52. Bundesstaat, Bananenrepublik Deutschland
Im Mai des 10. Jahres der Regierung von Herrscherin Merkel
„Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht.“
Das hat die Eiserne Kanzlerin gesagt, also Frau Doktor Angela Merkel, falls das jemand nicht wissen sollte. Und zwar im Oktober 2013, dem achten Jahr ihrer glorreichen Regierung.
Anlaß zu dieser kanzlerlichen Empörung war damals die Tatsache, daß die NSA wohl auch das hoheitlich geschützte Merkelphone abgehört hat.
Frau Merkel hat sich also bereits vor 2 Jahren darüber aufgeregt, daß sie ebenso von der unheimlichen amerikanischen Staatspolizei abgehört wird wie 80 Millionen Deutsche auch. Die einzige der Wahrheit verpflichtete Tageszeitung in Deutschland hatte das damals sehr trefflich formuliert.
Diese Haltung ließ schon damals sehr gut darauf schließen, welche Wertschätzung die Bundeskanzlerin ihrem Wahlvolk so entgegenbringt.
Jeden anderen würde man für eine derartige kackdreiste Arroganz in den Arsch treten wollen, aber dummerweise hatte die deutsche BILDvölkerung© Frau Merkel ja gerade wiedergewählt, im September 2013. Man schaue mich jetzt nicht so vorwurfsvoll an aus dem Internet heraus – ich war es nicht. Und – Nein, ich habe auch die ehemalige SPD nicht gewählt beim letztenmal.
Was mir eine beruhigende Ausgangsbasis verschafft, um über die völlige Bewußtlosigkeit deutscher Politik in der Merkel-Ära ordentlich zu nörgeln.
Ach ja – ich sage übrigens ,,unheimliche“ Staatspolizei zur NSA, weil die ja nicht einmal mehr so tun, als würden sie sich für die Rechte anderer Staaten in irgendeiner Form interessieren oder als wären sie nicht für diese ganze Überwachung verantwortlich. Und das Gegenteil von ,,heimlich“ ist nun einmal ,,unheimlich“.
Noch im Wahlkampf hatte die Bundesregierung versucht, ein ,,No Spy“-Abkommen mit den USA abzuschließen und man hatte auch in der Öffentlichkeit alles getan, um den Eindruck zu erwecken, ein derartiges Abkommen stünde vor seinem Abschluß.
Jetzt – nur 2 Jahre danach – stellt sich heraus, was skeptische Menschen wie ich einer bin, schon damals vermutet hatten: Das war leider alles gelogen.
Gut, die Bundesregierung sieht das anders. Konfrontiert mit dem unglaublichen Vorwurf, gelogen zu haben, sagte Regierungssprecher Seibert neulich Folgendes:
„Wir fühlen uns bestätigt“, erklärte er. Nach wie vor gelte, dass sich die Bundesregierung nach bestem Wissen und Gewissen geäußert habe.
Denn: ,,Die grundsätzliche Bereitschaft der amerikanischen Seite zu solchen Verhandlungen war der Bundesregierung zuvor in diversen Gesprächen und diversen Kontakten zwischen Vertretern beider Regierungen und ihrer Nachrichtendienste erkennbar geworden.“
Das ist doch großartig, oder?
Ich frage mich, welches Wort Orwell erfunden hätte, um das Amt des deutschen Regierungsprechers unter Angela Merkel zu beschreiben. Doppeldenk reicht da jedenfalls vorne und hinten nicht mehr aus. Merkel-Denk wäre möglicherweise eine brauchbare Steigerung.
Diese „vorhandene Bereitschaft“ – die man übrigens nur sehr wohlwollend in die Dinge hineininterpretieren kann, die amerikanische Offizielle zur Bundesregierung gesagt hatten – wurde damals in der Öffentlichkeit verbreitet mit:
„Es wird ein No-Spy-Abkommen zwischen BND und NSA geben.“ – Steffen Seibert, Regierungssprecher, am 14. August 2013
Gehen Sie mal zu ihrem Finanzamt und erklären ihm, sie hätten eventuell die Absicht, vielleicht Steuern zu bezahlen. Ich bezweifle sehr stark, daß diese Erklärung bereits als getätigte Zahlung bewertet würde, geschweige denn, daß das Finanzamt das dann auch schon verbucht.
Es ist schon ein deutliches Maß an absolut beleidigender Arroganz, mit der da heute argumentiert wird, die Bundesregierung habe die Öffentlichkeit „nach bestem Wissen und Gewissen informiert“.
