Clusterfuck States of America

“If we could bring God down from heaven and he’d be the vote counter, we’d win this, we’d win California, we’d win a lot of states.” – Donald Trump

“If you’re looking for my professional opinion as ship’s Counselor, he’s nuts” – Deanna Troi

– II –
Ein Moment der Veränderung

Doch wie werden diese durchaus global wichtigen Wahlen für den wichtigsten Bürojob der Welt eigentlich ausgehen?
Kassandra sagt: Ms Harris wird gewinnen. Möglicherweise sogar recht deutlich.
Mein Quantencomputer errechnet eine Wahrscheinlichkeit von 0,72 für einen Wahlsieg der Dame.

„Aber die Umfragen!111!”, rufen jetzt alle.

Kassandra sagt: Bullshit. Ihr habt mir nicht zugehört. Umfragen sind Blödsinn. Sie sind Momentaufnahmen. Oft ziemlich schlechte. Keinesfalls sind sie ein Wahlergebnis.
In den letzten Wochen ist die Anzahl der rechtslastigen, also republikanischen Umfragen wie durch Zauberhand in den Battleground States angestiegen. Oft taugt hier nicht einmal die Gruppengröße etwas. Weniger als 1.000 Befragte? Wirf’s in den Papierkorb.
Was aber passiert, wenn diese Dinge in Staaten wie Nevada oder Michigan urplötzlich Trump vorne sehen mit nullkommadrölf Punkten? Oder in Arizona mit fünf? Na ja, diese Zahlen fließen natürlich in das „national average“ der Umfragerei, das wiederum von Aggregatoren wie „538“ und anderen benutzt wird. Somit sieht es aus, als wäre diese Wahl ein unfassbar brutales, enges Kopf-an-Kopf-Rennen. Ein Fotofinish. Ein Nail-Biter. Continue reading →

Phasenübergang

30. Dezember.
Die Sonne scheint. Zumindest hier tut sie das. Woanders steht das Wasser vor der Wohnzimmertür. Aber zumindest die Dürrelage in Deutschland ist nach einem bisher eher nassen Winter nicht mehr ganz so extrem wie in den letzten Jahren. Wobei das Wasser, das hier gerade sprichwörtlich den Rhein runterfließt, aus Bergen kommt, in denen die Schneefallgrenze auf 1.600m gestiegen ist. Es ist also zu warm.
Mein Lavendel bestätigt das – er versucht schon wieder, zu blühen. Erfolgreich. Aber die letzten Bestäuber, die ich noch Mitte November verwirrt durch die Gegend fliegen sah, haben wohl doch endlich die Flügel gestreckt.
So war 2023 zwar das wärmste Jahr aller Zeiten seit Aussterben der Dinosaurier, aber das wird irgendeinen Horst-Walter aus Hinterpolda nicht dran hindern, im Internet darauf hinzuweisen, daß es bei ihm gerade wieder regnet. Da ist bestimmt diese Migration dran schuld!
Gleichzeitig war 2023 vermutlich das kühlste Jahr, das die Generation meiner Nichte jemals erleben wird und ich wette ein Eis drauf, daß der aktuelle Rekord Ende 2024 schon wieder keiner sein wird.
Wie sagte Kassandra dereinst: wir werden nicht zwingend Wasermangel kriegen in der Klimakatastrophe, deutsche Version. Wir werden ein Problem bekommen mit der Verteilung des Wassers über das Jahr. Tja.

01. Januar
Gestern haben Menschen um Mitternacht ganz Deutschland in eine Freizeitversion der europäischen Ostfront verwandelt und dabei wieder einmal 200 Millionen Euro in die Luft gejagt. Wir haben ja nix und alles ist zu teuer.
Ohne jetzt spoilern zu wollen: dieser Aspekt des Alltags wird sich 2024 nicht verbessern. Mein Wort drauf.
Wir hätten die Produktion von Hirnschmalz nicht einstellen sollen in Europa, denn daran herrscht schon seit mindestens 30 Jahren zunehmende Knappheit.
Woanders ist derweil der Knall, der so klingt, als hätte gerade einer die halbe Innenstadt gesprengt, tatsächlich eine echte Rakete, die womöglich die halbe Innenstadt gesprengt hat. Mich hat beim Einkaufen bisher noch immer niemand beschossen, was ich durchaus begrüßenswert finde. Continue reading →

Das Wort zur Weihnacht

Aus dem Prinzip Hoffnung das Prinzip Hoffnungslosigkeit zu machen, ist die einzige Möglichkeit, in dieser zunehmend wahnsinnigen Welt nicht selbst den Verstand zu verlieren, von dem man nicht einmal sicher weiß, ob man ihn hat.
Präsident Snow fragt in „Hungerspiele“ seinen Nachrichten-Propagandisten Seneca, warum immer einer der Tribute überleben müsse. Die sofort nachgelieferte Antwort des Chefdiktators ist: Hoffnung.
»Hoffnung«, so sagt er, »ist stärker als Furcht.« So lange man diese unter Kontrolle halten könne, natürlich.

Der Präsidator übersieht dabei etwas Entscheidendes. Es gibt etwas, das noch stärker ist als Hoffnung und dieser ebenso überlegen wie die Hoffnung der Furcht. Verzweiflung. Die aus Hoffnungslosigkeit geborene Verzweiflung.
Das ist auch der Grund, warum am Ende des Films nicht zugelassen werden kann, daß beide Tribute aus Distrikt 12, in den Medien von Capitol als das tragische Liebespaar vermarktet, in gemeinsamen Suizid die Hungerspiele beenden. Denn dies hätte ohne Zweifel Hoffnungslosigkeit zur Folge und die wiederum läßt sich nicht kontrollieren. Einen sprichwörtlichen „Funken Hoffnung” kann das totalitäre System immer für sich und seine Kontrolle ausnutzen. Einen Funken Hoffnungslosigkeit gibt es nicht. Hoffnungslosigkeit ist ein Vulkanausbruch.

Der Kapitalismus nutzt immer den Funken Hoffnung aus. Irgendein ausgebeuteter Trottel kann immer davon überzeugt werden, daß er morgen selbst zu denen da oben gehören wird. In der Präsidentenloge. Oder zumindest zu denen da unten, im Zuschauerraum, im exklusiv handverlesenen Jubelperser-Publikum, während oben auf der Bühne die Tribute für die Hungerspiele Revue passieren. Es ist deshalb so einfach, die Hoffnung auszunutzen, weil Menschen mit Wahrscheinlichkeiten sehr schlecht umgehen können. Oder mit Systemtheorie.
Klar gibt es überall Überflutungen oder Dürren oder Kriege oder Hunger. Aber doch nicht bei mir. Klar gibt es Leute, die bei 44°C auf der Straße überleben müssen. Aber doch nicht ich. Menschen sterben. Ja, aber ich doch nicht. Da wird doch irgendwer bestimmt was erfinden.

Das ist der Grund – oder zumindest ein Grund – warum es tatsächlich Leute gibt, die sich nach ihrem Tod den Kopf abschneiden lassen, damit der in flüssigem Stickstoff eingefroren noch ein Jahrhundert aufbewahrt werden kann.
Wie bescheuert kann man eigentlich sein und darf trotzdem offensichtlich zu viel Geld haben? Ich meine, hat mal jemand Lauch eingefroren und das Zeug dann in der Küche wieder aufgetaut? Eben.
Aber angenommen, in 100 Jahren findet tatsächlich jemand eine Möglichkeit, gefriergetrocknete Gehirne wieder in lebende Menschen zu verwandeln. Warum stellen sich diese Typen niemals die naheliegende Frage?
Sie lautet: Warum sollte ein verdammtes Genie im Jahre 2123 ausgerechnet deinen Kopf wieder lebendig machen wollen?
Immerhin hat der ehemalige Eigentümer seine Dummheit klar zur Schau gestellt, sonst hätte er seine Rübe nicht tiefkühlen lassen. Und wie hoch wird dann eigentlich die verdammte Stromrechnung sein?
Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Auftau-Hirn aus dem frühen 21. Jahrhundert einen Bergbau-Robot steuern wird, der Sklavenarbeit im Asteroidengürtel leisten muß, ist sehr viel höher als die Wahrscheinlichkeit der eigentlichen Wiederbelebung. Aber das hält Leute mit gern ererbtem Vermögen nicht davon ab, Futurama für eine Dokumentation zu halten.

