,,Wir werden nur noch das lesen, was bei Amazon vorgeschlagen, bei Google gefunden und bei Facebook geliked worden ist.“
Christoph Sieber
Wir brauchen uns keine Sorgen mehr zu machen. Alles wird gut. Die Welt wird nicht untergehen. Es gibt hier nichts zu sehen, bitte leben Sie weiter.
Und dieses Leben wird ewig währen. Zumindest verkünden das, pünktlich zur österlichen Auferstehungsfeier, wieder einmal berufene Nachrichtenmagazine auf ihrem Titelblatt.
Der kollektive Traum, in dem wir uns alle bewegen, nimmt in letzter Zeit diese Art Lebhaftigkeit und Farbigkeit an, die man aus den eigenen Träumen kennt, die kurz vor dem Aufwachen in unseren Köpfen so ihr Unwesen treiben. Die Art Traum, die einen das Kissen heftig umarmen läßt, um uns dann nach dem Erwachen mit der Tatsache zu konfrontieren, daß wir jetzt das Bett neu beziehen müssen, weil wir wieder alles hemmungslos vollgesabbert haben.
Der Energiekonzern EnBW will erstmals einen Windpark ohne staatliche Subventionen bauen, heißt es.
Denn, so verrät uns der Artikel, Windenergie beginnt sich zu rechnen. Das mag durchaus sein, aber diese Rechnung wird dadurch geschönt, daß alle Stromverbaucher weiter die so verhaßte Umlage bezahlen, die den Strompreis in den letzten Jahren so schön steigen läßt. Natürlich ist das nicht der einzige Preistreiber, wie die Nuklearfans das immer wieder behaupten, aber die EEG-Umlage steht schon stark unter Verdacht, etwas damit zu tun zu haben.
Nun ja – fast alle Stromverbraucher. In Wirklichkeit sind es vorwiegend Privatverbraucher, denn die Liste der Industrien, die genau diese Umlage nicht bezahlen, ist ja vom damaligen Wirtschaftsminister in Deutschland immer weiter verlängert worden. Darum ist der jetzt Außenminister geworden, damit er sich das Gemecker nicht mehr anhören muß.
Aber Privathaushalte schreiben eben keine Bilanzen, die möglichst schön hingepfuscht werden müssen, damit der Aktienkurs stimmt und die Dividende für die Besitzer derselben auch. Wo kämen wir da auch hin, wenn diejenigen, die viel Strom verballern, auch noch eine EEG-Umlage zahlen müßten, deren erklärtes Ziel es ja ist, diese Sache mit der Energiegewinnung ökologischer zu gestalten? Kapitalismus, fuck yeah!
Eine vernünftige Gesellschaft würde zu einer Aluminiumindustrie, die mit Abwanderung droht, schlicht und einfach sagen: „Und tschüß dann!“
Oder eine Deutsche Bahn lauthals auslachen, die ein Jahrzehnt lang die Preise erhöht mit Verweis auf die gestiegenen Energiekosten. Glaubt irgend jemand ernsthaft, daß die Bahn AG – der größte Abnehmer von Elektrizität im Land – denselben Preis für eine Kilowattstunde bezahlt wie der statistische Durchschnittshaushalt?
Vermutlich würden sich die deutschen Aluminiumerzeuger dann auf Island niederlassen, wie es so viele andere auch schon getan haben. Denn dort gibt es geothermische Energie. Die ist zwar günstig und durchaus umweltverträglich, wenn man die Kraftwerke richtig baut, aber auch nicht kostenlos. Außerdem muß man sich die Rohstoffe an den Arsch der Welt liefern lassen – sorry Island, aber du liegst echt nicht im Zentrum der Handelswege des Planeten. Und natürlich muß man erst einmal neue Fabriken bauen. Da Island aber nur 300.000 Einwohner hat, hält die isländische Regierung nicht so viel davon, riesige Industrien mit Subventionen zu fördern, damit sie anschließend die Landschaft versauen können. Die ist nämlich auf der Insel sehr empfindlich und ihre Einwohner wissen das.
Und falls dann einer schreit: „Aber die Arbeitsplätze!“ – es ist für die Gesellschaft allemal billiger, die paar tausend Arbeiter der Aluminiumindustrie zu subventionieren, die dann keine Arbeit mehr haben, als die ganze Industrie selber. Interessanterweise bedeutet diese Ankündigung von EnBW übrigens im Umkehrschluß, daß bisherige Windparks massiv subventioniert worden sein müssen, was eine Tatsache ist, die die Politik auch immer gerne im gemeinsamen Tenor mit der Energiewirtschaft abgestritten hat. Dies als Hinweis für den Fall, daß demnächst wieder einer das Märchen von der total billigen Atomenergie erzählt. Was zweifellos passieren wird. Ist ja Wahljahr.
Aber was rede ich, wir werden weiter Auto fahren können bis in alle Ewigkeit. Denn neue Speichertechnologien stehen vor der Tür, wir müssen sie nur noch reinlassen. Niemand anderes als der Miterfinder der Lithium-Ionen-Batterie, John Goodenough, hat zusammen mit einer Co-Forscherin jetzt ein Batteriemodell entwickelt, das schneller laden kann, mehr Ladezyklen aushält und auch eine höhere Energiedichte aufweist als heutige Batterien.
Somit müssen wir also diese Dinger nur noch mit Windstrom aufladen und es gibt nichts, was uns noch aufhalten könnte auf dem Weg in eine glorreiche Zukunft, in der das iPhone nicht schon nach einem Dutzend WhatsApp-Nachrichten elektrisch abschnarcht. Von Autos mit höherer Reichweite reden wir da mal gar nicht. Der neue Batterietyp würde auch mit Sicherheit nicht explodieren, was besonders eine Firma wie Samsung sehr freuen dürfte.
