Sagte ich neulich etwas über Pleiten, Pech und Pannen in der Ölindustrie, besonders in Saudi-Amerika?
Nun, das mit den Pleiten ist schon jetzt größer, als ich das gedacht hätte. Wenn die Ölfracker pleite gehen, muß ja auch immer einer da sein, der die Reste aufkauft. Immerhin ist das Kapitalismus hier, da kreisen immer irgendwo die Geier. Wie sich herausstellt, kreisen die nicht nur, die Geier, die sind sogar schon gelandet.
Schon im Januar berichtete Bloomberg über Frackingfirmen, die den Bach runtergehen und für sehr wenig Geld den Besitzer wechseln. Und hintendran stehen die Banken, die das alles finanziert haben und bleiben auf den Resten sitzen. Denn natürlich zahlen die Geier weit weniger, als die Trümmer der jeweiligen Firmen wert sind oder sein sollen laut den Büchern der Banken. Und das sind nicht irgendwelche Banken. Wir reden hier von der Bank of America, der Citigroup, JP Morgan Chase und Wells Fargo. Alles Quarterbacks der Finanzindustrie in der Kategorie „too big to fail“.
Was den sonstigen Zusammenbruch des Fracking-Hypes angeht, gibt es auch hier gute Nachrichten: Wer glaubt, das sich Ölpreise erholen und bald alles gut wird, dem sei gesagt, daß Teersande eben kein Öl sind. Dieses Zeug wird deutlich billiger verkauft als normales Öl. Warum das so ist?
Simple Sache eigentlich – es ist viel aufwendiger, aus Teersanden Öl rauszuholen. Oder etwas, das man so nennen kann. Darum wird das Endprodukt dann billiger verkauft. Das ist doch auch das, was wir alle immer gelernt haben über den Kapitalismus. Oder? War doch so?
Wenn etwas zu schwierig herzustellen/zu gewinnen ist, dann wird sich sein Marktpreis soweit erhöhen, daß dieses Produkt vom Markt verschwindet und es wird durch etwas anderes ersetzt. Denn schließlich – so lehren es uns unsere unfehlbaren Wirtschaftswissenschaften – hat der Preis einer Ware eine Signalwirkung für die allwissenden Märkte, die stets besonnen und rational reagieren. So war das doch, oder?
Na ja, im Januar lagen die Preise für Teersand-Öl aus Kanada jedenfalls unter 10 Dollar. Etwa bei 8,30 Dollar, um genau zu sein. Ist halt blöd, wenn das eigene Produkt auch in den Raffinierien noch enorme Kosten verursacht – das recht schwefelhaltige Endprodukt des Tagebaus in Alberta ist für Raffinerien schwere Kost. Darum auch die Bezeichnung „sour heavy crude“. Dazu kommen die erhöhten Kapitalkosten.
Gerade eben brannten in der Provinz Alberta erst die Wälder, und das nicht zu knapp. 80.000 Menschen mußten evakuiert werden, ein ziemlich großes Gebiet stand in Flammen. Ursache dafür war nach allgemeiner Aussage auch ein sehr trockener und warmer Winter. Jede Menge Totholz, zundertrockenes Laub, solche Dinge sind natürlich anfällig für Brände.
Ich könnte jetzt behaupten, daß diese Abweichung von den üblichen Wettermustern was mit Klimazerstörung zu tun hat, aber das tue ich einfach mal nicht. Es entbehrte nicht einer doppelten Ironie, sollte ausgrechnet die teuerste und ökologisch verheerendste Methode der Gewinnung fossiler Brennstoffe sich quasi selbst entzündet haben. Auf jeden Fall konnte sich das umweltverschmutzendste „Öl“ überhaupt preislich wieder etwas verbessern, bleibt aber noch immer in unterirdischen Regionen.
Gefördert werden soll trotzdem weiterhin, denn – wie ich schon mal in der Jahresvorausschau angedeutet habe – solche Projekte werden natürlich im Vorfeld finanziert, ob jetzt Öl oder Gas, ist egal.
Während in Kanada noch gelöscht wird, erlebt die Fördermenge in den USA ihren stärksten Rückgang in den letzten acht Monaten.
Na ja, spätestens wenn die Ölpfütze weg ist, in der alle noch stehen, werden die Preise sich nach oben bewegen. Der Markt wird das schon regulieren. Haben wir ja alle gelernt.
Aktuell ist tatsächlich ein gewisser Anstieg zu sehen, die 50-Dollar-Marke ist wieder in Sichtweite. Unter anderem, da es erste Zweifel gibt, ob die kanadischen Ölsande überhaupt an den Markt zurückkehren werden nach den Bränden. Für derartige Hochrisiko-Projekte ist das Klima – hahaha – eben schlecht. Wäre halt nur doof für die Weltwirtschaft, wenn das Zeug dann demnächst wieder 120 Dollar kostet.