Leute, die an so eine Welt glauben, hielten soeben wieder eine Klimakonferenz ab. Die Ölindustrie hat diesmal auf das scharenweise Entsenden von Lobbyisten verzichtet. Die waren ohnehin alle schon da, denn die Konferenz fand in Dubai statt. Die frei gewordenen Plätze wurden dann von der Fleischindustrie gebucht, die massiv aufgetischt hat, um alle Welt davon zu überzeugen, daß unsere industrielle Fleischproduktion ein Weg in eine ökologisch nachhaltige Zukunft ist.
Der König von England ist nach Dubai geflogen, denn er hielt dort die Eröffnungsrede, die betont, wie unfassbar wichtig es ist, den Planeten zu retten und wie knapp die Zeit dafür. Verdammt! Warum hat uns das vorher niemand gesagt? Wenn doch der König von England bloß jemanden kennen würde, der da was unternehmen könnte!
Einen Tag vorher eingetroffen war der ebenfalls schwerreiche Milliardär Rishni Sunak, der Premierminister Brexitanniens. Was er da wollte, weiß ich nicht, ist aber auch irrelevant. Die britische Regierung weiß schon seit Jahren direkt nach dem täglichen Brunch im Puff nicht mehr, was sie eigentlich beim Aufstehen wollte. Vermutlich wollte er weitere Öl-Konzessionen an die Dubais verkaufen. Oder die Saudis.
Sowohl der König als auch der Premier sind im Privatjet angereist. Also, jeder in seinem eigenen, ist klar. Die anderen 80.000 Lobbykraten sind in der Business Premium Class in den Wüstenstaat geflogen, nehme ich an. Danach dann Lobbyisten-Plausch in angenehm klimatisierten Wandelhallen, errichtet auf den Gebeinen von ein paar tausend fernöstlicher Sklavenarbeiter. Aber das Panda-Steak ist bio.

Ein urgenialer Vorschlag ist auch die Verdreifachung der Nuklear-Kapazität in der Energieerzeugung weltweit bis 2050.
Warum habe ich nur das Gefühl, dass dabei sehr viele Bauruinen entstehen werden, die pro Stück 20 Milliarden Euro kosten, weiter strahlenden Müll produzieren, aus jeder Menge leckerem Beton bestehen und die allesamt auf Uran angewiesen sind, das es schon aktuell am Weltmarkt nicht mehr gibt?
Ich weiß es auch nicht, warum dieses Gefühl der Verarschung in mir aufkommt, aber so ist es eben. Eventuell liegt es daran, daß Nuklearenergie aktuell etwa 10 Prozent des weltweiten Energiemixes ausmacht und eine Verdreifachung somit noch immer nur 30 Prozent globaler Energie erbrächte. Bei nicht weiter steigendem Bedarf, versteht sich. Davon abgesehen müsste man uralte Reaktoren natürlich austauschen, statt sie immer ewig weiter zu verlängern.
Irgendwie kann ich mich auch des Verdachts nicht erwehren, daß mit der Begründung »Wir bauen doch AKWe« bestimmte Personenkreise vernünftige Energieprojekte wie Windparks und Solarfarmen dann nicht bauen werden. Geht dann ja auch nicht mehr, weil jemand anders die Subventionskassen leersaugt. Diese Dinge wären schneller zu errichten, sehr viel kostengünstiger und könnten sogar in Europa vor Ort gebaut werden. Und dezentral verwaltet. Wie es bei regenerativen Energien auch mal gedacht war.
Bevor dann drei Bundesregierungen in Folge die deutsche Solarwirtschaft ruinierten, die Windkraft sabotierten und die fossilen Energiekonzerne mit üppigen Subventionen in den Markt haben grätschen lassen, damit diese mit der windigen Begründung »Das kostet Milliarden und das können nur wir!« diese Sache mit dem dezentral auch kaputtmachen konnten. Ach ja, „Entschädigungen” für den völlig unerwarteten und viel zu frühen Kohleausstieg gab es auch noch.
Darum gibt es Windparks in der Nordsee, die ohne Stromanschluß ans Land geplant werden, die der Betreiber aber trotzdem abrechnen darf, als würden sie Strom produzieren, denn rein theoretisch könnten sie das ja. Falls jemand nach Gründen für gestiegene Strompreise sucht, würde ich mal ein paar Leute in Berliner Büros fragen.
Aber natürlich können wir AKWe heute kleiner machen. Dann produzieren wir die Teile in der Fabrik vor und bauen das Ding dann statt dem Spielplatz um die Ecke auf, mitten im Wohngebiet. Wer braucht Sicherheitsabstände? So’n Gebäude wirft ja keinen Schatten auf den gutbürgerlichen Balkon, das ist keine Teufelstechnik wie diese Windräder.

Dieses Konzept nennt sich „Small Modular Reactor“. Was? Ach so, Nein.
Das war der Name in den 1950ern, als diese neuartige Technik aufkam, die heute von den Nuklear-Fantasten propagiert wird. Damals™, als Autokonzerne ernsthaft behaupteten, sie würden nächstes Jahr endlich dieses atomar angetriebene Auto auf den Markt bringen, daß einen Doc Brown 30 Jahre später so richtig neidisch gemacht hätte. Nur ist daraus aus unerfindlichen Gründen nie etwas geworden. Außerdem wäre dann der Film nie gedreht worden.
Aber das war in diesem Gestern, das unser enormer Fortschritt natürlich längst hinter sich gelassen hat beim Fortschreiten. Heute haben wir hier – Trommelwirbel! – „Advanced Small Modular Reactors“.
Die sind natürlich viel besser und gehorchen anderen Naturgesetzen, sie sind ja schließlich „advanced“. Daher brauchen die Reaktorkerne weniger oder keine Kühlung, weil…wir sie mit Konzepten kühlen, die wir alle schon ausprobiert haben vor 50 oder 40 Jahren und die sich alle als unbezahlbar, technologisch irre riskant oder noch gefährlicher als Wasserkühlung erwiesen haben.

Es ist aktuell schwieriger, alle Genehmigungen für zwei Solarpaneele am eigenen Balkon zu bekommen, als ein neues AKWe zu versichern. Das hat nämlich gar keine Versicherung, weil keine Gesellschaft so blöde ist, dieses Risiko zu übernehmen. Im Gegensatz zum gemeinen SUV-Fahrer, der tatsächlich eine Haftpflichtversicherung für sein Fahrzeug benötigt, die er selbst bezahlen muß, bekommt ein nuklearer Neubau automatisch Bürgschaften vom Staat. Also ist zumindest eine Gesellschaft blöde genug, das Risiko zu übernehmen. Auf die Regierenden und die Polit-Kaste im Allgemeinen ist eben Verlaß. Wirklich gefragt hat man die Gesellschaft allerdings nie, soweit ich das weiß.
Tatsächlich sind auch die „Advanced“ Reactors so konkurrenzfähig, daß sie keiner mehr bauen möchte, einfach weil Wind und Solar günstiger sind. Dabei haben wir das Treibstoffproblem noch gar nicht angeschnitten.
Irgendwie würde ich als Einhorn-Diktator Deutschlands lieber 20 Milliarden in die Hand nehmen und damit die Forschung an Speichersystemen finanzieren wollen. Das erscheint mir vernünftiger.