Eine andere Möglichkeit ist die Verwertung von Altmetall und anderen Werkstoffen, die nicht unbedingt exotisch sind, um daraus ebenfalls Hochleistungsbatterien für den Hausgebrauch zu erschaffen. Das wiederum hat neulich ein weiterer Labornerd herausgefunden.
Und wenn das alles nicht funktioniert, benutzen wir halt die Methode, die ein Forschungsteam um einen Dr. Yang Song neulich vorgestellt hat.
Man nehme eine Elektrode aus Graphen und mache aus CO2 einfach Ethanol. Was für eine Spitzennummer ist das denn?
Wir filtern das Klimagas CO2 einfach weg und verwandeln es in Sprit für unsere Autos, die weiterhin einen Verbrennungsmotor haben können, so daß hier keine Umrüstung erforderlich ist. Der Klimawandel ist erledigt! Nehmt dies, ihr baumknutschenden Müsli-Veganer!
Alles, was man dazu braucht, ist eben Graphen, Betonung bitte auf der letzten Silbe. Das ist ein Kohlenstoffmaterial, das im Grunde aus Sechsecken besteht, die gerade mal eine Molekülschicht dick sind. Es ist also eine quasi zweidimensionale Struktur und weist einige Eigenschaften auf, welche die damit beschäftigten Wissenschaftler regelmäßig die Augenbrauen hochziehen lassen.
Merken Sie was?
Alle diese Dinge sind exakt das, was ich schon mehrfach beschrieben habe in diesem Blog aus der Bambushütte am Rande der Gesellschaft. Sie versprechen uns eine Zukunft, die genauso aussieht wie heute, nur eben mehr davon. Überall werden die Weihrauchgefäße geschwenkt und die Gläubigen in dichten Nebel gehüllt, während die Chöre der Akolythen den Gesang vom endlosen Fortschritt und der strahlenden Zukunft anstimmen. Ewig junge Menschen werden mit ihrem überlegenen Intellekt die neue Welt des besseren Morgen erschaffen, daß da mal nicht der geringste Zweifel aufkommt!
Die smarte Zukunft wird alle Probleme lösen. Zumindest sollen wir das alle glauben. Ich hätte da ein paar Fragen…
Dummerweise benötigen wir für all diese Dinge Energie. Auch wenn die neuen Batterien eines Mr Goodenough mal existieren sollten, werden sie ohne Elektrizität dasselbe sein wie mein Computer: ein teurer Briefbeschwerer. Schnelle Ladezyklen helfen nicht, wenn es nichts zum Aufladen gibt. Das gleiche Problem trifft die Batterien aus Schrott, die jeder daheim in ein paar Stunden bauen kann. Womit lade ich diese Dinger auf, wenn der Strom nicht aus der Steckdose kommt?
Da bliebe wohl nur die eigene Solaranlage auf dem Dach. Wobei ich mit „Solar“ in diesem Falle „PV“ meine, also Photovoltaik, so heißt das nämlich korrekterweise. Das ist die Methode, die sich der Durchschnittsmensch unter „Solarenergie“ so vorstellt. Die direkte Erzeugung von Elektrizität aus Licht. Mein jetzt 35 Jahre alter Taschenrechner hat so einen Streifen Solarzellen eingebaut und was soll ich sagen? Das Ding funktioniert noch immer.
Die Entwickler der „Schrottplatz-Batterie“ sprechen auch davon, diese Dinger speziell in energieffizienten „smart homes“ einzusetzen. Also dem vollvernetzten Eigenheim, in dem mit Sprachsteuerung alles geregelt wird, vom Staubsaugerroboter bis hin zum Paradebeispiel des Internets der Dinge, dem vernetzten Supertoaster – der übrigens nur schlappe 1.500 Dollar kostet.
Was? Nein, den Toaster-Ofen mit Internetanbindung habe ich mir nicht ausgedacht. Sowas kann sich doch keiner ausdenken, da muß man schon die Realität bemühen.
Jetzt ist ein „smart home“ allerdings völlig abhängig vom Vorhandensein eines Internet, in dem alle Daten ohne Rücksicht auf ihren Inhalt tranportiert werden – die sogenannte Netzneutralität. Eben diese wird von vielen Firmen längst untergraben, beispielsweise der Telekom. Natürlich freut sich der Telekom-Kunde, wenn er plötzlich gesagt bekommt, daß Streaminganbieter A und B jetzt nicht mehr auf das Datenvolumen angerechnet werden. Aber was sich dahinter verbirgt, ist ein Carrier – die Telekom – die zu einem sogenannten Content Provider – sagen wir, Netflix – geht und dann sagt: „Wenn ihr zahlt, ruckelt es nicht beim Gucken für eure Kunden.“
Unmittelbar bin ich versucht, die Titelmelodie des Paten zu pfeifen in so einem Moment.
Denn exakt so läuft eine „Verhandlung“ hinter den Kulissen ab. Am Ende hat man einen Inhalteanbieter, der für das Privileg bezahlt, schneller durchs Internet gelotst zu werden als andere. Sprich, die Daten dieses Konzerns werden dann mit Priorität behandelt. Was das exakte Gegenteil von Netzneutralität ist, von der die Telekom vorgibt, sie als Prinzip zu vertreten. Gerechterweise füge ich hinzu, daß sie damit nicht alleine dasteht. Die anderen großen Konzerne wie Vodafone oder Telefonica – in Deutschland ist das O2 – halten sich nur zurück, um zu sehen, wie weit ihre Konkurrenz Erfolg hat mit der aktuellen Taktik.
Das gerade in den USA ein Dutzend Anbieter von Fertighäusern eben diese nach dem Fließbandprinzip produzieren und beim Kunden aufstellen, völlig unabhängig von der Klimazone und oft aus wenig dauerhaften Materialien gefertigt, ist ein weiteres Problem. Es gibt kaum ein unsmarteres Home als das durchschnittliche amerikanische McHouse, wie der Autor James Howard Kunstler diese Wohnbuden nennt.