Ansonsten ist alles in Ordnung in Nordamerika. Gut, in den USA beschwert sich der Bürgermeister von Cupertino – der Name dieser Stadt dürfte manchem bekannt sein – darüber, daß der ortsansässige Großkonzern auch mal Steuern bezahlen könnte. Denn auf den Straßen der Stadt ist es voll, die Häuserpreise könnten auch mal niedriger sein und außerdem wäre es nicht verkehrt, wenn der wertvollste Konzern der Welt auch einfach mal seinen Steuerpflichten nachkäme.
Aber man darf eben von Konzernen nicht zuviel erwarten. Wenn die Steuern bezahlten, müssen die womöglich noch Leute entlassen! Das wäre ja ganz furchtbar. So wie die Kollegen von der Chipschmiede Intel, die streichen jetzt 12.000 Stellen. Nicht, weil Intel jetzt mit dem Steuern zahlen angefangen hätte, sondern einfach, weil der Markt für klassische Desktop-PCs stark gesättigt ist, wie man im Marketing-Sprech so sagt.
Der Bundesstaat Kalifornien ist derweil dabei, gegen Exxon Mobil zu klagen. Weil die über diese Sache mit dem Klimawandel nicht die Wahrheit gesagt haben. Oder vielmehr, eigentlich haben sie sogar gelogen.
Man könnte auch sagen, sie haben beschissene Desinformation betrieben und der Gesellschaft ins Gesicht gelogen, wenn man irgendwie direkt und manchmal zynisch wäre. Zum Glück bin ich aber ein zurückhaltender Mensch, drum sage ich sowas nicht.
Aber die großen Ölfirmen wußten über den Klimawandel Bescheid, und zwar bereits Anfang der 70er, spätestens aber Anfang der 80er Jahre.
Und sie haben noch 2015 alleine in den USA 115 Millionen Dollar ausgegeben, um Gesetze zu verhindern, die irgendwie die Geschäfte einschränken könnten, und das alles nur wegen dieses lästigen Klimawandels. Alles Hippie-Verschwörungen, ist ja klar. Ich würde den großen Ölkonzernen empfehlen, ihre Firmenzentralen nach Florida zu verlegen. Denn da hat der Gouverneur ja vor einer Weile den Behörden untersagt, das Wort Klimawandel irgendwo zu erwähnen.
Die Chinesen machen sich derweil auch auf die Suche nach neuem Öl. Und damit sie sich in der Südchinesischen See nicht immer mit ihren lästigen Nachbarn rumschlagen müssen, sind sie jetzt mal nach Ecuador gegangen.
Ein schönes, unberührtes Stück Regenwald, das ist genau der Ort, an dem man nach Öl suchen sollte in heutigen Zeiten. Viel besser als diese lausige Arktis, die da gerade abschmilzt.
Ecuador ist übrigens das meines Wissens einzige Land der Welt, das in seiner Verfassung der Natur selbst den Status eines Rechtssubjekts einräumt, also sozusagen „Mutter Erde“ als Trägerin von echten Rechten ansieht. Ein enormer Fortschritt im Rahmen des längst notwendigen Wertewandels.
Um so tragischer diese Entscheidung. Vor der Verfassungsänderung von 2009 war die Wirtschaftsform des Landes übrigens als „sozial und marktwirtschaftlich“ definiert. Das hat man dann damals geändert, in „sozial und solidarisch“. Eventuell könnte das darauf hindeuten, daß kapitalistische Marktwirtschaft ein kleines Problem mit Solidarität der Menschen untereinander hat. Aber vermutlich ist das wieder nur eine Überinterpretation meinerseits.
Auch in Europa geht alles seinen gewohnten Gang. In Polen protestieren immer mehr Menschen gegen ihre Regierung, die – gelinde gesagt – demokratischen Prinzipien nicht sonderlich zugeneigt zu sein scheint.
Gerade eben erst hat man den „Rat zum Kampf gegen Rassismus“ aufgelöst, denn, so die Aussage, das Gremium haben „nicht sehr effizient gerbeitet“. Als wäre das auf Regierungsebene jemals ein Argument gewesen. Da könnte man ja genausogut anfangen, in Deutschland Ministerämter nach Kompetenzen zu vergeben.
Selbst mehrere Oppositionparteien haben sich bereits zusammengeschlossen, um gegen die aktuelle Regierung gemeinsam vorgehen zu können.