Die 20 Milliarden sind auch kein Problem. Die finden wir sogar jährlich, wenn es sein muß. 43 Milliarden gehen als direkte oder indirekte Subventionen an die Fossil-Konzerne. Die jährliche Steuerhinterziehung auf Konzernebene wird in Deutschland auf etwa 100 Milliarden geschätzt. Da kommt so ein abgehalfterter Wurstfabrikant mit angeschlossenem Fußballverein aus Deutschlands Süden nicht annähernd ran. Echt fette Steuerhinterziehung muß man sich eben leisten können. Alleine mit diesen beiden Punkten hätten wir die virtuellen Fehlbeträge im aktuellen Etat simpel gedeckt und noch Geld übrig, sogar nach meinen jährlichen Beträgen für die Speichersysteme.

Hat eigentlich noch jemand so gelacht wie ich, als ausgerechnet die CDU, diese Partei der schwarzen Kassen und der jüdischen Vermächtnisse, die größte Nachfolgeorganisation der NSDAP und der SED auf deutschem Boden, die aktuelle Regierung verklagt hat wegen illegaler Umwidmung von Haushaltsposten?
Gut, wenn sich wer mit illegalen Haushalten auskennt, sind es sicherlich die Unionsparteien. Gelacht habe ich trotzdem.
Derselbe Friedrich Merz, der damit erfolgreich den gesamten Bundeshaushalt torpediert hat, war sich dann nicht zu schade, beim grünen Wirtschaftsminister um Geld zu betteln – aus dem Fonds, den es jetzt nicht mehr geben darf und den es mit einer CDU-Regierung gar nicht erst gegeben hätte.

Natürlich kam von den gelben Lichtern in der Berliner Ampel auch sofort ein super Vorschlag, wie man die nicht existenten 60 Milliarden denn wieder einsparen könne: der Sozialstaat ist zu teuer. Kann ja nicht sein, daß ALG-II-Bezieher 12% Erhöhung ihrer Bezüge kriegen.
Ein kurzer Griff in die Geschichte: als Herr Hartz 2002 sein Konzept zur Schredderung des Sozialstaats dem neoliberalistischem U-Boot G. Schröder vorlegte, kamen etwa 500€ pro Monat als persönlicher Satz raus.
Das war den Arschlöchern Clement, Müntefering und Schröder aber zu teuer, woraufhin Peter Hartz Anweisung erhielt, sich an der damaligen Sozialhilfe zu orientieren und nicht am durchschnittlichen Arbeitslosengeld I, wie er das getan hatte.
Die „Erhöhung“ von Hartz 4.5 zum Januar 2024 bedeutet also, daß dieser Sozialsatz 20 Jahre nach seiner Einführung etwa die Höhe erreicht, die schon 2004 angemessen gewesen wäre. Eventuell sollte man das als Wähler bei der nächsten Diätenerhöhung im Bundestag mal kurz überdenken.
Irgendwie ist mir auch das Plädoyer der FDP/CxU/spd entgangen, das da lautet: »Erhöht die Löhne und Gehälter im Land.«
Denn damit hätten Menschen mit Arbeit klar mehr Geld als solche ohne. Hatten sie übrigens immer, ganz nebenbei. Jeder Politiker, der in Zukunft nochmal was von „Schlaraffenland” erzählt, würde in meiner Einhorn-Diktatur einfach sein Mandat verlieren und die nächsten zehn Jahre ins Schlaraffenland Bürgergeld verbannt. Stellt euch mal Christian Lindner im Sozialkaufhaus der Caritas beim Staubwischen vor. Bei einer nützlichen Tätigkeit!
Aktuell gehen die Propagandisten der CxU gerne mit einer Umfrage hausieren, die besagen soll, daß viele Angestellte kündigen wollen, um lieber Bürgergeld zu beziehen. Das ist natürlich erstunken und erlogen und lediglich dem erbärmlichen Menschenbild unserer parlamentarischen Großverdiener geschuldet.
Um hier mal Wolfgang Kubicki zu zitieren: Es geht euch einen Scheißdreck an, was ich noch nebenbei verdiene!
Sagen Sie das mal dem Finanzamt als Privatmensch. Oder googlen Sie mal den Satz. Sie werden jede Menge Tips bekommen, wie Sie nebenbei Geld verdienen können. Jobs zum Stundensatz von Kubicki sind aber nicht dabei.

Korrekt in Sachen Umfrage ist, daß die zitierte Aussage vor allem den Niedriglohnsektor betrifft.
Der Mindestlohn soll aber zum Januar nur um 41 Cent pro Stunde steigen, so hat es die allmächtige Kommission unter Zustimmung der Opposition beschlossen. Als es daraufhin Kritik gab, murmelte Oppositionsführer Merz, man müsse die Entscheidung einer unabhängigen Kommission einfach mal akzeptieren. Es sei denn natürlich, diese beschäftigt sich mit dem seit 20 Jahren künstlich runtergerechneten Existenzminimum, also Bürgergeld/Olaf I.
Hätte man den Mindestlohn mit Verweis auf die nicht unerhebliche Inflationsrate auch einfach um zwölf Prozent erhöht, somit also auf €13,44/h, wäre diese Geisterdebatte nicht schon wieder vom Zaun gebrochen worden.
Witzigerweise kommt meine Berechnung recht nah an die Forderung des CDA heran. Das ist der – man mag es kaum glauben – Teil der CDU, der seine letzten Hirnzellen noch nicht im politischen Bierzelt versoffen hat.
Und hatte ich schon erwähnt, daß irgendwie keines der Arschlöcher im Parlament, die ständig auf die Nichts-Habenden einprügeln, jemals dafür plädiert hat, die Löhne und Gehälter deutlich anzuheben, um das angebliche „Lohnabstandsgebot“ wieder einzuhalten? Dann habe ich das jetzt.
Auch der Herr Arbeitgeberpräsident im verlinkten Artikel kritisiert ausdrücklich die Erhöhung des Bürgergelds, nicht etwa die erbärmliche Mindestlohn-Anpassung. In England steigt der Mindestlohn übrigens zum 01.01.24 um 10 Prozent. In England. Diesem Inselstaat vor den Kontinentalküsten, der bis neulich noch von einem Meerschweinchen auf Crack regiert worden ist.
Es sei darauf hingewiesen, daß das Lohnabstandsgebot auch nur eine Phrase ist, die sich menschenhassende Konservative vor Jahren aus dem Allerwertesten gezogen haben, damit sie weiter Arbeitslose rhetorisch diskriminieren können.
Ansonsten könnte man auch mal über den Lohnabstand zwischen Firmenvorständen und Angestellten diskutieren. Ich fahre morgen wieder Bahn und soweit ich weiß, kriegen weder mein Schaffner noch mein Lokführer 400K extra allein im Dezember, weil sie so super Arbeit geleistet haben. Der Bahnvorstand schon. Gerne auch pro Nase.
Seltsamerweise habe ich aber auch hier nicht in Erinnerung, daß dieser Aspekt von der CxU, der „FDP” oder der ehemaligen spd mal erwähnt worden wäre in den letzten 25 oder 30 Jahren.
Wer hat in diesen Jahren eigentlich den Kanzler gestellt? Eventuell sollte man das als Wähler vor der nächsten Wahl zum Bundestag mal kurz überdenken.

Bild: Oppositionsführer F. Merz bei besinnlicher Weihnachtsmeditation
Hier ist der grundsympathische Mann vertieft in das Kochbuch zum Weihnachtsessen in seiner Sauerländer Wahlkreis-Kneipe.