Das ein „smart home“ auch ein „smart grid“ benötigt, um die Energie entsprechend zu verteilen, die dann aus regenerativen Quellen erzeugt wird, ist ebenfalls ein Problem, für das sicherlich jemand eine Lösung findet.
Und vielleicht findet er auch die fünf Billionen Dollar, die die Renovierung des in den USA besonders maroden Stromnetzes eventuell kosten würde.
Ich frage mich oft, wie stark das derzeit so lautstark propagierte Internet der Dinge eigentlich den Strombedarf ansteigen ließe, wenn es nur noch smarte Häuser allüberall gäbe. Eine Google-Suche, so habe ich neulich ergoogelt, verbraucht etwa so viel Energie, wie man für die Bereitstellung einer korrekten Tasse Kaffee verbraten müßte. Wenn ich das in meinen persönlichen Stromverbrauch mit einrechne, muß ich als Mitglied der im Internet schreibenden Zunft schwer schlucken. Mit der Energiemenge hätte ich auch einmal nach Indien und wieder zurück fliegen können, nehme ich an.
Schwierig wird diese Geschichte mit dem schlauen Stromnetz auch deshalb, weil sich mehr und mehr herausstellt, daß eben nur ein gewisser Anteil an ökologischem Strom verdaubar erscheint. Ich bin durchaus ein Fan von keinen Kohlekraftwerken, keinen Atomkraftwerken und trotzdem Internetanschluß haben. Ich bin aber auch einsichtig genug, um dem Argument nachzugehen, daß eine Versorgung mit Windstrom oder Solarstrom nun einmal von den Wetterbedingungen abhängig ist und somit stark schwanken kann. Was auch in der Praxis der Fall ist und Probleme bei der Stabilisierung des Stromflusses im Netz selbst bereitet. Denn unsere Geräte benötigen ja nicht irgendeinen Strom. Sondern 220 Volt bei 50 Hertz, mit recht geringen Abweichungen. Ökostrom macht die Sache hier nicht leichter und es sieht so aus, als wäre ein Wert von ungefähr 20 Prozent aktuell etwa die Grenze, die das deutsche Stromnetz noch verarbeiten kann.
Auf jeden Fall gibt es wohl eine Grenze, was das in letzter Zeit ebenfalls lautstark propagierte Ziel von 100 Prozent „erneuerbarer Energie“ schon von vornherein als nicht machbar erscheinen läßt. Ich schreibe das übrigens in Anführungszeichen, weil es Blödsinn ist. Energie kann nicht erneuert werden, so sagt es der erste Hauptsatz der Thermodynamik.
Ausgerechnet das Superduperland Deutschland, also wir, regiert von der allerbesten Energiewende-Kanzlerin des Planeten, ist hier das Paradebeispiel für das, was machbar ist und was eher nicht. Angela die Alternativlose, größte und tollste Klimaretterin des Planeten, hat ausgerechnet hier noch keinen verbindlichen Plan zum Ausstieg aus der Kohleförderung hingekriegt. Stattdessen soll die Braunkohleförderung weiter ausgebaut werden. Ein Produkt, von dem Deutschland im Jahre 2015 etwa 193 Millionen Tonnen nicht nur gefördert hat, sondern auch noch verbrannt.
Rein geologisch betrachtet ist Braunkohle irgendwas zwischen feuchtem Torf und Steinkohle, aber dafür müßte man sie noch ein, zwei Millionen Jahre liegen lassen. Da das die Dauer einer Legislaturperiode und selbst der Regentschaft
von Frau Merkel überschreitet, verballern wir dieses Zeug jetzt.
Würde ich in meinem Bundesland so etwas in den Kamin werfen, den ich nicht habe, käme die Polizei vorbei. Und würde ich ein Kohlekraftwerk wie das gerade von der Bezirksregierung genehmigte Datteln IV als Heizung in meinen Keller bauen, käme auch die Bauaufsicht vorbei, um es mir zu verbieten.
Denn dieses Kraftwerk hat, wie alle seit den 2000ern gebauten „modernen“ Kohlekraftwerke, einen Wirkungsgrad von etwa 50 Prozent. Man muß also zwei Tonnen Kohle verbrennen, um die Energie aus einer Tonne zu ernten.
Die E.ON Kraftwerke GmbH hingegen sagt sogar in beleidigtem Unterton, daß der Neubau mit „einem Wirkungsgrad von über 45 Prozent neue Standards hinsichtlich Energieeffizienz“ setze. Na, das ist ja mal sehr erfreulich.
In meinem Bundesland ist für Heizungsanlagen ein Wirkungsgrad von 75 Prozent in Privatbauten vorgeschrieben, alles andere ist ungesetzlich.
Ungesetzlich sind auch die Änderungen, die der Konzern Uniper an den Planungsvorgaben des Kraftwerks gemacht hat, weswegen der Bau zwischendurch gerichtlich gestoppt wurde. Uniper wiederum ist der neue Konzern, in den die Muttergesellschaft E.ON neulich alle schmutzigen Geschäfte ausgelagert hat, also Kohle- und Atomstrom. Weil das alles so toll zukunftsträchtig und gewinnbringend ist. Jetzt hat die Bezirksregierung entschieden, daß Gesetze hier halt nicht so eng gesehen werden sollten, und den Bau genehmigt.
Da hat der private Schrebergartenbesitzer, der schon mal Streß mit dem Amt hatte wegen der Position oder dem Vorhandensein des Komposthaufens, schon gleich wieder Schaum vor dem Mund.
