale auf die Straße stellen müssen.
Weder den Brexit noch die Wahl des Donalds zum Inhaber des wichtigsten politischen Ablenkungsjobs des Planeten haben die superschlauen Demoskopen vorhergesehen. Dazu muß man eben Blogger in der Bambushütte am Rande der Gesellschaft sein, da hat man weniger Scheuklappen auf dem Neocortex. Versager, allesamt.
Zweifellos werden also auch dieses Jahr kluge Umfragen versuchen, die AfD in den Bundestag hineinzuschreiben – oder heraus, je nach Ausrichtung – aber auch hier ist meine Vorhersage klar: die geistig greisen Damen und Herren der völkischen Frontalverteidigung werden in das Parlament einziehen im September. Und dann zusehen müssen, wie Angela Merkel weitere vier Jahre alternativlos regiert, denn was außer einer Großen Koalition sollte im deutschen Herbst 2017 schon rauskommen an der Wahlurne?
Die einzig spannende Frage für mich persönlich ist hier, ob diese politische Zombiepartei, deren einzig halbwegs aufrechte Vertreterin Leutheuser-Schnarrenberger heißt, es wieder zurück schafft an die Fleischtöpfe der Macht oder eben nicht.
Da ein Großteil der „Wirtschaftsexperten“ dieser marktradikalen Politpeinlichkeit inzwischen zu den Völkischen Beobachtern der Pseudoalternativen abgewandert ist, habe ich da immer noch die Hoffnung, daß dieser Wurmfortsatz deutscher Politik endgültig als operiert gelten kann, wenn sich der Staub der Wahlnacht über das Land legt Ende September. Continue reading →