Der heute in Wirtschaft und Politik vorherrschende Rückzug auf zutiefst dogmatische Positionen, einer zunehmenden kognitiven Dissonanz zwischen der echten Realität und den eigenen gefühlten Wahnvorstellungen über die Struktur dieser Realität geschuldet, ist keine Zukunftsgestaltung.
Es ist Irrsinn. Es ist religiöser Fanatismus mit Inquisition. Leute, die beim Wort Staatsschulden sofort aufschreien und schmerzgepeinigt vor den Medien etwas davon erzählen, daß man an die Zukunft der Kinder denken müsse, haben keinerlei Probleme damit, eben diese Kinder als Terroristen zu diffamieren und in den Knast zu sperren, weil die sich womöglich auf einer Straße festgeklebt haben.
Wenn irgendwelche SUV-Dosenschubser etwas von ihrem Grundrecht auf ungehindertes Autofahren faseln, warum ist der Verkehrsminister dann eigentlich kein Terror-Anführer? Denn das Konzept, Deutschland von Nord nach Süd und Ost nach West in eine einzige, 800-spurige Autobahn zu verwandeln, scheint ja nun seit 50 Jahren diese ungehinderte Beweglichkeit eher zu behindern als zu befördern.
Überhaupt sehe ich immer dümmere Autofahrer in offiziell immer intelligenten Autos umherkutschieren, die immer fetter werden. Sowohl die Fahrer als auch die Autos. Aber am Ende ist dann die Parkbox zu klein und nicht etwa die Karre zu fett.
Würde eine landesweite Supermarktkette eingangsnahe Parkplätze für Lastenfahrräder umwidmen, wäre Deutschland einer Revolution so nahe wie seit 200 Jahren nicht mehr. Rauchsäulen würden aufsteigen über dem Land, wenn sich empörte Pick-Up-Benutzer an den Ladenkassen in die Luft sprengten, um gegen diesen Eingriff in ihre eingebildete persönliche Freiheit, sich wie das letzte Arschloch zu verhalten, zu protestieren. Falls sie den weiten Weg bis dahin schaffen natürlich, wenn sie zwanzig Meter weiter weg parken müssen.

Gestehen wir es uns ein: wir werden von Irren regiert, die von Bekloppten gewählt werden. Demokratie als Konzept ist zwar eine nette Idee, hat aber gegen den radikalen Marktkapitalismus und seine Propaganda keine Chance. Überhaupt ist es ein weiterer Mythos, daß Kapitalismus ein Partner der Demokratie ist. Die Wahrheit ist, daß Kapitalismus die Demokratie haßt. Sie ist ihm hinderlich. Kapitalismus ohne Regularien und der sogenannte Freie Markt™ sind wie ein Besoffener im eigenen Wohnzimmer, der in die Topfpflanze kackt, um sich dann lauthals drüber zu beschweren, daß es stinkt. Und wenn dann einer saubermacht, gibt einem der Penner noch Tips zur Pflanzenpflege.
Leute faseln in offiziellen Gremien ernsthaft etwas von „Ökodiktatur”, wenn es um ein Tempolimit geht, und niemand ruft den Arzt. Stattdessen gibt es Applaus von Leuten, die Naturgesetze ernsthaft für eine demokratische Veranstaltung halten.
Am Ende werden einige von ihnen womöglich Premierminister und erzählen was von 1,5°C-Zielen. Wenn sich die verdammte Realität nicht an dieses politisch verordnete Ziel hält, ist weder die Politik schuld noch die Wirtschaft, die der Politik vorgibt, was sie zu tun hat.
Nein, es muß Schuld der Realität sein. Irgendwer findet sich da schon, den man für sein eigenes Totalversagen verantwortlich machen kann, ob jetzt im Parlament oder an der Wahlurne. Hauptsache, man selbst ist es wieder einmal nicht gewesen.

In meiner Ökodiktatur würde ich nicht mich an einer Straße festkleben, sondern die SUV. Der durchschnittliche Berliner Autofahrer würde nicht einmal einen Unterschied bemerken, vermute ich.
Ich würde den globalen Flugverkehr nicht mit „grünem Kerosin” krampfhaft aufrechterhalten wollen, sondern ihn schlicht verbieten. Bis auf das eine Prozent, das für superwichtige Dinge tatsächlich notwendig ist.
Dasselbe gilt für blauen, grünen, orangenen oder von mir aus auch gestreiften Wasserstoff, der von der Chemie- und Stahlindustrie immer wieder als Wundertechnologie angepriesen wird. Da muß der Staat jetzt aber massiv investieren! Nein, muß er nicht. Das könnten einfach mal die Industrien tun, die mit dieser Geistertechnik schlicht weiter business as usual betreiben wollen. Schließlich wollen sie hinterher auch die Profite weiter einsacken, die sie auch bisher mit der Vergiftung des Planeten eingesackt haben. Freier Markt™ und so.

Falls sich Kalle aus Wanne-Eickel dann aufregt, weil er mit dem Boot nicht nach Malle kommt, würde ich politisch dasselbe machen wie alle anderen Parteien seit Jahrzehnten: ich scheiß‘ auf Kalle und der wählt mich dafür gleich nochmal. Bei CxU und spd funktioniert das schließlich auch.
Soll der Penner halt Urlaub am Baldeney-See machen. Überhaupt: Urlaub?
Der Jahresurlaub für alle, die nicht mindestens 100.000€ pro Monat nach Hause schaufeln, wird komplett abgeschafft. Schließlich wird demnächst wieder alles teurer, wenn das Rote Meer für den so superwichtigen Welthandel gesperrt wird.
Irgendwer muß den Konsum schließlich aufrechterhalten, was will Kalle da mit Urlaub? Überstunden schieben soll er! Zum Mindestlohn am besten. Denn wenn der Konsum nicht stimmt, könnten diejenigen, die mindestens 100.000€ pro Monat nach Hause schaufeln, womöglich nur noch 97.326€ haben und wovon sollen die dann leben?
Falls irgendwer glaubt, das habe ich mir ausgedacht: exakt das ist das Parteiprogramm der CxU, der spd oder der „FDP“ in Kurzform. Seit Jahrzehnten. Gerade jetzt sollte man darüber nachdenken, bei nächster Gelegenheit einen Grünen ins Kanzleramt zu wählen. Die deutsche Rüstungsindustrie muß auf Vordermann gebracht werden und keine Partei ist besser dafür geeignet als die ehemals Friedensbewegten.

Falls Kalle sich dann weiter aufregt, kommt er einfach präventiv mal in Haft und außerdem hören wir sein Smartphone ab und seinen Computer auch. „Die ganze Härte des Rechtsstaats” und so. Das ist doch bei solchen Leuten immer sehr beliebt und sollte der Kassandra-Partei weitere Stimmen einbringen.
Der Witz ist, daß all diese Dinge ohnehin passieren werden. Ob die Politik das aktiv betreibt oder nicht. Denn wenn es darum geht, auf die Physik oder Politik zu setzen, weiß ich auf jeden Fall, wer dieses Spiel gewinnen wird.
Nächstes Jahr wird jedenfalls erstmal Präsident Snow wieder ins Weiße Haus gewählt, was eine frische Runde im „War on Reality“ bedeuten dürfte. Auf die dummen Gesichter meiner europäischen Politik-Helden freue ich mich schon jetzt. In diesem Sinne erhebe ich geistig den Glühwein und wünsche allerseits fucking Fröhliche Weihnachten.


Das Beitragsbild zeigt Obdachlose in ihren Behelfs-Zelten in London. Es stammt aus dieser Quelle
Photograph: Andy Rain/EPA

Standortbestimmung

»It pays to keep an open mind, but not so open your brains fall out.«

Carl Sagan

Ich liege auf einer Wiese. Um mich herum sind einige Dutzend andere Menschen, nicht weit entfernt.
Die Kinder der beherrschenden Art unseres Planeten sind ebenfalls nicht weit entfernt, man kann es deutlich hören. Die Zahl menschlicher Lebensformen auf der Erde hat die acht Milliarden inzwischen überschritten. Wenn wir noch einige Jahre so weitermachen, wird es bald dreimal so viele Menschen auf der Erde geben wie zum Zeitpunkt meiner Geburt.