Diese Tendenz von Regierungen oder Verwaltungen, großen Konzernen ihre Wünsche zu erfüllen, hat natürlich mit Lobbyismus zu tun. Da wird schon jemand die richtigen Hände geschüttelt haben und wenn dabei zufällig mal der eine oder andere Schein kleben bleibt…nun ja.
Es hat aber auch etwas mit Sozialpsychologie zu tun. Was man überall sehen kann in unserer Gesellschaft, ist die Idiotie der getätigten Investition, auch als irreversible Kosten bekannt. Ich hatte das schon mal erwähnt.
Der Konzern Uniper hat eine Milliarde Euro in das Kraftwerk investiert, das nicht den Vorgaben entspricht. Also müssen wir es weiterbauen. Denn stoppen und gar verbieten bedeutete keine Stromlieferungen und Prozesse des Konzerns. Die kosten wiederum auch Geld, selbst wenn die Regierung am Ende mit Pauken und Trompeten gewönne.
Was sogar wahrscheinlich ist, denn schließlich ist ja die Inbetriebnahme bzw. der Bau zwischendurch von anderen Gerichten bereits gestoppt worden. Aber man läßt es eben nicht drauf ankommen. Also machen große Konzerne, was sie wollen. So ähnlich wie Geheimdienste, die illegal alles abgreifen, um danach auf Empfehlung von Untersuchungsausschüssen Gesetze verabschiedet zu bekommen, die ihr Handeln nachträglich legalisieren. Nur so als Tip an alle potentiellen CxU-Fans oder Wähler der ehemaligen SPD. Wir haben ja Wahljahr.
Dasselbe Phänomen führt dazu, daß Berliner Flughäfen nicht weggesprengt werden, um danach noch mal zu schauen, ob man dieses Ding überhaupt benötigt. Stattdessen wird in einer Bauruine alles zusammengepfuscht, was nur geht. Wir haben ja schon so viel investiert. Elbphilharmonien für eine Milliarde statt veranschlagter fünfundsiebzig Millionen fallen unter denselben Punkt.
Bei jedem privatwirtschaftlichem Vertrag gäbe es Vertragsstrafen für nicht erbrachte Leistungen. In Verbindung mit Kündigungsrechten. Bei den sogenannten ÖPP, den öffentlich-privaten Partnerschaften, bei denen sich große Konzerne Milliarden an Steuergeldern abgreifen mit Bauaufträgen, wird so etwas seltsamerweise gerne vergessen. Was dann dazu führt, daß ein Konzern wie Siemens bezüglich der Software für den Brandschutz am Berliner Flughafen solche Dinge sagen kann wie: „Vielleicht kümmern wir uns mal in achtzehn Monaten drum. Falls wir Zeit haben.“ Schließlich ist es ihr Geld, wie die Werbung jetzt sagen würde.
Und man darf dabei nicht vergessen, daß so etwas wie eine smarte Stromerzeugung, zusammen mit einem smarten Versorgungsnetz, natürlich auch so etwas wie smarte Kommunikation erfordert. Denn schließlich wird dieser ganze technologische Schnickschnack von Computern geregelt und gesteuert. So ist zumindest der Plan. Wer also würde so etwas in Deutschland bauen?
Ich weiß es nicht, vermute aber mal, daß Namen wie Siemens, Deutsche Telekom und auch EnBW oder Uniper mit Sicherheit in den Papieren auftauchen werden. Ebenso wie die Namen des einen oder anderen Baukonzerns, der womöglich auch bei Dingen wie Stuttgart21 oder gewissen Konzerthäusern beteiligt ist oder war. Womit über die Zukunftsfähigkeit der ganzen „smarten“ Dinge wohl alles gesagt ist.
Der große Witz ist aber: Selbst wenn all diese feuchten Technikträume nicht nur das Kopfkissen versauten – oder das Laken – hätten wir als Zivilisation noch ein weiteres Problem auf dem Hals. Unser Wirtschaftssystem nämlich.
Die Ratingagentur Fitch hat vor einigen Monaten einmal geschätzt, wieviel an Kreditvolumen eigentlich so direkt von fossilen Energien abhängt in den weltweiten Finanzmärkten.
Die dabei genannte Summe beläuft sich auf erstaunliche 3,4 Billionen Dollar. Echte Billionen, also 3.400 Milliarden. Das ist in etwa das Bruttosozialprodukt von Deutschland. Es ist vor allem sehr viel mehr als das Kreditvolumen, das geplatzt ist, als eine Bank wie Lehman Brothers im September 2008 den Bach runterging und das auslöste, was noch heute als „Finanzkrise“ unser aller Leben so überaus spannend gestaltet.
Insgesamt handelt es sich hierbei um etwa ein Viertel aller Schulden, die Konzerne weltweit so in ihren Büchern mit sich herumtragen. Falls sie die nicht schon in den Giftmüllkeller der Zentralbanken geschüttet haben, versteht sich.
Wenn also die oben genannten Dinge Erfolg haben sollten, und womöglich auch noch schnellen Erfolg, dann steht der globale Kreditmarkt vor einer Kernschmelze, gegen die so etwas wie Lehman Brothers aussähe wie ein Kindergeburtstag.
Wenn ich den Beginn des fossilen Zeitalters der Menschheit einmal grob auf das Jahr 1900 veranschlage, einem Jahr, in dem die Bevölkerung der USA durch Einwanderung massiv wuchs, der Verbrennungsmotor dabei war, seinen Siegeszug anzutreten und erste Häuser in bisher eher ländlichen Gegenden mit dem Wunder des elektrischen Lichts versehen wurden, dann haben wir Menschen jetzt 120 Jahre damit verbracht, eine Infrastruktur auf- und auszubauen, die auf einen ganz bestimmten Energieträger zugeschnitten ist. 1900 war auch das Jahr, in dem eines meiner persönlichen Symbole des kommenden technologischen 20. Jahrhunderts seinen wirtschaftlichen Durchbruch erlebte, nämlich auf der Weltausstellung in Paris. Oder besser, einer Weltausstellung, denn ich hatte ja schon einmal eine andere erwähnt.
