Manche Menschen müssen nicht weggehen von dort, wo sie gerade sind. Zum Beispiel türkische Soldaten, die jetzt in Griechenland bleiben dürfen, nachdem das Oberste Gericht ihre Asylanträge genehmigt hat. Die Soldaten, nach eigenen Angaben Piloten von Rettungshubschraubern und -flugzeugen, waren nach dem etwas seltsamen „Putsch“ in der Türkei nach Griechenland geflohen und hatten Asyl beantragt. Die Türkei wollte sie ausgeliefert haben, was jetzt endgültig vom Tisch ist. Zumindest juristisch.
Die Begründung des Gerichts in Athen dürfte die Zornesadern auf der Stirn des Möchtegern-Herrschers aller Türken stark anschwellen lassen. Die Richter sagten nämlich ausdrücklich nichts über eine Beteiligung oder Nicht-Beteiligung am Putschversuch. Was sie sagten war aber, daß für die Soldaten in der Türkei kein gerechtes Verfahren gewährleistet sei. Auch ein Schutz vor Folter und Mißhandlung sei nicht garantiert. Dazu käme noch die mögliche Todesstrafe – denn die will Erdogan ja gerne wieder einführen lassen. Die Türkei entspricht auf der Justizebene somit nicht den Anforderungen an einen menschenrechtlich einwandfreien Rechtsstaat und darum dürfen diese Soldaten bleiben.
Tja, wenn das mal kein Tritt in die Eier ist, weiß ich auch nicht.
Der türkische Außenminister, ein Herr namens Mevlüt Cavusoglu, sprach daraufhin davon, daß die griechische Regierung „Terroristen, Verräter und Putschisten“ beschützt. Soweit dann zu fairen Verfahren. Das wiederholt nur die bisherige Wortwahl in dieser Angelegenheit und darf dann wohl als Eingeständnis gewertet werden, daß die Richter in Athen mit ihrer Einschätzung der Lage in der Türkei vollkommen richtig liegen.
In der Reaktion will Ankara jetzt Schritte prüfen, wobei der Außenminister bereits sagte, man werde Flüchtlingsabkommen kündigen. Soweit dann zur Prüfung. Es ist dabei nicht genau klar, welche Abkommen gemeint sind.
Aber jedenfalls ist das die typische Reaktion von Leuten, die andere Leute mit irgendwelchen Forderungen anschnauzen und dann das beleidigte Opfer sind, wenn die Gegenseite nicht sofort tut, was sie wollen. Eine türkische Zeitung bezeichnete das Ganze dann auch folgerichtig als „Skandalurteil“. Das ist sogar richtig, was das gleichgeschaltete Presseorgan da von sich gibt. Nur ist es eben kein Skandal für Griechenland. Ganz im Gegenteil.
Es handelt sich übrigens um dasselbe Griechenland, dem unser Finanzminster gerade vorgeworfen hat, es habe „nichts von dem umgesetzt, was man versprochen hat“. Gemeint sind damit die sogenannten Sparmaßnahmen, also das gnadenlose Totsparen der Reste griechischer Volkswirtschaft für die Banken- und Finanzwelt. Gleichzeitig betonte Schäuble aber, seitens der großzügigen Kreditgewährer gebe es keine Probleme. Was ich jetzt einmal als „das Geld fließt weiterhin anstandslos in unsere Koffer“ interpretiere.
In der Zwischenzeit ist auch der Hafen von Piräus an China verkauft worden und diverse Flughäfen sind jetzt in deutscher Hand – mir sieht das ganz danach aus, als hätte Griechenland sehr wohl das getan, was man von ihm verlangt hat.
Auch die Bürokraten in Brüssel, die Griechenland als nicht gewähltes Gremium unter sich aufgeteilt haben und inoffiziell verwalten, haben erst vor ein paar Tagen grünes Licht gegeben, um dem Land weitere Schuldenerleichterungen zu ermöglichen.
Was in diesem Falle nichts anderes heißt, als weitere Zinszahlungen bis zum Jahr 3921 zu stunden, um so die Bilanz zu schönen.
Erinnert sich noch jemand daran, daß man Griechenland einmal vorgeworfen hat, mit massiver Bilanzfälschung unter kreativer Mithilfe der kriminellen Vereinigung Goldman Sachs überhaupt erst seinen Weg in den Euro ermogelt zu haben?
Heutzutage wird das Land schon seit Jahren daran gehindert, mal eine ehrliche Bilanz aufzustellen, denn die würde natürlich klar und deutlich zeigen, daß hier noch immer nichts mehr zu retten ist.