Allerdings ist diese Zahl eigentlich nicht besonders beeindruckend, wie mein Gehirn einen Moment später hinter meinen geschlossenen Augen feststellt. Immerhin wimmeln hier ziemlich viele Insekten zwischen den Blumen hin und her, die Ameisen gibt’s da natürlich auch noch und was ist eigentlich mit dem ganzen Gewimmel im Boden, das ich ohne Mikroskop ohnehin nicht erkennen kann ?
Na schön, die sind alle natürlich viel kleiner als so ein menschlicher Körper, das verschafft ihnen irgendwie einen Vorteil, den ganzen kleinen Biestern. Aber dieses Leben ist da, ohne Zweifel.

Noch Ende der 60er Jahre wurde der Antrag einer Biologin auf Forschungsgelder in den USA mit den Worten abgelehnt:
„Ihre Forschung ist Scheiße. Reichen Sie nie wieder einen Antrag ein.”
Das war über drei Jahrhunderte, nachdem ein cleverer Holländer namens Antoni van Leeuwenhoek das erste Lichtmikroskop entwickelt hatte. In den Jahren danach durchleuchtete der gelernte Tuchhändler damit wortwörtlich die Welt, entdeckte die Mikroorganismen, die Spermatozoen, die Blutkörperchen – parallel mit anderen Forschern  – und teilte diese Erkenntnisse in diversen hundert Briefen mit anderen Menschen seiner Zeit und der Royal Society in London.
Er wurde somit zum Urvater des Faches, das Lynn Margulis damals studierte, denn sie war die Mikrobiologin mit dem abgelehnten Antrag. Und Bakteriologin.

Der revolutionäre Vorschlag, dass diese kleinen Tierchen in einem Wassertropfen womöglich Einfluß auf Menschen ausüben könnten, sie etwa krank machen oder so was in der Art, kam bereits gegen Ende des 17. Jahrhunderts auf, in dem van Leeuwenhoek durch seine immer besser werdenden Mikroskope blickte, wurde dann aber bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts erst einmal wieder ignoriert bzw. nicht systematisch weiter verfolgt.
Lynn Margulis wiederum reichte als erste erfolgreiche Arbeit ‚On the origin of Mitosing cells‘ ein, im Jahr 1967. Der Artikel wurde von mehr als einem Dutzend Fachjournale rundheraus abgelehnt, bevor er erschien.
Die hier etablierte These, dass Zellorganellen wie Mitochondrien oder Chloroplasten früher einmal selbstständige Zellen gewesen sind, die im Laufe der Mikro-Evolution dann mit größeren Verbänden verschmolzen und so erst „moderne” Zellen haben entstehen lassen, war den Sesselfurzern in den akademischen Bewahranstalten der damaligen Zeit offenbar zu abwegig. Continue reading →

Der faule Frieden

Und Titania sprach:

»Wollen wir etwas Konkretes wie das Manifest von Schwarzer und Wagenknecht diskutieren? Wer schließt sich an, wer ist der Meinung bei den beiden Frauen handelt es sich um “Putinversteherinnen”? (Ist das eigentlich ein amtliches Schimpfwort?)«

Könnte man machen. Aber warum?
Es ist in meinen Augen das übliche Gerede von Wohnzimmer-Aktivisten (w), die ihr Manifest mit Sätzen einleiten wie: »Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität.«

Und dann ist aber das Einzige, was die beiden Nachteulen anzubieten haben, der absolut arrogante und brechreizerregende Vorschlag, man »müsse halt Kompromisse machen«. Hauptsache, Frieden. Möge die Pasta wieder billiger werden. Oder so.

Wie man sich erinnert, ist ja auch der Zweite Weltkrieg dank mutiger Verhandlungen beendet worden und dafür mußte lediglich Westeuropa einschließlich Großbritanniens einer Besetzung durch Nazideutschland zustimmen. Als Kompromiss einigte man sich dann auf 99 Jahre und ließ sich von Hitler den anschließenden Rückzug deutscher Truppen auf das Reichsgebiet von 1937 zusichern. Warum sollte man dem Mann auch nicht vertrauen wollen? So ein netter Mann. Ein Politiker, der zu seinem Wort steht.

Nein. Ich finde, die einzigen Leute, die mit Putin verhandeln können, sind die Ukrainer. Entweder die Regierung. Oder die Bevölkerung, die das von ihrer Regierung entsprechend fordert. Natürlich könnte auch Putin durchaus Friedensverhandlungen eröffnen. Bisher sind aber aus Moskau nur Sätze zu hören wie »Wir hätten gerne alle besetzten Gebiete behalten und außerdem wollen wir die restliche Ukraine ohne Bündnispartner und Waffen haben, damit wir sie jederzeit wieder überfallen können.«
Frieden sieht anders aus.

Wie also soll denn der Kompromiss aussehen, den Alice Wagenknecht und Sahra Schweizer…ähmmm, Schwarzer da forden? Putin besetzt erstmal nur die östliche Hälfte der Ukraine bis zum Dnjepr?
Warum poste ich hier eigentlich Bilder von Chamberlain in diesem Blog? Eben.
Ich bleibe dabei: es wäre so einfach für Putin gewesen, sein Nachbarland nicht zu überfallen. Und so lange er das nicht läßt und seine Armeen wieder hinter die internationalen Grenzen der Ukraine zurückzieht – also auch von der Krim runter – so lange liefern wir alles, was wir an Waffen finden können, in Richtung Kiew.
Das wäre der Kompromiss, den ich einem Wladimir Putin ansagen würde. Es wäre schön, wenn die Politik des Westens und/oder der Ukraine das ebenfalls mal so deutlich formulieren würde. Kriegsziele, so hätte man das früher mal genannt. Im Gegensatz zur russischen Bevölkerung sollte uns inzwischen klar sein, daß es eben ein Krieg ist. Kein »bewaffneter Konflikt« oder irgendeine andere euphemistische Scheiße, die sonst medial gerne benutzt wird in solchen Fällen.

Im Zweiten Weltkrieg nannten die USA das eine Politik des „unconditional surrender“. So weit muß man hier nicht einmal gehen. Aber Kompromiss-Manifeste, egal von wem sie unterschrieben sind, sind schlicht keine Debatte wert, die man ernstnehmen sollte. Das bei den Unterzeichnern jetzt der ehemalige militärpolitische Berater von Ex-Kanzlerin Merkel dabei ist, macht die Sache auch nicht besser.
Als Pazifist weiß ich ganz genau, daß man manchmal klar ansagen muß, daß es eins aufs Maul gibt, wenn jemand bestimmte Grenzen überschreitet. Die gesamte Gesellschaft funktioniert ausschließlich nach diesem Prinzip.
Absoluter Pazifismus nach Gandhi – dessen Anhänger übrigens beileibe auch nicht immer gewaltlos vorgingen – endet am Ende mit genau dem, was Wagenknecht und Schwarzer vorgeblich verhindern wollen. Mit entvölkertem, verwüstetem Land und verbrannter Erde.

Weder Wagenknecht noch Schwarzer sind Putinversteherinnen. Denn ansonsten würden sie den Blödsinn, den sie da zu fordern belieben, nicht fordern. Die Wagenknecht würde lernen, wie man ’ne Panzerhaubitze fährt und die Schwarzer würde Putin mit zusammengerollten Emma-Ausgaben beschießen.
Ausgerechnet eine abgehalfterte Ex-Feministin wie Schwarzer, die schon in den 70ern gegen übergriffige Männer vorging, kann jetzt vor lauter Kontoauszügen ihrer schweizer Steuerberater nicht mehr zwischen Täter und Opfer unterscheiden?
Diese Frau will heute einer völlig neuen Generation von Frauen ständig vorschreiben, was gefälligst Feminismus zu sein hat und was nicht. Sie ist die grantelnde Oma aus der Vorabendserie, die acht Stunden täglich Fenster putzt und immer alles über jeden weiß.
Wo und wann Frau Wagenknecht geistig aus den Schienen geflogen ist, erschließt sich mir nicht. Früher hat die mal Dinge gesagt, die politisch durchaus Hand und Fuß hatten. Aber so mancher Mensch hat sich im Alter oft in eine Karikatur seines früheren Ichs verwandelt. Ich nenne das den Joschka-Effekt.