Die Rolltreppe ist gemeint. Angetrieben natürlich von eben der Elektrizität, die ein knappes Jahrhundert vorher noch ein Laborphänomen gewesen war, das unter Beobachtung stand. Heute ist sie, ebenso wie der Aufzug, aus keinem größeren Gebäude oder Einkaufszentrum mehr wegzudenken.
Auch diese beiden heute so völlig selbstverständlich erscheinenden Erfindungen haben das Gesicht unserer Welt dauerhaft verändert. Der Siegeszug des Wolkenkratzers wäre ohne einen sicheren Personenaufzug nicht denkbar gewesen. Manhattan sähe heute völlig anders aus. Die teuersten Appartements wären die auf Straßenebene oder im ersten Stock.
Unter dem Dach, im siebten Stock, würden die billigsten Wohnungen liegen, in denen hinter verstaubten Glastüren mit abblätternder Aufschrift auftragslose Privatdetektive in der Aktenablage unter „W wie Whisky“ nachschlagen, um ihren unwiderruflich letzten Schluck zu nehmen.
Heute gibt es nicht nur überall Aufzüge und Wolkenkratzer. Es gibt überall Tankstellen, Raffinerien, riesige Seehäfen mit Terminals für noch riesigere Supertanker, die wiederum in Saudi-Arabien oder anderswo mit Öl befüllt werden, das aus ebenfalls riesigen Pipelines in die Tanks fließt, um die Welt weiterhin mit dem Antrieb zu versorgen, der als einziger wirklich wichtig ist, um das Herz der fossilen Gesellschaft weiter schlagen zu lassen.
Mensch hat in Sachen Energie über ein Jahrhundert das Loch gegraben, aus dem er heute nicht mehr rauskommen will.
Egal, ob man Batterien aus Schrott herstellt oder aus High-Tech-Material wie Graphen Elektroden baut, die aus CO2 Ethanol erzeugen sollen – alle diese Aktivitäten benötigen Energie. Nicht anders als unser Planet ist unsere Zivilisation ein vernetztes System, ein komplexes System. Und mit eben dieser Energie haben wir ein Problem, das in den letzten Jahren nicht kleiner geworden ist.
Der Baulöwe, der wohl eher ein Bettvorleger ist, und den die Amerikaner zum Präsidenten gemacht haben, hatte in seiner Wahlkampagne bereits angekündigt, all diese furchtbaren Regulierungen rückgängig zu machen, die sein Vorgänger so schändlich verabschiedet hatte. Vor allem dieses Klimaabkommen aus Paris ist natürlich total unamerikanisch. Wie soll man fracken können, wenn man die ganzen Naturschutzgebiete nicht auch umpflügen darf?
Inzwischen hat sich die EPA, das ist die US-Umweltschutzbehörde, gegen das Klimaschutzabkommen COP21 aus Paris ausgesprochen. Was angesichts der neuen Besetzung des Amts kein Wunder ist. Denn genau dafür hat Präsident Trump ja Gelder gestrichen und als Chef jemanden eingesetzt, der vermutlich auch öffentlich glaubt, daß Jesus an Ostern gegen den Riesenhasen gekämpft hat, sofern man ihn dafür nur bezahlt.
Witzigerweise hat sich vor einer Weile Rex Tillerson aber für einen Erhalt des Klimaabkommens eingesetzt. Das ist derselbe Tillerson, der noch vor ein paar Monaten Chef des Konzerns Exxon Mobil war. Ja, richtig gehört. Der Ex-Chef eines der größten Ölkonzerne der Welt ist für das Abkommen. Das hat einen Grund. Mr Tillerson glaubt nämlich, daß durch dieses Abkommen der Bedarf an Gas weiter steigen wird. Was auch nicht unlogisch ist, denn von allen fossilen Energieträgern ist Erdgas noch am saubersten. Natürlich nicht, wenn man es aus dem Boden frackt und dabei tonnenweise Methan freisetzt. Aber rein theoretisch.
Dabei hatte Donald Trump ja noch im Wahlkampf versprochen, er werde die US-Kohleindustrie wiederbeleben, um mehrere Milliarden Jobs für aufrechte Amerikaner zu schaffen. Wofür man ihn besonders hier in Deutschland sehr ausgelacht hat. Die besten Jobs der Welt, ist ja klar. Falls man keine Staublunge kriegt, weil man sich die Gesundheitsvorsorge nicht leisten kann.
Das es die US-Kohleindustrie war, die all diese Jobs abgeschafft hat, die es mal gab, und zwar aus recht zwingenden ökonomischen Gründen in einer globalisierten Finanzwelt, geht in den Kopf dieses Mannes nicht hinein. Donald Trump ist ein Brexit auf zwei Beinen. Auch die britische Staatsführung hat ihren Untertanen ja versprochen, daß Großbritannien sich nach dem Brexit alle Vorteile einer EU-Mitgliedschaft sichern würde, ohne einen der Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.
Ebenso möchte Donald Trump eine globalisierte Welt, die aber ausschließlich zum Vorteil der USA arbeitet. Was jedoch in einer globalisierten Welt nicht geht. Witzigerweise ist Donald Trump an diesem Punkt exakt das, was ich angedeutet hatte: Ein Mann, der aus der falschen Motivation heraus etwas Richtiges tun könnte. Denn Globalisierung in ihrer aktuellen Form ist nicht mehr länger haltbar. Trumps Anti-Globalisierungskurs ist also generell nicht falsch. Allerdings hat es keinen Sinn, die bisherigen Strukturen, die über Jahrzehnte errichtet wurden, einfach zu zertrümmern und zu glauben, damit wäre das Problem beseitigt.