Dieser Meinung ist auch der IWF, also der Weltwährungsfonds. Denn der hat gerade erst die griechische Haushaltslage als „langfristig explosiv“ bezeichnet. Ich hätte es jetzt eher implosiv genannt, aber was die Finanzwächter hier diplomatisch sagen, bedeutet übersetzt: „Wäre das Land ein Pferd, man hätte es längst erschossen.“
Dabei geht der IWF sogar von der Umsetzung aller befohlenen Reformen aus in seiner Zukunftsschau. Das diese „Reformen“ eventuell zum Untergang des Landes beitragen könnten, sieht der IWF nicht ein. Jedenfalls erwähnt er das nirgendwo. Das wird natürlich den Herrn Schäuble nicht daran hindern, weiterhin eben diese Reformen von Athen zu fordern. Denn schließlich wäre die CDU nicht die CDU, wenn sie nicht immer wieder das tun würde, was noch nie wirklich funktioniert hat. Jetzt mal ganz unabhängig vom altersstarrsinnigen Rollstuhlfahrer. Warum dürfen Politiker eigentlich jenseits aller Rentengrenzen krampfhaft weiter an ihren Posten festhalten, frage ich mich da mal wieder.
Aus Brüssel erschallt noch andere Kritik Richtung Griechenland, wegen der Flüchtlinge nämlich. Das UNHCR, das ist das Flüchtlingshilfswerk der UN, spricht von „unhaltbaren Zuständen“ in griechischen Lagern, zusammen mit der EU-Kommission. Da leben nämlich Menschen in Zelten. Bei derzeit minus 15 Grad. Auch die Versorgung ist eher schwächlich. In den Lagern, nicht in der EU-Kommission, die da so lautstark rumkritisiert.
Eventuell sollte man einfach mal zwanzigtausend Menschen nach Brüssel schicken, damit sie dort in und um die Verwaltungspaläste der Europäischen Union, die weder Europäisch ist noch eine Union, ihr Quartier beziehen können.
Möglicherweise sollte man diese Leute aber auch nach Berlin schicken, denn Griechenland hat auch deswegen viele Flüchtlinge, weil die Türkei ohnehin kaum welche zurücknimmt. Es kommen einfach viel mehr Menschen, als man zurückschicken kann. Abgesehen davon betrachtet Griechenland die Türkei nicht als sicheren Drittstaat. Ich verweise da mal nach oben.
Natürlich hat das auch alles nichts mit dem total tollen Deal zu tun, den die Frau Bundeskanzlerin letzten März mit dem kranken Mann am Bosporus eingefädelt hat, und der dazu führt, daß jetzt erst einmal alle Asylanträge geprüft werden müssen, bevor irgendwer irgendwohin zurückgeschickt werden kann.
„Nanu“, frage ich mich da, „wie war denn das eigentlich vorher geregelt?“
Auf zig hundert Inseln hocken also Flüchtlinge, die wiederum Anträge stellen müssen, die wiederum jemand prüfen muß, die wiederum dann bei einem Gericht landen, das wiederum auch prüfen muß, um dann Ja oder Nein zu sagen.
Und dann muß man noch prüfen, ob noch Platz im Abschiebekontingent Richtung Türkei ist.
Wer all diese Arbeit erledigen und sich zwischendurch um die Menschen kümmern soll, nachdem Griechenland nun schon mehrere Jahre totgespart wird, dafür haben die Mitglieder der EU-Kommission keine Lösung. Die vermutlich unproduktivste und nutzloseste Gruppe von Menschen auf dem gesamten europäischen Kontinent verlangt nur immer wieder, daß Athen das Problem lösen muß. Rein theoretisch wäre ja mein Vorschlag, da mal Material und Leute hinzuschicken und die auch dafür zu bezahlen. Aber offensichtlich ist das zu konstruktiv.
Während also in den Niederlanden, Frankreich und auch Deutschland gewählt werden wird in diesem Jahr 2017, unternehmen der Rollstuhlfahrer der Apokalypse und seine Kollegen im Ungeiste alles, um ein Wiederaufflammen der Griechenland-„Krise“ zu verhindern. Ich würde mal sagen, da geht einigen Leuten der Arsch ganz schön auf Grundeis.
Das Land, mit dem dieser prachtvolle Deal abgeschlossen wurde, die Türkei, wird in der Zwischenzeit weiter seinem Upgrade zur Diktatur unterzogen. Gerade eben erst haben türkische NATO-Soldaten auch in Deutschland Asyl beantragt.
