…et dona ferentes.
,,Fürchte die Griechen, auch wenn sie Geschenke bringen.“ So ist es von Asterix überliefert. Doch in Europa scheint man sich seit zwei Wochen vor den Griechen zu fürchten, obwohl die keine Geschenke bringen.
Im Gegenteil, eigentlich wollen die Griechen was haben. Ihr Land zurück nämlich, um mal ganz vorne anzufangen.
2 Wochen nach dem Wahlsieg der Syriza, der vereinten Linken in Griechenland, hatte die deutsche und europäische Presse erst einmal nichts anders zu tun, als gnadenlos auf Herrn Tsipras, den neuen Landeschef, und seinen erwählten Finanzminister Varoufakis einzuprügeln.
Im Tenor wurde da vor allem bemängelt, daß die Griechen die Dreistigkeit hatten, bei einer durchaus demokratisch korrekten Wahl eine Partei zu wählen, die total dagegen ist, weiter einfach rumzusparen in der Hoffnung, das griechische Finanzproblem würde sich dadurch dann schon lösen.
Eine Rückeroberung der Demokratie in Griechenland. Paßt doch.
Ich möchte mal erleben, was hier in Deutschland los wäre, wenn sich die Presse anderer Länder in Europa, der IWF und noch ein paar ungebetene Kommentatoren derartig manipulativ zu bevorstehenden Wahlen geäußert hätten.
Man stelle sich ein Deutschland vor, dessen Regierung von einer Beamtentruppe, geschickt vom IWF, der OECD und der EU, Anweisungen entgegennehmen muß, die dazu führen, daß Löhne und Gehälter um 40% sinken und die Renten um 30% gekürzt werden. Ich kenne das nur von Ländern, die nach einem Krieg vom Sieger besetzt werden.
In Deutschland hätte vermutlich Volker Kauder – das ist das deutsche Äquivalent zu den Corgis der Queen – sofort wieder mal ins Mikro des Bundestages gebellt, um klarzustellen, daß ihm der Ton nicht paßt. Das hat Volker auch wirklich getan, allerdings hatte sich der Mann dahingehend beschwert, daß die neue Regierung Griechenlands ja die Bundeskanzlerin verunglimpft habe.
Ich möchte dazu an dieser Stelle mal anmerken, daß es nicht mehr ,,Bundeskanzlerin“ heißt, sondern ,,Bankenrettungsassistentin mit parlamentarischem Illusionshintergrund“. Besonders schön auch der Hinweis von Herrn Kauder, die griechische Regierung möge doch mal die ,,Steuern bei den Reichen“ eintreiben.
Angesichts der desolaten griechischen Finanzlage ein durchaus korrekter Hinweis. Allerdings auch ein probates Mittel, das ich mir in Deutschland ebenfalls wünschen würde. Würden alleine Unternehmen mal die Steuern bezahlen, die sie auch bezahlen sollen, könnten wir hier in Deutschland alle Schulen mit Dächern ausstatten, die regendicht sind und womöglich sogar Lehrpersonal einstellen, das mit digitalem Equipment umgehen kann, das es in so einem Fall auch gäbe.
Gegen die Steuervermeidungsstrategien von Konzernen stinkt so ein Wurstfabrikant mit seinem Fußballverein völlig ab, das schafft der summenäßig im Leben nicht.
Wir wollen uns also vom Kauderwelsch mal nicht ablenken lassen und weiter im Fokus bleiben.
Wenn Frau Merkel und ihre Schwarze Null nicht 5 Jahre lang verhindert hätten, daß Griechenland radikale Kapitalkontrollen einführt, dann hätten die reichen und superreichen Griechen übrigens auch nicht so viel Kohle ins Ausland schaufeln können, was das Einziehen eventuell geschuldeter Steuern von vornherein mal erleichtert hätte.
Auch hätten europäische Banken nicht einfach ihre toxischen Papiere bei der EZB im Keller abladen können, wo sie heute noch liegen und vor sich hin strahlen.
Deutsche Politik fernab der Realität. Sie kennen mich.
Allen voran sind hier übrigens deutsche und französische Banken beteiligt gewesen.
Aber ein Schuldenerlaß für Griechenland war ja nicht zu machen mit unserem regierenden Hosenanzug, dabei hätte es den 2010, spätestens 2012 einfach geben müssen.
Um es deutlich auszudrücken: Die hier von der deutschen Regierung praktizierte Insolvenzverschleppung diente nicht dazu, die Griechen zu retten, sondern die Banken.
Eine Tatsache, die zu meinem persönlichen Erstaunen auch von der deutschen Presse ausdrücklich festgestellt worden ist.
Seltsam, nicht wahr? Hatte uns nicht dieses pseudo-journalistische Hetzblatt, dessen Name mir nicht aus der Tastatur kommt, immer wieder Artikel lanciert über die,,Pleite-Griechen“, die es sich in der europäischen Hängematte gutgehen lassen?