Genauso wenig wäre es hilfreich, alle Erdölraffinerien der Erde zu sprengen, um damit weitere Klimazerstörung zu verhindern. Denn von dort ab wären es nur noch wenige Wochen, bis unsere so wohlgeordnete Welt in barbarischem Chaos versacken würde. Sobald der Kühlschrank ausfällt, haben wir überall Venezuela.
Was die Welt bräuchte, wäre ein Zurückfahren des idiotischen Irrwegs der Globalisierung unter Bedingungen, die kontrollierbar sind. Zumindest sind sie das noch. Das wiederum aber erfordert Einsicht in komplexe Systeme und ihre Dynamik in Verbindung mit vernünftiger Analyse. Eindeutig nicht das Metier von Donald Trump. Oder überhaupt von Politik.
Inzwischen hat Trump seinen Aufruf zum Niederbrennen der Globalisierung mit seinem Dekret „Buy american, hire american“ noch verstärkt. Irgendwie klingt das wie die Verkündung einer päpstlichen Bulle.
Darüber werden sich bestimmt die WalMart-Mitarbeiter freuen, die sich von ihrem Lohn nicht einmal mehr die Waren leisten können, die WalMart verramscht. Und die übrigens allesamt in China hergestellt werden. „Pay American“ ist halt so eine Sache.
Irgend etwas scheint mit der Realität nicht zu stimmen, die ein Trump hier beschwört.
Denn die Einzelhandelskette Macy’s hat im letzten Jahr über 100 Standorte geschlossen, etwa ein Siebtel aller Filialen. WalMart hat 269 Standorte geschlossen, davon 154 in den USA. Aeropostale, ein Klamottenhändler, hat 2016 alle 41 Filialen in Kanada geschlossen und 113 in den USA. Außerdem steht der Laden unter Gläubigerschutz nach Chapter 11. Das heißt normalerweise, daß die verbleibenden Angestellten keinen Mindestlohn mehr kriegen müssen und mehr arbeiten und ähnliche Dinge. Denn die Gläubiger eines Konzerns zu schützen bedeutet ja, möglichst viele Verbindlichkeiten noch zu begleichen. Dazu muß man aus den Resten des Konzerns möglichst viel herausholen und da sind Arbeitnehmer mit Rechten, geregelten Arbeitszeiten oder so kommunistischen Errungenschaften wie Urlaubsanspruch nur im Wege.
Auch die direkte Konkurrenz von WalMart ist schwer unter Druck. Bei Sears und KMart häufen sich derzeit die Anzeichen für eine völlige Auflösung. Bezeichnenderweise macht sich die amerikanische Medienlandschaft wenig Gedanken über die dort beschäftigten Menschen, sondern beweint das Dahinscheiden des HedgeFonds, der die Muttergesellschaft Sears finanziert.
Aber die Zukunft wird nachhaltig sein, was rede ich da drum herum. Wir werden weiterhin im Supermarkt mit dem Elektro-Cayenne das Gemüe kaufen. Nur wird dieses Gemüse demnächst in vertikalen Farmen gezüchtet, nicht mehr auf einem Acker angebaut. Dies hier ist das 21. Jahrhundert. Wir stellen Pflanzen nicht mehr in diese „Natur“, von der alle reden. Wir stellen Pflanzen in Hochhäuser in Nährlösungen und lassen sie da wachsen.
Die Grundidee ist dabei nicht einmal dumm oder unwissenschaftlich, keineswegs. Denn eine vertikale Farm mitten in einer Stadt wie New York, Berlin oder Frankfurt braucht eben keine Transportwege über zig hunderte Kilometer. Gleichzeitig sorgt das Konzept dafür, daß der Anbau von Lebensmitteln eine dreidimensionale Sache wird, man also weniger Fläche für die Versorgung benötigt. Angesichts einer weiter wachsenden Kopfzahl der Menschheit und ebenso wachsenden Städten durchaus keine unvernünftige Überlegung. Wir benötigen Platz für mehr Menschen, nicht für Äcker.
Zusätzlich haben wir es mit einer kontrollierten Umgebung zu tun. Wer braucht unzuverlässiges Wetter? Wir machen unser Klima im Gewächshochhaus selbst. Was in Konsequenz bedeutet, daß vertikale Farmen keine Pestizide benötigen und keine Herbizide. Somit ist der Blattsalat sogar gesünder als vorher. Wer könnte das nicht für die Zukunft halten, die uns alle retten wird?
Als etwas nachteilig erweist es sich allerdings, daß die dazu notwendige Klimakontrolle eben Energie verbraucht. Denn um das Haus dicht zu gestalten, dürfte man keinerlei Wärmeausgleich mit so etwas simplen wie offenen Fenstern betreiben. Was wiederum die Klimakontrolle erforderlich macht, die ich gerade erwähnte, aber die auch rund um die Uhr.
Auch die Lampen oder die Bewässerung mit der exakt dosierten Menge H2O zum exakt berechneten Zeitpunkt benötigen Energie. Oh, und hatte ich erwähnt, daß all diese Wunderwerke natürlich von einer recht ausgedehnten Computeranlage gesteuert werden?
Dieselben Computer, die so viel Strom verbrauchen wie für die Tasse Kaffee, wenn ich Google nach etwas suchen lasse? Ich bin sicher, die brauchen auch Energie, wenn sie Salatpflanzen belichten. Oder bewässern.
Dann wäre da noch das klitzekleine Problem, das wir schon von woanders kennen, aber das im Jubel über „vertical farming“ immer vergessen wird. Zumindest ist das mein Eindruck. Kein System ist hundertprozentig dicht.