Das dürfte spannend werden. Sollte das durchkommen, wären diese Leute politisch verfolgt, denn das ist eine Voraussetzung für Asyl. Das wiederum dürfte dem kranken Mann am Bosporus, seiner Sultanigkeit Erdogan I., nicht im Geringsten zusagen, vermute ich mal.
Inzwischen sind über 300 Menschen in der Türkei tot, Opfer von Terroranschlägen. Von wem auch immer die durchgeführt worden sind. Das Parlament des Landes hat neulich erst dafür gestimmt, sich selber nicht mehr so wichtig zu nehmen und jede Menge Kompetenzen an den Präsidenten zu übertragen.
Muß ich an dieser Stelle erwähnen, daß in der Türkei weiterhin der Ausnahmezustand herrscht?
Das wird auch zweifellos so bleiben, bis das Volk in einem Referendum zur anberaumten „Verfassungsreform“ entschieden hat. Und zwar mit einem „Ja“, das ist natürlich von vornherein klar. Jede andere Entscheidung würde mich sehr überraschen.
Denn sollte jemand dagegen sein, Erdogan zum Diktator zu machen, wird er Besuch von der Polizei bekommen, da gehe ich jede Wette ein. Die vom Präsidenten gelenkte Presse wird den Bewohnern der ehemaligen Türkei in den nächsten Wochen sicherlich auch beibringen, wie die Abstimmung auszugehen hat. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. So wird das Motto lauten. Denn eine unabhängige Presse existiert ja de facto nicht mehr am Bosporus.
Über all das sehen unsere Top-Politschergen sauber hinweg. Während 2016 das tödlichste Jahr auf der Fluchtroute über das Mittelmeer gewesen ist, behauptet Angela die Barmherzige, Kanzlerin fast aller Deutschen, daß jetzt keiner mehr in der Ägäis ertrinkt und das ihrem tollen Deal mit der Türkei zuzuschreiben ist.
Und da regen sich unsere Medien auf, wenn die Beraterin des neuen Führers der USA, Kellyanne Conway, eine Frau wie eine Lederhandtasche, die Lügen des neuen Pressesprechers als „alternative Fakten“ bezeichnet. Ich kann wirklich nicht genau feststellen, wodurch sich das von den Mitteilungen eines Herrn Seibert oder den Reden einer Kanzlerin unterscheiden soll. Wir reden hier längst von alternativen Realitäten, da sind Fakten schon gar nicht mehr eingeplant.
Außer beim Chef von Ms Conway, dem neuen Mann im Weißen Haus. Donald Trump. Ich wollte ja nicht schon wieder was über den Kerl schreiben, aber man kommt nicht dran vorbei. Kaum hat ihm einer beigebracht, wie er seinen Namen schreiben muß, unterzeichnet er ein Dekret nach dem anderen.
Beispielsweise hat er in dieser Woche zwei große Pipelineprojekte wiederbelebt, die sein Vorgänger noch ausgeknipst hatte: die Dakota Access Pipeline und die Keystone XL. Beide sollen das Ergebnis der Ausbeutung von Teersanden in Kanada in Raffinerien auf amerikanischem Boden befördern, im Falle der Keystone XL sogar bis an die Golfküste, das sind dann schon ein paar Meilen.
Es handelt sich um die Pipeline-Projekte, gegen die schon seit Längerem vehement protestiert wird undin deren Zusammenhang unlängst erst eine Journalistin freigesprochen wurde, der man allen möglichen Mist vorgeworfen hatte. Ganz besonders natürlich, daß sie über diese Proteste berichtete, sowas geht natürlich überhaupt nicht.
Die Weigerung des Gerichts, den lächerlichen Beschuldigungen Glauben zu schenken, verhinderte weitere Proteste nicht, mit weiteren Verletzten und Inhaftierten. Ansonsten geht es bei den Protesten um den üblichen Unsinn, über den Menschen sich so aufregen. Umwelt, Klima, Zukunftsfähigkeit und irgendwelche Tiere. Aber wer braucht das, wenn man tolle Pipelines bauen kann?
Man darf gespannt sein, wie die Sache im Land of the Free weitergeht nach dem Wechsel des Steuermanns.
Ich weiß nicht, ob dem Trump das keiner gesagt hat, aber mehr Öl, um die Leitungen zu füllen, hat er auch nicht, wenn er sie baut.