Insgesamt bringen beide Frauen hier das Argument, die Frau solle halt mal aufhören, sich zu wehren, und die verdammte Vergewaltigung endlich genießen. Die Alice Schwarzer von 1975 hätte ihrem älteren Pendant dafür links und rechts eine gescheuert. Und die kleine Sahra hätte daneben gestanden und applaudiert. Aber so ändern sich die Zeiten.
In zwei Jahren weint die Linkspartei dann wieder rum und sucht nach Ursachen dafür, daß niemand sie mehr wählen will. So wie die ehemalige spd in Berlin, die es völlig unerklärlich findet, wenn man lieber gleich CDU wählt, statt weiter Franziska Giffey zu ertragen. Die wurde übrigens gestern von einem deutschen Leitmedium als »größtes politisches Talent Berlins« bezeichnet. Womit über den Zustand deutscher Medien und Politik so was von alles gesagt ist, wie es nur geht.

Frau Wagenknecht und Frau Schwarzer aber sollten sich, ebenso wie die Unterzeichnenden, am besten erst einmal den Unterschied zwischen Frieden und Friedhofsruhe vergegenwärtigen, bevor sie das nächste Unsinns-Pamphlet in die Welt setzen.

Guten Abend. Zurück ins Sendestudio.


Die Debatte über das Manifest ist natürlich in den Kommentaren gern eröffnet. Dies hier ist nur meine Ansicht dazu. Bis neulich! 🙂

Zwanzigzweivierdreiundzwanzig

Deutschland, 31. Dezember 2022

Der Typ vor mir legt aus etwa 2,15m Höhe ein halbes Dutzend Corona-Schnelltests auf das Kassenband des Drogeriemarkts. Maske trägt er, im Gegensatz zu mir, keine.
Offensichtlich haben wir andere Prioritäten zur Vermeidung weiterer oder erstmaliger Infektionen. Ich habe einfach kein halbes Dutzend Leute im Haus am Silvesterabend. Aber irgendwie ist das alles sehr symbolisch für das ablaufende Jahr, wie ich finde.
Ich weiß z. B. gar nicht, warum ich überhaupt einkaufe. In meiner Bude kann ich vermutlich vier Wochen überleben, ohne daß ich vor die Tür müßte. Einschließlich Körperpflege. Jedenfalls, solange Strom und Wasser weiter zuverlässig funktionieren. Im ersteren Falle würde letzteres ausfallen, aber verhungern würde ich dann immer noch nicht. Wie? Was?
Ja natürlich fällt ihre Wasserversorgung ohne Strom aus, was dachten Sie denn?
Die geschätzt achthundert Milliarden Wasserpumpen in diesem Land laufen nicht mit magischen Hamstern, sondern Elektronen aus der Leitung. Falls Sie in einer Kommune leben sollten, deren Frischwassersystem mit simpler Gravitation angetrieben wird: Glückwunsch. Und nicht vergessen, den tapferen Kanalarbeitern gelegentlich mal einen Obulus rüberzureichen für die Drecksarbeit der Instandhaltung.

Also…wo war ich? Ach, Einkaufen. Eigentlich wollte ich nur eine Runde mit dem Rad drehen, weil es so unfassbar geiles Wetter ist. Kassandras Umfeld erwärmt sich am heutigen Tage auf bis zu 16°C und da Temperatur physikalisch ja nichts anderes ist als ein Maßstab für die Bewegungsfreudigkeit von Molekülen im Moshpit, lag der Gedanke an ein kurzes Ründchen Frischluft durchaus nahe.
Vor zwei Wochen war das unmöglich, da sogar hier, in dieser eher milden Gegend, alles erstens vereist und zweitens nicht geräumt war. Also, aus Radfahrersicht. Natürlich kann man auf der örtlichen Landstraße, die zur Autobahn führt, auch mit dem Rad fahren. Wenn man sehr depressiv ist und so recht keine Lust mehr hat, beispielsweise.
Ich persönlich hätte gerne auf der rechten Seite einfach einen ebenso breiten Radweg wie auf der anderen, denn alleine dieser Platzverlust würde dafür sorgen, daß die einheimischen Dosenschubser nicht mit 110 statt der erlaubten 70 km/h an mir vorbeibrettern. Wobei das im Falle eines Treffers natürlich völlig egal ist. Tot ist man dann auf dem Rad so oder so.
Jedenfalls ist dieser Radweg ein Kreisradweg. Denn die Stadt hintendran ist kreisfrei. Hier fühlt sich niemand zuständig. Und es ist keine Autostraße. Also wird hier nicht geräumt oder gestreut oder jemand erschossen, weil er das nicht gemacht hat. Im Gegensatz zu ihrem Bürgersteig, sollte sich der Postbote da mal ein Bein brechen.
Etwa 100% aller Kommunen Deutschlands würden für die Nichtbeachtung ihrer Verkehrssicherungspflicht eigentlich in den Knast wandern müssen oder zumindest mit hohen Bußgeldern rechnen, wären sie Privatpersonen in eben diesen Kommunen.
Aber da stellt man besser mal ein paar Schilder auf, die besagen:
»Fuck you, Bürger! Was für dich gilt, muß für uns noch lange nicht gelten! Brich dir den Hals auf eigene Verantwortung! – Unterschrift: Oberhäuptling der Gemeinde.«
Das ist wie diese Sache mit den Kameras, die uns alle vor irgendwas beschützen sollen. Außer vor den Typen, die ständig überall neue Kameras aufstellen wollen. Polizei oder Feuerwehr oder so müßte man ja bezahlen. Oder Räumdienste.

Heute aber ist das anders. Ich lege die Jacke ab und wickle sie mir ums Kreuz. T-Shirt und Schal am 31. Dezember erweisen sich als exakt richtige Kleidung, während die Sonne meine lustigen Mitbürger beleuchtet, die gerade wagenweise Sprengstoff und Alkoholika aus dem Supermarkt nebenan karren, Inflation be damned.
Aber ich mußte ja unbedingt noch was Einkaufen. Man kann generell klug sein, aber trotzdem manchmal vereinzelt eher blödsinnige Entscheidungen treffen. Ein Mechanismus, der, vom Individuum auf die Spezies hochgerechnet, beim Untergang unserer Zivilisation nicht außer acht gelassen werden sollte.
Auf dem Weg nach Hause treffe ich auf eine Bande zukünftiger russischer Kleinkrimineller. Im Wortsinne, denn der älteste Zündler ist vermutlich etwa acht Jahre alt und hantiert mit genug Sprengstoff, um ein Loch bis zum Erdkern zu erzeugen. Ich beschleunige etwas, falls die Banditen sich gleich selbst entleiben. Immerhin könnten sie dann keine Nachkommen zeugen, denke ich, zufrieden darüber, daß Intelligenz zwar kein Evolutionskriterium ist, aber manchmal doch hilfreich zu sein scheint.