„Der Feind meines Feindes ist mein Freund“ – das ist schon heftig in der Innenpolitik eines Landes. Der aktuelle Punkt der polnischen Regierung ist dann auch folgerichtig ein fast vollständiges Verbot von Abtreibungen. Haben Frauen ja nur mehrere Jahrzehnte gekämpft für sowas, aber gut, wer braucht das schon?
All das wird den Nachbarn in Ungarn sicherlich freuen. Denn Viktor Orbán hatte neulich schon von der „Zerstörung Europas“ gesprochen. Klar, wenn man irgendwelchen Flüchtlingen hilft, ist natürlich die Zerstörung des Kontinents die logische Folge, leuchtet auch mir völlig ein. Wie konnte man auch nur glauben, Humanismus hätte was Gutes oder wäre moralisch eventuell geboten?
Migranten sind natürlich alle kriminell und solche Dinge. Hat er gesagt, an Ungarns Nationalfeiertag.
Früher gab es eben noch Ritter in leuchtender Rüstung, die Arschlöchern wie einem Orbán die Rübe runtergeschlagen haben, um ihr Volk zu befreien. Deswegen gibt es dann Nationalfeiertage. Heute erzählen solche Leute etwas davon, daß die „Widersacher in Brüssel“ ja bedrohlich sind, denn sie seien „unverbesserliche Kämpfer für die Menschenrechte“.
Diese Formulierung muß man sich mal genau klar machen. Wer die EU-Kommission für eine Gruppe Menschen hält, die an der Einhaltung von Menschenrechten interessiert ist, und das auch noch „unverbesserlich“, der muß eindeutig den Schuß nicht mehr gehört haben. Aber gut – in meiner Welt genießt ein Herr Orbán damit eindeutig keine verbale Schonung mehr. Der Regierungschef Ungarns ist ab sofort ein paranoides Arschloch mit Einschlag zum Faschismus und braucht dringend einen Psychiater. Warum sollte man das noch als „autoritär“ beschönigen? Oder „rechtskonservativ“? Dieser Mann hat einen Sprung in der Schüssel und ist gefährlich. Falls das irgendwem noch nicht klar gewesen sein sollte.
Aber andere sind da nicht viel besser, muß man sagen. Im Nordwesten Europas (noch), nämlich in Großbritannien. Die haben da ja Geheimdienste, wie andere Länder auch.
Da gibt es das MI5, die erschießen nur Leute auf den britischen Inseln. Dann MI6, das ist der Dienst, bei dem James Bond arbeitet, die erschießen also alle Feinde der Queen im Ausland. Und GCHQ, das ist das Äquivalent zur Geheimen Staatspolizei, die schießen einfach auf jeden, der ihnen nicht paßt.
Wie sich jetzt herausstellt, haben die auch jeden abgehört, der ihnen nicht paßt.
Seit Anfang der 90er bereits. Und sie haben auch diejenigen abgehört, die ihnen eventuell nicht passen könnten. Was man natürlich erst dann weiß, wenn man die Leute abgehört hat. Das dient alles nur der Terroristen…obwohl, nein…die gab es ja damals noch gar nicht. Ich bin mal gespannt, wie sich die Abhör-Arschlöcher da wieder rausreden wollen. Aber wahrscheinlich wollen sie das gar nicht. Warum auch? Ist ja alles für einen guten Zweck, logisch.
Auch für einen guten Zweck ist das neue Überwachungsgesetz, mit dem sich der englische Polizeistaat – ich nenne das jetzt einfach so – noch ein Stück weiter von irgendwelchen europäischen Werten entfernt, die immer gerne lautstark auch von deutschen Bundespräsidenten proklamiert werden.
Das neue Gesetz würde Firmen dazu verpflichten, ihre Produkte erst dem Geheimdienst zur Genehmigung vorzulegen, bevor diese auf den Markt kommen können.
Das betrifft speziell Technik- und Kommunikationsfirmen, also alles vom App-Programmierer für Smartphones bis hin zum großen ISP. Damit soll sichergestellt sein, daß entsprechende Produkte von den Behörden auch ganz sicher abgehört oder im Zweifelsfall entschlüsselt werden können. Also, ich habe da keine weiteren Fragen zur Intention.
Lustigerweise protestieren bisher unter anderem Google, Apple, Twitter, Facebook und good old Microsoft dagegen, die sich ja bisher mit der Datensammelwut von Windows 10 auch nicht so viele Freunde gemacht haben.
Es wäre so schön, wenn dieses England endlich mal aus der EU austreten würde. Aber da hat Mr Cameron neulich schon gesagt, daß dann die Insel im Ozean versinken würde. Denn – Achtung – man brauche unbedingt die Daten der europäischen Dienste, um die bösen Terroristen zu bekämpfen, die England unbedingt im Meer versenken wollen!