Auch seine Freigabe so ziemlich jeder Ecke des Landes, des Wassers und der Luft für Ölbohrungen wird nichts an der global förderbaren Ölmenge ändern. An der amerikanischen erst recht nicht. Shell hat sich nicht vor ein paar Monaten aus arktischen Gegenden zurückgezogen, weil sie so viel von Umweltschutz halten.
Sie haben kein Öl gefunden. Abgesehen davon hätte sich dieses Öl auch nicht gelohnt bei derzeitigen Preisen. Diese Preise würden weiterhin erst recht niedrig bleiben, sollte Trump mit seinen fossilen Blödsinnsplänen erfolgreich sein – was wiederum die US-Ölindustrie weiter ruinieren würde.
Ich weiß nicht genau, in welcher Welt dieser Typ lebt, aber sie hat nur geringe Schnittmengen mit diesem Planeten hier. Besonders schön war seine Anmerkung, die Pipelines sollten doch bitte mit amerikanischem Stahl gebaut werden. Scheinbar hat ihm auch niemand erzählt, daß die USA so gut wie keine Stahlindustrie mehr haben. Falls er das durchsetzt, kann der Bau durchaus mehrere Jahre dauern.
Vielleicht ist bis dahin ja seine Mauer an der Grenze zu Mexiko fertig. Die hat Mr Trumpident ernsthaft in Auftrag gegeben. Mexiko ist das Schwellenland mit der längsten Grenze zu einem Industrieland, insgesamt sind es um die 3.200 Kilometer. Durch Wüste und Sand und Gebirge.
Daraufhin sagte der Präsident des Nachbarlandes seinen geplanten Besuch in Washington ab, während Trump noch etwas von einer 20-prozentigen Strafsteuer erzählte, die er auf alle Importe aus Mexiko verhängen will. Denn irgendwer müßte ja die Kosten für dieses wunderschöne Bauprojekt tragen und Trump hatte im Wahlkampf versprochen, daß es die Mexikaner sein würden. Allerdings schwächte sein Pressesprecher die Aussage bezüglich der Zölle dann später wieder ab.
Aber das waren vielleicht nur alternative Fakten, wer weiß?
In Mexiko sprachen Tageszeitungen jedenfalls vom größten Affront seit dem Krieg von 1846, in dem die USA den Mexikanern die Hälfte ihres Landes geklaut haben. Ich hatte das schon einmal erwähnt vor nicht allzu langer Zeit. Ich hatte auch erwähnt, daß dieses Ereignis unterhalb des Rio Grande noch immer sehr lebendig ist. Verbesserung des diplomatischen Verhältnisses sieht jedenfalls anders aus.
Insgesamt wird hier bereits die Taktik sichtbar, die Donald Trump auch im Wahlkampf erfolgreich benutzt hat. Erst wird etwas behauptet, auch wenn es glatt gelogen ist oder völlig undurchführbar erscheint. Dann wird genau dieser Blödsinn als präsidiales Dekret erlassen, damit man vor den Wählern rumwedeln kann und behaupten, man hätte seine Wahlversprechen umgesetzt. Erst danach kommt es überhaupt zu irgendwelchen Gesprächen, bei denen Verträge verhandelt werden oder auch nicht. Falls man den Gesprächspartner nicht derartig anstinkt, daß er gar nicht erst kommt.
Die gleiche Nummer hat der neue Präsident auch vorher schon durchgezogen, mit Toyota, Ford und GM. Erst drohte er mit Strafzöllen, sollte Toyota ein neues Werk in Mexiko bauen. Dann verkündete Toyota, es werde Investitionen von 9,5 Milliarden Dollar vornehmen. Was sich Trump als Erfolg auf seine Fahne schrieb. In Wirklichkeit sind das durchschnittliche Werte für Toyota, denn der Konzern unterhält ja einige Werke und ein Händlernetz in den USA und das erfordert natürlich jedes Jahr im Geschäftsplan Investitionen.
Auch Ford gab dem Pöbeln des Präsidenten nach und produziert jetzt doch weiter in den USA. Das stand allerdings auch nie zur Debatte. Ford wollte lediglich ein weiteres Werk in Mexiko bauen, um dort den Focus für die USA zu produzieren. Dieses Werk wurde jetzt gestrichen. Den Focus baut Ford aber trotzdem in Mexiko weiter, nur eben in einem bereits bestehenden Werk.