Am letzten Tag dieses endlich vergehenden Jahres stirbt auch noch Bendedikt XVI., der erste Deutsche auf dem Papstthron seit 1.000 Jahren und auch der erste Papst seit ca. 1623, der freiwillig auf dieses Amt verzichtet hat. Typisch Bayer, immer eine extra Weißwurst auflegen.
Ich habe keine Ahnung, wohin tote Päpste oder tote Jahre so gehen, aber wenn es eine Hölle gibt, hoffe ich zumindest für dieses Jahr inständig, daß es dort landet und sich zur Strafe seinen eigenen Rückblick anschauen muß. In Endlosschleife. Moderiert von Dieter Nuhr und Benedikt.
Ich habe auch keine Ahnung, wie Ex-Päpste eigentlich begraben werden, die vorher zurücktreten. Aber da bin ich in guter Gesellschaft mit dem Hofstaat des Vatikan, die wissen das vermutlich auch nicht. Deshalb schlagen sie es vermutlich gerade nach. Vor meinem gesitigen Auge erscheint Tom Hanks in seiner Rolle als Robert Langdon und wälzt staubige Pergamente in der geheimen Bibliothek des Vatikan. Es wird sich schon ein Ritual finden. Continue reading →

Die Banalität des Blöden

Hätte ich im Januar vorhergesagt, daß die Besten der Besten der Besten in Deutschlands Regierungsclique eine Taskforce leiten würden, die nur elf Monate nach der Zulassung des ersten Schnelltests für SARS-CoV-2 mal zusehen soll, ob man davon auch welche einkaufen kann, niemand hätte mir das geglaubt.
Hätte ich in meinem gern als Stilmittel genutzten Sarkasmus gesagt, daß dieses dynamische Duo aus Jens Spahn und Andi Scheuer bestehen würde, hätte mir das ebenfalls niemand geglaubt und es vor allem auch als völlig absurde Zukunftsentwicklung bezeichnet.
Warum nicht Nitro und Glycerin? Satan und Cthulhu? Pest und Cholera? All diese Möglichkeiten hätten sehr viel weniger Schadenspotential beinhaltet.

Das ist ein Problem der Zukunft, das ich vor langer Zeit, zu Beginn dieses Blogs einmal erwähnte. Manchmal nimmt sie chaotische Formen an, die letztlich nicht mehr vorhersagbar sind. Vorhersehbar auch nicht. Das große Muster bleibt davon unbeeinträchtigt, aber diese spezielle Zwischenphase ist in ihrer jeweiligen genauen Ausprägung etwas, das sich dem Zugriff der Psychohistorik entzieht.
So wie in Isaac Asimovs Foundation-Romanzyklus einige Jahrhunderte nach dem Beginn des Großen Plans ein Zufallsfaktor auftritt, der von mathematischen Funktionen nicht erfaßt werden konnte, kann dieses Ereignis auch in der Realität auftreten.
Üblicherweise ist es ein Ereignis, ein Dingsbums. Sehr viel seltener ist es eine einzelne Person. Im Roman nimmt die Störung der Zukunftsgleichungen exakt diese Form an. Eine Einzelperson, ein Mutant mit speziellen psionischen Fähigkeiten, tritt hier als irregulärer Faktor auf, der droht, den Tausendjahresplan mit seinem Wirken völlig scheitern zu lassen.

In den allermeisten Fällen wird das gesamte Gebilde aus Gleichungen, Wahrscheinlichkeiten und nichtlinearen Funktionen, die wir gemeinhin als „Zukunft“ bezeichnen, durch solche Dinge oder Personen nicht dauerhaft gestört.
Störung bedeutet hier, der gesamten Geschichte einen deutlich anderen als den vorher projizierten Verlauf zu geben. Anders bedeutet, sowohl zum Guten als auch zum Schlechten, denn diese Kategorien entspringen menschlicher Wertung.
Derartige Einflußnahme durch Einzelne ist natürlich trotzdem möglich. Der Mann, der George Washington nicht erschoß, hat mit Sicherheit den Verlauf des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges verändert. Das ändert nichts daran, daß man rein historisch nicht bewundernd vor dem Sieg der Amerikaner stehen sollte, sondern sich die Frage stellen muß, wie die überhaupt gewinnen konnten. Es gibt es noch mindestens ein Dutzend weiterer Stellen im Gewebe der Geschichte, an denen diese peinliche Revolte hätte scheitern können. Oder müssen. Alleine schon, daß es überhaupt dazu kam, war lediglich der Unfähigkeit einer größeren Gruppe geschuldet, nämlich der Regierung des Britischen Empire.
Insgesamt aber ist eine Unabhängigkeit Amerikas vom englischen Mutterland in der Geschichte nicht verwunderlich. Sie wäre so oder so eingetreten. Womöglich ein Jahrhundert später, dann wäre der Bürgerkrieg zum Krieg gegen die Briten geworden. Oder es hätte keinen der beiden Kriege gegeben. Aber die USA existierten heute trotzdem. Wobei sich aus den eben genannten Annahmen natürlich weitere – und durchaus interessante – Konsequenzen ergäben.
Der Fluß der Geschichte in die Zukunft ist kein einzelner, beständiger Strom. Er sieht mehr aus wie das Amazonasgebiet. Unzählige Dinge sind miteinander verbunden und bilden ein System gegenseitiger Abhängigkeiten und Beeinflussungen.
Der Hauptstrom dieses Systems mag manchmal über seine Ufer treten und dabei ein paar Häuser am Ufer mitreißen. Gelegentlich verwandelt sich ein Nebenfluß in ein Rinnsal. Aber er wird nur sehr, sehr selten sein Bett wechseln und völlig woanders lang fließen oder sich in den Untergrund verschieben. Dazu bedarf es großer Erschütterungen und Verschiebungen. Der Einzelne, das unsere Gesellschaft so wichtige Individuum, ist also für den Gesamtverlauf der Zukunft eher unwichtig, weswegen eine persönliche Zukunft sich in der Kristallkugel der Psychohistorik auch nicht scharf darstellen läßt. Continue reading →

Spiel’s noch einmal, Joe

„Meet the new boss. Same as the old boss.“
The Who, Won’t get fooled again

In den letzten Zügen seiner Amtszeit, quasi mit dem 4er Eisen am Loch 17, hat Donald Trump noch etwas geschafft, das ihm vorher in vier Jahren kein einziges Mal gelungen ist: Er hat die Wahrheit gesagt. Oder besser, getwittert. Mit Reden hat es der noch-immer-Präsident der ehemaligen USA ja nicht so.
Der Wahlniederlage des Toupets des Grauens folgte ein etwa dreiwöchiger Wutanfall in der Süßwaren-Abteilung des Supermarktes, während dem Klein-Donald versuchte, noch möglichst viele Reste der amerikanischen Demokratiesimulation endgültig in Schutt und Asche zu legen.
Schließlich, so hatte er das ja schon im Frühjahr festgelegt, könne er diese Wahl gegen „Sleepy Joe“, der sich kaum aus seinem Keller raustraute, nur dann verlieren, wenn es massiven Wahlbetrug geben würde. Also mußte es den auch gegeben haben. Denn Donald J. Trump, der Mann, der das Siegen auf diesem Planeten quasi erfunden hat, hat die Wahl zum Präsidenten tatsächlich verloren.
Es war die größte, unglaublichste, fantastischste und besteste Wahlniederlage, die es überhaupt jemals auf der Welt gegeben hat.

Irgendwo mitten in seinem pöbelnden Wahnsinn twitterte der von der Ablehnung der Öffentlichkeit zutiefst gekränkte Narzißt dann den Satz: „Noch nie hat ein amtierender Präsident so viele Stimmen bekommen wie ich!“
Worauf dann wieder die abstruse Behauptung folgte, er habe die Wahl gewonnen. Ich hätte auch früher in Mathe nur Einser bekommen, wenn meine Lehrer nicht immer so viele Fehler angemahnt und dann auch noch gezählt hätten. Im Grunde bin ich also das größte mathematische Genie des Planeten und erwarte demzufolge den längst überfälligen Anruf der Nobel-Kommission. Außerdem brauche ich die mit dem Preis verbundene Kohle. Da bin ich auch wie Donald Trump, wobei ich keine Schulden habe, die sich auf mindestens 400 Millionen Dollar belaufen dürften. Aber gebt mir das Geld trotzdem, ich habe es schließlich verdient!