Was also geschieht, wenn eben doch eine Pflanzenkrankheit von außen in das wunderschöne High-Tech-Haus aus Nanoglas eindringt?
Was ist beispielsweise mit einer Schimmelspore? Was mit einem Pilz?
Ich kenne die Antwort der Hightech-Farmer bereits: Wir werden vermutlich Antibiotika in die Nährflüssigkeit einspeisen. Rein prophylaktisch natürlich. Wie heutzutage in der Geflügelmast. Ach ja – und Dünger brauchen die Wunderpflanzen vermutlich auch immer noch. Denn schließlich wollen wir optimalen Ertrag erzielen.
Die Japaner sind ebenfalls auf diesem Markt unterwegs. Denn genau das ist es: Ein Markt.
Erst pferchen wir alle Menschen in Städten in Hasenställen zusammen. In Tokyo gibt es schon seit Jahrzehnten Sarghotels, in denen Menschen tatsächlich in sarggroßen „Wohneinheiten“ übernachten, oder besser, dahinvegetieren. Dann ersetzen wir die „Natur“, die wir erfolgreich verseucht, vernichtet und plattgemacht haben, durch sterilisierte Watte und durch gefiltertes Wasser, denn das normale Wasser ist qualitativ einfach zu belastet. Außerdem ersetzen wir das Sonnenlicht durch energiesparende LED-Lampen. Denn wir sind Gottes auserwählte Rasse und erfinden uns aus jeder Sackgasse heraus, die wir selber zugemauert haben.
Ist halt nur doof, daß LED-Leuchten aus Materialien wie Phosphor bestehen und die weltweiten Phosphorbestände akut von Erschöpfung bedroht sind. Ganz besonders, wenn wir jetzt überall vertikale Farmwolkenkratzer hinstellen wollen. Dann wäre da noch Galliumarsenid. Wie der zweite Namensteil vermuten läßt, ist es ein giftiges Zeug. Und das Gallium an sich ist sehr selten und wird daher gerne bei der Herstellung von Zink oder Aluminium als Nebenprodukt abgeschöpft. Ich hatte schon erwähnt, daß die Herstellung von Aluminium massive Energiemengen benötigt?
Dann ist da Indiumgalliumnitrid. Ohne auf den Rest einzugehen, sei gesagt, daß Indium erstens sehr selten ist und zweitens bereits eingesetzt wird – nämlich für den Bau von Flachbildschirmen, besonders Touch-Displays. Also Smartphones. Natürlich braucht es nur sehr wenig davon, aber es werden jährlich dutzende Millionen Smartphones gebaut. Und weggeworfen. Die globalen Indiumreserven liegen bei etwa 16.000 Tonnen. Wie ich neulich kurz erwähnte, ist eine „Reserve“ die Menge eines Rohstoffs, die
a) bekannt ist, man die Lagerstätte also bereits erkundet hat und
b) zum aktuellen Zeitpunkt auch wirtschaftlich vertretbar erschlossen und ausgebeutet werden kann.
China ist weltweiter Marktführer in der Produktion mit etwa 500 Tonnen dieses Materials, was etwa 60 Prozent der Weltproduktion entspricht. Auch bei einem Element wie Zinn – relativ häufig in Vergleich zum Indium – lassen sich eindeutige Tendenzen ausmachen. Kostete die Tonne Zinn im Jahr 2006 noch knappe 8.800 Dollar, kostet sie aktuell etwa 20.000.
Andere Elemente mit exotischen Namen wie Tantal, Neodym, Dysprosium oder Rhenium präsentieren sich nicht besser. Auch Lithium nicht, ein eigentlich recht häufiges Element. Aber die Reichweite einer Reserve bestimmt sich eben auch nach der Menge, die benutzt wird. Und wenn wir alle Solarzellen bauen, um damit unsere wunderbaren Schrottplatzbatterien aufzuladen oder unseren Tesla-3-Elektroflitzer, der von Energiespeichern angetrieben wird, die heute eben nicht umsonst Lithium-Ionen-Batterie heißen, dann braucht die Welt eine Menge mehr Lithium, als aktuell geerntet wird. Und sehr bald auch mehr, als überhaupt da ist.
Erdöl oder Erdgas benötigen wir dann auch immer noch. Ich weiß nicht genau, aus was die seltsamen Substrate bestehen, in denen in Japan in vertikalen Farmen Salat wächst. Aber ich bin völlig sicher, daß irgendwo im Herstellungsprozess fossile Brennstoffe eine Rolle spielen.
Noch immer glauben wir den Beschwörungen der Technologie-Priester. Alles ist exakt berechnet und ausgearbeitet. Alles kein Problem. Was aber, wenn das gar nicht korrekt ist?
Wenn jemals eine Krankheit in diese Zuchtbunker der Zukunft eindringt, werden die Salatköpfe schneller sterben, als Bundesinnenminister verbale Dummheiten von sich geben. Mit dem glorreichen Konzept der vertikalen Farm entfernen die Wissenschaften sich wieder einmal maximal von der komischen „Natur“. Nichts könnte die völlige Entfremdung und die Idiotie unseres streng reduktionistischen und mechanistischen Weltbildes besser illustrieren als diese Idee.
Die Welt – also Gaia – besteht in Wahrheit aus einem Erdboden, in dem nicht nur Pflanzen wachsen, sondern auch unzählige Bodenbakterien existieren. Diese wiederum interagieren mit den Pflanzen, oft in einer Art und Weise, die wir gerade erst zu verstehen beginnen, falls sich überhaupt jemand damit beschäftigt. Insgesamt bilden diese Dinge eine Evolutionsgemeinschaft. So wie Menschen an Erkrankungen sterben, sterben auch Pflanzen daran.