Hat er gesagt, der Cameron. Hat Obama auch gesagt, neulich, bei seiner Rede. Großbritannien würde sich selbst und den gesamten Westen schwächen, sollte es aus der EU austreten. Zum Kampf gegen den Terrorismus, zur Stärkung der Wirtschaft, zur Schaffung von Arbeitsplätzen könnten die Briten als EU-Mitglied mehr beitragen als allein. Das sind doch klare Prioritäten. Auch Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wurden erwähnt. Nun ja, dazu sage ich jetzt besser mal nichts weiter.
Aber Cameron hat sogar davon gesprochen, daß neue Kriege drohen, wenn England aus der EU austritt. Ich glaube ja, daß diese Apokalypsen-Kampagne der „Leave“-Kampagne erst recht Leute in die Arme treiben wird.
Das ist übrigens derselbe englische Premier, der noch vor einem halben Jahr gesagt hat, die EU sei ja Teufelswerk. Ich weiß jedenfalls, wie glaubwürdig ich das fände, wäre ich Brite.
Es auch dieselbe Regierung, die massenhaft für TTIP wirbt – ebenso wie die deutsche. Aber schon 2013 hat diese Regierung in einer internen Untersuchung herausgefunden, daß TTIP „begrenzten politischen und ökonomischen Nutzen bei erheblichen ökonomischen Kosten für Großbritannien“ haben wird.
Wenigstens in Deutschland ist alles ruhig. Außer, man wohnt im Süden. Falls es noch einmal Sommer werden sollte, muß man da wohl aufpassen, von welchen Mücken man so gestochen wird. Denn inzwischen hat es die Tigermücke dann auch nach Bayern geschafft und die überträgt fiese Krankheiten. Das Dengue-Fieber beispielsweise. Da hat die AfD wieder was zu meckern. Immer diese Einwanderer. Und krank sind die auch noch.
Aber dagegen hat die Bunderegierung auch endlich was getan. Bisher mußten ja immer alle anderen ihre Grenzen schließen, damit Frau Merkel das in ihrer planlosen Alternativlosigkeit nicht tun muß.
Jetzt endlich hat unser autoritärer Innenminister de Maizière eines seiner großen Ziele erreicht. Der Bundestag hat nämlich die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklärt. Also Algerien, Marokko und Tunesien. Das sind drei Länder, die keineswegs eine monolithische Einheit bilden.
Die einzig brauchbare Demokratie in dieser Aufzählung ist Tunesien. Trotzdem wird immer wieder von Polizeifolter berichtet, Frauenrechte existieren quasi nicht, homosexuell sein ist strafbar und vermutlich auch gelegentlich tödlich und wirtschaftlich sieht es mies aus, weil keine Touristen mehr kommen. Denn da gibt es islamische Extremisten, die gelegentlich auch mal niedergemetzelt werden. „Sicher“ sieht nach meinem Dafürhalten anders aus.
Ich finde, der Herr de Maizière sollte da mal Urlaub machen. So zwei, drei Monate. Und er sollte die AfD gleich mitnehmen. Denn etwa so wollen die Deutschland ja auch haben und da unten können sie dann gleich den bösen Islam bekämpfen, von dem die immer reden. Drei Fliegen mit einer Klappe.
Algerien ist eine Militärdiktatur, die von einem senilen Tattergreis angeführt wird, der morgens vermutlich die Unterhose falschrum anzieht, falls er sie noch findet. Es ist auch total sicher.
Ähnlich wie in Saudi-Arabien erkauft sich die Militärregierung das Stillhalten der Bevölkerung mit Subventionen für Lebensmittel, Sozialwohnungen, Benzin und andere Dinge. Denn Algerien ist auch Nr. 2 der Erdölexporteure des Kontinents. Dummerweise ist das Öl aber zu billig. Ich verweise nach oben und auf andere Beiträge. Bleibt das Öl zu lange zu billig, wird auch dieses Land in einem Bürgerkrieg versacken. Mehr Flüchtlinge, weniger Öl. Aber sicher.
Und Marokko ist unter seinem autoritären Monarchen-Regime so sicher, daß das Auswärtige Amt eine ganze Liste an Sicherheitshinweisen auf seiner Homepage hat.
Besonders amüsant: Man rät dringend von Reisen in die Grenzregion zu Algerien ab. Vieleicht sollten wir den de Maizière mal da in den Urlaub schicken. Und alle anderen, die dafür gestimmt haben, auch. Nur um da ganz sicher zu gehen.