Aber mit diesem einen Satz hatte er recht. Tatsächlich hat noch nie ein amtierender Präsident so viele Stimmen bekommen. Seltsamerweise waren die natürlich alle ungefälscht. Ebenso wie die Stimmen für republikanische Senatoren, die seit Wochen und Monaten die Klappe hielten, wenn Trump wieder eine antidemokratische Absurdität nach der anderen raushaute. So jetzt auch nach der Wahl.
Faschistischen Tattergreisen wie Mitch McConnell im Senat oder einem Lindsey Graham sind alle Mittel recht, um den Apartheids-Staat USA weiter aufrechtzuerhalten, den sie für den Amerikanischen Traum halten.
Zum Zeitpunkt des Twitter-Anfalls hatte Donald 71 Millionen Stimmen. Sagte er jedenfalls. In der Realität waren es zu diesem Zeitpunkt 70,3 Millionen. Doch wen interessieren schon 700K Stimmen in einer Demokratie. Es sei denn natürlich, sie werden für einen anderen Kandidaten abgegeben, und sei es auch nur in der Einbildung eines anderen Tattergreises. Dann müssen sie natürlich auf Zuruf von Gerichten für ungültig erklärt werden, ansonsten ist die Demokratie in Gefahr.

Der alte weiße Mann im Weißen Haus wird also bald durch einen noch älteren weißen Mann im Weißen Haus abgelöst werden. Nach gründlicher Entseuchung durch einen Desinfektionstrupp, nehme ich an. Die Bude dürfte ganz schön coronifiziert sein. Ich würde auch die Teppiche und Vorhänge im Oval Office rausschaffen und verbrennen lassen. Vielleicht am besten alles, was je mit Trump in Berührung gekommen ist. Vielleicht sollte Joe Biden, der ja Katholik ist, nach seiner Inauguration einen Exorzismus durchführen lassen. Das wäre vermutlich am besten.
Der letzte katholische Präsident der USA war übrigens John F. Kennedy. Der letzte Präsident, der dieses Amt erreichte, ohne Florida zu gewinnen, war auch John F. Kennedy. Joe Biden sollte meiner Meinung nach Cabriofahrten durch Dallas in seiner Amtszeit grundlegend vermeiden. Continue reading →

Eine Kultur der Gewalt

– II –
Der Hiroshima-Moment

„Any intelligent fool can make things bigger, more complex, and more violent. It takes a touch of genius – and a lot of courage – to move in the opposite direction.“
E. F. Schumacher

Um 11:02 Ortszeit am heutigen Tag vor 75 Jahren leuchtet ein Blitz über einer japanischen Stadt namens Nagasaki auf. Die gigantische Explosion tötet unmittelbar etwa 22.000 Menschen. Zehntausende sterben in weiteren Wochen und Jahren danach. An ihren Verletzungen. An einer Krankheit, die bis dahin niemand gesehen hatte.
Nur drei Tage zuvor, um 08:15 Ortszeit, hatte bereits eine weitere japanische Stadt dasselbe Schicksal erlitten. In Hiroshima sterben 80.000 Menschen sofort. Die aufsteigende Pilzwolke, von einem Besatzungsmitglied des B-29-Bombers „Enola Gay“ aus dem abdrehenden Flugzeug gefilmt, sollte zum Symbol eines neuen Zeitalters der Vernichtung werden.

Es waren nicht die höchsten Opferzahlen nach einem Bombenangriff. Bereits am 10. März 1945 hatten US-Bomber mit Brandbomben eine Fläche im Stadtgebiet von Tokyo belegt, in dem etwa 1,2 Millionen Menschen lebten. Nachdem die sogenannten Pfadfinder das Angriffsziel mit Napalmabwürfen markiert hatten, wurden über 1.500 Tonnen Brandbomben über der Hauptstadt abgeladen, die zur damaligen Zeit noch in der traditionellen Bauweise vorwiegend aus Holz und Papier bestand. Die Bilanz des Angriffs bezifferte sich nach japanischen Angaben auf etwa 84.000 Tote, über 40.000 Verwundete und mehr als eine Million Menschen ohne Obdach. Über eine Viertelmillion Gebäude wurden zerstört. Spätere Schätzungen gehen von bis zu 185.000 Toten aus. Doch die Bomber, die diese Hölle säten, brauchten über drei Stunden, bis sie alle von ihrer Pazifikinsel gestartet waren. Es waren hunderte.
An dem Tag, an dem Hiroshima getötet wurde, dürfte nur sehr wenigen Menschen auf ihrem Weg zur Arbeit das Gleißen der Sonne auf der Hülle des einsamen Bombers aufgefallen sein, der seinen Weg über die Innenstadt nahm. Tatsächlich war die „Enola Gay“ mit ihren Begleitern der Luftüberwachung Japans sehr wohl aufgefallen.
Da man aber erkannte, daß es sich nur um einen Verband aus drei Maschinen handelte, starteten keine Abfangjäger. Die US Air Force flog zu diesem Zeitpunkt längst routinemäßig Aufklärungseinsätze und die kaiserliche Luftwaffe hatte nicht mehr die Ressourcen, um solche Missionen anzugreifen. Daher wurde kein Alarm ausgelöst, die Bevölkerung wurde nicht gewarnt.

Ein einziges Flugzeug. Eine Bombe. Eine vernichtete Stadt. Eine Todeszone auf Jahre hinaus. Die Kultur der Gewalt hatte einen weiteren Höhepunkt ihres Schaffens erreicht. Niemals zuvor war der Beweis einer wissenschaftlichen Hypothese derartig direkt in Zerstörung umgewandelt worden. Ein geradezu leuchtendes Beispiel einer über Jahrhunderte verfeinerten Effizienz des Tötens. Continue reading →

Vernetzlich

„Er wußte nicht, daß das beharrliche Geräusch eine Reihe hinter ihm das Ende von allem bedeutete: Es würde keine Fortsetzung mehr geben, sehr bald würde es überhaupt keine Filme mehr geben. In der Reihe hinter Larry hustete ein Mann.“
Stephen King, The Stand

In Drogeriemärkten sind Hygieneprodukte ausverkauft, Nachschub ist laut Aussage des Personals nicht zu erwarten. Kein Wunder. Ein nicht unerheblicher Teil irgendwelcher feuchten Tücher wird vermutlich in China hergestellt. Marktradikale FDP-Wähler, deren Empathie und Liberalismus anderen sonst die freie Wahl überlassen möchte, ob sie von Hartz IV jetzt essen oder heizen wollen, oder die Wahl, welche Alters- und Gesundheitsvorsorge sie sich genau nicht leisten können, stehen weinend vor diesen leeren Regalen und beschweren sich über die Kräfte des Marktes, die immer alles optimal verteilen.
Es sei denn, man kommt erst abends um 20:00 in die Drogerie, weil man vorher noch ein paar Leben in Drittweltländern mit Aktienschiebereien nachhaltig versauen mußte.
Auch über den völlig frei nach Angebot und Nachfrage gestalteten Preis einer Flasche Sterilium – ein gängiges Desinfektionsmittel in Praxen und Krankenhäusern – erheben sich bittere Beschwerden.
Als wären 99 Euro nicht etwa ein Schnäppchen für Leute, die sonst beim Essen gehen alleine für die erste Flasche Wein das Doppelte berappen. Kluge Menschen lachen solche Volldeppen aus. Kluge Menschen kaufen destillierten Alkohol in Flaschen. Stroh-Rum hat auch 80 Volt, das langt zum Desinfizieren von behüllten Viren allemal. Prost, Gemeinde. Im Zweifel ist er im Gegensatz zu Sterilium sogar trinkbar. Continue reading →