Der neue Wirtschaftsberater von Trump wird übrigens ein Mann namens Gary Cohn, der von seinem alten Arbeitgeber dann auch noch 285 Millionen Dollar hinterhergeworfen bekommt. Dieser Arbeitgeber heißt Goldman Sachs, das ist derselbe Laden, bei dem auch mal Mario Draghi gearbeitet hat. Und derselbe Laden, der Griechenland beim Bescheißen geholfen hat. Der beste Sumpf, den man für Geld mieten kann!
Kein Wunder, daß man hier alternative Fakten braucht, um von der Realität abzulenken. Mit Hilfe dieser Taktik löst sich die Wahrheit in der Öffentlichkeit immer mehr auf. Da wird dann am Ende über Kameraperspektiven und Uhrzeiten diskutiert, statt einfach klar festzustellen, daß die Behauptung, bei der Amtseinführung von Donald Trump sei die größte Zuschauermenge aller Zeiten zugegen gewesen, schlicht und einfach erstunken und erlogen ist.
Die Taktik des Auflösens der relevanten Fakten ist aber keinesfalls US-Präsidenten vorbehalten. Auch die AfD tut das seit Anbeginn ihres elenden Daseins. Erst wird gefordert, an der Grenze auch mal auf Flüchtlinge zu schießen. Dann diskutieren in Talkshows ernsthaft Verfassungsrechtler darüber, ob so etwas denn eigentlich vorgesehen ist.
Letzte Woche forderte Frauke Petry doch allen Ernstes, das Grundrecht auf Asyl in Deutschland müsse abgeschafft und durch ein „Gnadenrecht des Staates“ ersetzt werden. Die Begründung dafür war bestenfalls abenteuerlich: Die Erschaffer des Grundgesetzes hätten derartig viele flüchtende Menschen nicht vorausgesehen. Weswegen es ja auch um politische Verfolgung geht im Artikel 16a.
Übrigens haben die Väter des Grundgesetzes eben dieses in einem zerstörten Land beschlossen, dessen überlebende Bewohner dabei waren, zu verhungern und zu erfrieren. Aber das heute fünftreichste Land des Planeten ist natürlich völlig überfordert.
Frau Petry führte dann weiter aus, daß nur durch diese Maßnahme der „freiheitliche Rechtsstaat“ zu erhalten sei. Vermutlich genauso wie die Liste über Verbrechen von Immigranten, die das Weiße Haus in Zukunft veröffentlichen will. Nette Wortwahl auch. Denn Gnade kann gewährt werden und wieder entzogen. Willkürlich. Sehr rechtsstaatliche Auffassung.
Die hier von Petry benutzte Methode ist übrigens eine Variante von „TINA“. Das steht für „there is no alternative“, was übersetzt soviel heißt wie „Angela Merkel“ und eigentlich von Margaret Thatcher erfunden wurde.
Der Redner prangert hier üblicherweise etwas an und behauptet, das jeweilige Dingsbums sei so nicht machbar, haltbar oder der Untergang des Abendlandes. Eventuell wird das sogar faktisch belegt, meistens erspart der Vortragende sich und seinem Publikum diese Mühe aber.
Dann präsentiert der Redner statt Methode A seine Methode B und unterstellt, daß sein Vorschlag automatisch richtig sein muß, denn die Unzulänglichkeit der anderen Methode wurde ja bereits „bewiesen“. Vor allem wird aber gefolgert, daß es eben außer Methode B keine andere denkbare Lösung geben kann. Wie beispielsweise ein Einwanderungsgesetz. Wäre jetzt mein rechtsstaatlicher Vorschlag gewesen.
Erhaltung des Rechtsstaats durch Abschaffung. Außerdem ist Krieg Frieden und Freiheit Sklaverei. Was den Krieg angeht, macht sich übrigens jemand wie ein Michail Gorbatschow große Sorgen, nachdem Donald Trump für 90 Tage alle Einreisen aus sieben Staaten mit vorwiegend muslimischer Bevölkerung verboten hat und androhte, darüber nachzudenken, ob die Einrichtung einer Flugverbotszone über Syrien nicht womöglich doch eine gute Idee wäre.
So ganz unter uns: Nein, ist es nicht. Gorbatschow ist da meiner Meinung und sagt, die Welt bereite sich gerade auf einen neuen Krieg vor.
Nicht eine Sekunde zweifle ich daran, daß im Verteidigungsfall – also nach einem Wahlsieg der AfD – auch das Recht auf freie Religionsausübung, auf Meinungsfreiheit oder auch die Menschenwürde nach Artikel 1 GG alsbald dringend abgeschafft werden müßten, um den freiheitlichen Rechtsstaat zu retten. Denn übermäßige Kritik an der Regierung gefährdet das Staatswohl.