Gleichzeitig gibt es aber immer Überlebende. Natürlich wird eine erworbene Immunität, wie bei Windpocken oder Masern zum Beispiel, nicht an Abkömmlinge weitergegeben. Sonst würden Menschen nie einen Schnupfen kriegen, und das schon seit der Zeit, als noch alle Menschen Uggh oder Zoggh hießen.
Trotzdem sind heute alle Europäer in irgendeiner Form Nachfahren von Menschen, die im 14. Jahrhundert die Pest überlebt haben. Einige dieser Menschen wurden nicht krank, weil sie sich isolierten und daher nicht ansteckten. Glück gehabt.
Andere wiederum überlebten die Krankheit. Und wieder andere steckten sich nicht an, obwohl sie zwischen den ganzen Toten und Sterbenden weiterhin zu überleben versuchten. Niemand weiß, warum das so war. Es ist aber zwingend logisch, daß es so war.
Da alles mit allem zusammenhängt, beeinflußt es sich auch gegenseitig. Womöglich gibt es irgendwelche Faktoren im Blut oder im Immunsystem eines Menschen, die eben zum Überleben oder zur Nichtansteckung führten. Diese Faktoren – obwohl unbekannt – sind wiederum erblich. Zumindest könnten sie es sein. In welcher Form, ist eine gute Frage, denn Erbgänge können ja dominat oder rezessiv sein oder gonosomal gebunden, also etwas mit diesem X und Y zu tun haben, das Männlein und Weiblein bestimmt.
All diese Gedankengänge stammen aus meinem Kopf, fallen aber heute unter den Forschungsbereich namens Epigenetik. Es gibt Dinge, die Folgen haben für ein Lebewesen, sich aber nicht in einer Änderung der DNA-Sequenz niederschlagen. In reiner Genetik ist diese Veränderung also nicht nachweisbar, sie ist spurenlos. Längst haben wir also herausgefunden, daß Mensch mehr ist als nur die Summe seiner Teile, sprich, sein genetischer Code. Trotzdem tun die Biologen und die Großkonzerne, die genmanipuliertes Leben in die Welt entlassen, noch immer so, als sei Genetik eine absolut verstandene, exakte Wissenschaft. Das ist eine glatte Lüge.
Ebenso wie Mensch bilden Pflanzen mit dem Rest Gaias ein komplexes System. Wir können versuchen, eine unvollständige Version dieser Gegebenheiten in einem Glaskasten nachzubauen. Und jeder Glaskasten, der nicht den ganzen Planeten umfaßt, muß hier zwingend unvollständig bleiben. Aber ich wette darauf, daß diesem Versuch auf Dauer kein Erfolg beschieden sein wird. Da hätten wir besser mal auf Bodenqualität, Grundwasserverbrauch und andere Dinge geachtet, als für solche Dinge die richtige Zeit gewesen ist.
Wir können den Grenzen des Wachstums nicht entwischen, so sehr wir das auch versuchen wollen. Was passiert eigentlich, wenn in den naturgemäß mehrstöckigen Agrarwolkenkratzern die Rolltreppen ausfallen? Oder die Fahrstühle?
Ich glaube, in dem Falle wäre das horizontal farming irgendwie doch die klügere Lösung für alle Teilnehmer. Oder ein Fahrrad. Das besteht wenigstens nicht aus Seltenen Erden. Selbst ein Pferdekarren wäre einem Tesla 3 überlegen. Denn Pferde laufen mit Gras, Heu und Wasser und zudem vermehren sie sich selbst. Man kann sie sogar, sollten alle Stricke reißen, noch essen. Versuchen Sie das mal mit ihrem Elektroauto.
Hey Kassy,
nur für dich: http://www.faz.net/aktuell/technik-motor/umwelt-technik/neue-software-erfasst-wasserverbrauch-14971300.html
Viel Spaß beim rollen 😀
Gruß 😀
Die Grafik von „REMONDIS – weltweit tätig im Auftrag der Zukunft“, kommt mir etwas komisch vor. Die weltweiten Reserven an Phosphor reichen da bis zum Jahre 2324, und die Reserven an Gold bis 2034.
Mag ich irgendwie nicht glauben, ja, habe ich im ersten Schreck für gequirrlte Scheisse gehalten.
Aber wenn die von der Zukunft beauftragte Firma so etwas veröffentlicht, und auch in der Bambushütte niemand zweifelt, dann wird das schon stimmen.
Beim Phosphor ist es mWn ein Problem, dass die Vorkommen stark kontaminiert sind, mit radioaktiven Substanzen oder Giften und deswegen sehr aufwändig gereinigt werden müssen oder gar nicht verwendet werden können.
Das ist die reine statische Reichweite, wie es in der Grafik beschrieben steht. Auf der Webseite werden die Daten zu den einzelnen Rohstoffen noch einmal erläutert. Aktuelle Reserven sind bei Phosphaten 69.000 Millionen Tonnen. Aktuelle Förderung sind 223 Millionen Tonnen p. a.
Also ergibt sich 69.000/223 ~ 309 Jahre Reichweite.
Insgesamt ist die Geschichte mit den Rohstoffen / Reserven natürlich komplexer. Wir haben ja auch noch Kohle für 1000 Jahre allein in den USA 😉
Ich verweise auch ausdrücklich auf dieses kleine PDF vom Fraunhofer-Institut. Titel „Rohstoffe für Zukunftstechnologien“. Da stehen auch unangenehme Dinge drin.
„Der Ölpreis ist wieder unter 50 Dollar gefallen, obwohl die Opec-Staaten und weitere Länder ihre Förderung reduziert haben.“
Ja, habe ich auch gelesen. Am besten sind aber die Kommentare unter diesem Artikel. Was da wieder an Ahnungslosigkeit sichtbar wird, übertrifft die Autoren des Artikels noch bei weitem 😀
Gar prächtige Beispiele für einen Blogger in seiner Bambushütte am Rande der Gesellschaft.