Das da im Hintergrund das Großkapital gerettet wird und nicht etwa der normale griechische Bürger, galt bis vor einigen Wochen noch als Verschwörungstheorie.
Hatten nicht Frau Merkel und der schwäbische Obersparer versichert, Griechenland sei auf einem guten Weg?
Von einem Primärüberschuß war noch vor wenigen Wochen die Rede, mit dem medienjubelnd die Rettungspolitik von Madame Alternativlos als rauschender Erfolg verkauft werden durfte. ,,Primärüberschuß“ ist ökonomisch und heißt übersetzt: ,,Ich habe nur dann Geld übrig, wenn ich meine Schulden nicht weiter bezahlen muß.“
Was wiederum übersetzt heißt: ,,Ich bin pleite, aber die Akademiker haben einen Weg gefunden, drumherumzureden.“
Die Wahrheit, die Europa und vor allem Deutschland ins Gesicht springt, ist Folgende: Griechenland ist pleite. Es war pleite und es wird auch mit der neuen Regierung pleite bleiben. Keine Eulen in Athen.
In einem bemerkenswert guten Interview hat der neue Finanzminister das auch unumwunden zugegeben. Giannis Varoufakis spricht davon, daß er Finanzminister eines bankrotten Staates ist.
Während das ehemalige Nachrichtenmagazin, diese peinliche Erbsenpistole der Demokratie, sich tatsächlich nicht entblödet, einen Artikel darüber zu bringen, ob ein Finanzminister einfach so ohne Krawatte rumlaufen darf, sagt dieser Mann in einem Interview das, wovor sich Frau Merkel am meisten fürchtet: Die Wahrheit. Und auch noch deutlich.
Exakt das ist es, wovor sich auch Europa fürchtet: Die Wahrheit. Ein halbes Jahrzehnt verfehlter Politik droht Frau Merkel einfach mal in ihr sauertöpfisches Gesicht zu explodieren. Ich persönlich feiere das sehr, muß ich gestehen.
Die neue griechische Regierung besteht aus einem sehr überzeugenden Grund darauf, die Sache mit den Schulden anders zu regeln: Die bisherigen Maßnahmen haben nicht funktioniert.
Unter anderem, weil alle bisherigen Krisenregierungen, übrigens unterstützt auch von Frau Merkel, immer auch Teil des Klubs aus Korruption und Machtelite waren, der die ganze griechische Tragödie ja erst ermöglicht hat. Auf die Syriza trifft das nicht zu, diese Leute weigern sich quasi, nach den bisher gültigen Regeln zu spielen.
Die Politamateure sagen die Wahrheit. Das verstößt gegen die Clubregeln.
Plötzlich wird völlig offensichtlich, daß man die Griechen nicht gerettet hat und das auch nie vorhatte. Es wird offensichtlich, daß man einen Staat eben auch kaputtsparen kann, denn ganz im Gegensatz zu Herrn Schäubles Geschwätz ist ein Staat eben kein Privathaushalt.
Aber wenn der Vergleich schon ständig gezogen wird: Privatpersonen können insolvent gehen, warum also die Aufregung, wenn Griechenland dieses Recht auch möchte?
Weiterhin wird auch offensichtlich, daß unsere Regierung all diese Dinge natürlich längst gewußt hat. Was im Umkehrschluß bedeutet, Frau Merkel und Herr Schäuble und noch einige andere haben die Öffentlichkeit belogen. Oder sie waren allesamt so dämlich, tatsächlich nicht zu begreifen, was sie da gerade anrichten.
In beiden Fällen sind diese Leute für die Ausübung ihrer Ämter generell wenig tauglich, wie ich finde. Aber ich habe die ja auch nicht gewählt, so schlau war ich dann doch.
Die EZB hat bereits angekündigt, griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheit anzuerkennen. Das waren diese wertlosen Papiere eigentlich nie, aber bisher konnte man über diesen Umstand noch sauber hinweglügen. Aber eben nur, solange alle die Klappe halten.
Der Bruch der griechischen Regierung mit dieser speziellen Omertà führt zu unangenehmen Fragen. Denn wenn Griechenland einen Schuldenerlaß bekäme, was ist mit…sagen wir…Irland?
Oder Spanien?
Italien, anyone?
Kriegen sie aber keinen, müßte man weiterhin eine Politik als Lösung propagieren, die gerade eben von der neuen griechischen Regierung als das entlarvt worden ist, was sie schon die ganze Zeit war, nämlich eine komplette Farce.
Ich wage die Prognose, daß bereits in wenigen Tagen in den deutschen Medien erste Artikel auftauchen werden, die alle Schuld an den Finanzproblemen Griechenlands der neuen Linken in die Schuhe schieben. Dieses Jahr wird die Karnevalssaison also ganz besonders viele Narren haben.
Aber noch ist ja nicht Aschermittwoch, man darf also gespannt sein.