Da kann jeder mal Erdogan oder Donald Trump fragen, der ausdrücklich betonte, er befinde sich in einem Krieg gegen die Medien. Das mit der Religion ist auch keine Unterstellung meinerseits, denn Frau Petry sprach auch von der „rasanten, unaufhaltsamen Besiedelung Europas, insbesondere Deutschlands, durch Menschen aus anderen Kulturen und Weltteilen“.
Die Nazis haben das „Umvolkung“ genannt. Die gerade wieder einmal nicht verbotene NPD nennt das „Volkstod der Deutschen“. Man verstehe mich nicht falsch, ich hätte die NPD auch nicht verboten als Verfassungsrichter. Denn erstens müssen die Maßstäbe an ein Parteiverbot in einem echten Rechtsstaat sehr hoch angesetzt werden. Und zweitens hat das gar keinen Sinn, denn die ganzen Nazis sind ja inzwischen in der AfD.
Björn Höcke, der geschichtsrevisonistische Geschichtslehrer, nannte das mit dem angeblichen Volkstod vor einer Weile mal den „vermehrungsfreudigen Ausbreitungstyp der Afrikaner“.
Mit dieser kruden Entstellung biologischer Fakten wurde den hierher Zugeflüchteten unterstellt, ihr einziges Sinnen und Streben sei es, den guten alten Biodeutschen zu übervögeln und so auszurotten. Denselben Mist haben die Nazis auch schon über die Juden verbreitet. Als Gegenmaßnahme sieht die AfD in ihrem Programm übrigens ausdrücklich die Förderung biodeutscher Vermehrung vor. Nur der deutsche Fick ist ein guter Fick, könnte man sagen.
Hatte ich schon erwähnt, daß es bei den Nazis ein Mutterkreuz gab, wenn frau mindestens vier Volksgenossen geboren hatte? Im Volksmund hieß der damals Karnickelorden.
Es gibt in der Populationsbiologie übrigens tatsächlich eine Unterscheidung zwischen sogenannten K-Strategen und R-Strategen. Als ehemaliger Student der biologischen Künste weiß ich das – obwohl ich das auch vor der Uni schon wußte. Nur hat das eben nichts mit dem unglaublichen Müll zu tun, den Höcke damals von sich gegeben hat.
Derselbe Höcke war auch äußerst angepißt darüber, daß am gestrigen Holocaust-Gedenktag seine Anwesenheit auf der KZ-Gedenkstätte Buchenwald nicht erwünscht war. Der Mann, der sich in seiner sogenannten Dresdner Rede eindeutig als mieser Nazi entpuppt hat – nicht, daß ich da noch Zweifel gehabt hätte – hatte sogar die Chuzpe, in einem Antwortschreiben gegenüber der Leitung der Gedenkstätte zu behaupten, sie sei „gar nicht berechtigt, dem Vertreter eines Verfassungsorgans“ den Zutritt zu verweigern. Natürlich nicht, ohne darauf hinzuweisen, daß man seine Rede in der Lügenpresse ja völlig falsch interpretiert hätte. Zur Glaubwürdigkeit dieser ebenfalls ständig benutzten Taktik sage ich jetzt mal weiter nichts.
Offensichtlich sah der Landtag in Thüringen, das besagte Verfassungsorgan, das anders. Denn Herr Höcke durfte an einer Gedenkveranstaltung dann nicht teilnehmen, weil andere Abgeordnete seine Anwesenheit „als Provokation empfinden würden“, so die Begründung des Landtagspräsidenten.
Im Anschluß daran und unter bitterlichem Weinen der AfD-Fraktion über diese fiese Unterdrückung ihrer Freiheitsrechte durch die Merkel-Diktatur fuhr Höcke dann nach Buchenwald. Dort wurde er aufgrund eines inzwischen ausgesprochenen Hausverbots nicht hereingelassen.
Man kann in Deutschland durchaus von „dämlicher Bewältigungspolitik“ sprechen, wie Herr Höcke das getan hat. So leugnet man die Wahrheit des Holocaust, ohne dafür strafrechtlich belangt werden zu können.
Aber dann muß man eventuell auch mit Konsequenzen rechnen. Manche Leute dürfen nicht überall da hingehen, wo sie hin wollen. Ob sie jetzt Björn Höcke heißen oder Bernd Höcke. Manchmal gibt es zur Wahrheit eben doch noch keine Alternative. Und das ist gut so.