Für mich läßt das nur die Schlußfolgerung zu, daß die Bundesregierung entweder nichts weiß oder aber kein Gewissen hat.
Gut, nicht weiter erstaunlich, bedenkt man die Vita der Chefin der Bundesregierung – Frau Merkel, nur zur Erinnerung – und ihren Lehrmeister, nämlich ihren großen, dicken Vorgänger aus der Pfalz, diesen Herrn Kohl.
Schon damals lag die Regierung der CDU wie ein Schatten über dem Land meiner Jugend und niemals hätte ich gedacht, daß es dereinst noch viel schlimmer werden würde.
Niemand hätte das für möglich gehalten, aber da wußte ja auch noch keiner, welch widerwärtiges Treibgut das plötzliche Zerbrechen des Eisernen Vorhangs so an den Strand innerdeutscher Politik spülen würde.
Die Kanzlerin bescheißt ihr Volk nach Strich und Faden. Weil sie es kann. Die deutschen Medien nennen das „Vorwürfe der Unwahrheit.“
Schön finde ich auch, wie unsere ja eigentlich chronisch regierungsfreundlichen Medien hier wieder davon schreiben, es gäbe „Vorwürfe, die Unwahrheit gesagt zu haben“. Ich finde diesen krampfhaften Hang deutscher Medien zu beschönigenden Euphemismen ganz langsam brechreizerregend. Offen gesagt könnte ich kotzen!
Orwell hätte auch dazu etwas zu sagen gehabt.
Frau Merkel, Herr Pofalla und die ganze restliche Mafiabande, die da unser Land regiert, haben nicht die ,,Unwahrheit gesagt“. Sie haben gelogen.
Sie haben das gesamte deutsche Wahlvolk vor einer Bundestagswahl belogen, betrogen und nach Strich und Faden verarscht. So einfach ist das.
Sie haben das getan, damit die Sache im Wahlkampf nicht hochkocht und sie wiedergewählt werden. Was ja auch einwandfrei funktioniert hat.
Natürlich streitet unsere glorreiche Regierungschefin das heute noch ab. Ganz aktuell sogar:
Auf die Frage, ob sie die Öffentlichkeit habe belügen lassen, sagte Merkel der Süddeutschen Zeitung: „Natürlich nicht.“ Es habe zwischen den USA und der Bundesregierung Gespräche gegeben, „die es möglich erscheinen ließen, ein solches Abkommen zu vereinbaren“, sagte Merkel.
Man beachte auch hier, mit welch wohlwollender Arroganz die ausschweifende Benutzung konjunktivischer Wortformen als glatte Wahrheit verkauft werden soll. Bin ich eigentlich der einzige, der sich hier an das schmerzhafte, in absoluter Lächerlichkeit mündende semantische Winden eines Bill Clinton erinnert, als er gegen alle Tatsachen weiterhin offiziell abstritt, daß ihm Ms Lewinski im Oval Office einen geblasen hatte?
Durchaus bemerkenswert, daß gewissen Politikern heute vor lauter kognitiver Dissonanz nicht bereits der Kopf geplatzt ist.
Anlaß zur neuen kackdreisten Lüge ist also wieder einmal die absolute politische, diplomatische und juristische Totalkatastrophe, die im Moment in unserer deutschen Presse als ,,BND-Affäre“ oder ,,Spionage-Affäre“ so nett wegformuliert wird.
An alle Journalisten in diesem Land, die den Ausdruck noch wert sind, an alle Deutschinnen und Deutschen, sei hiermit von meiner Seite aus mal das klare Wort gerichtet: Es handelt sich inzwischen um eine veritable Staatskrise. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Ein einziger, irgendwo journalistisch tätiger Mensch im ganzen Land hat es gewagt, dieses komplette Ignorieren des Grundgesetzes durch deutsche Geheimdienste mit dem Namen zu belegen, den es ebenfalls verdient: Merkel-Affäre.
Aber das eben auch nur in einer Kolummne, wenn auch einer viel gelesenen, veröffentlicht von der Erbsenpistole der Demokratie.
Ein einziger Mann mit rotgefärbtem Irokesenschnitt veröffentlicht seine 1000 Worte im Hinterzimmer einer großen Medien-Webseite, verzweifelt mit seinem Smartphone winkend, und nennt Dinge beim Namen.
Eigentlich sollten Hunderte solcher Menschen mit dem Megaphon auf allen Marktplätzen in Deutschland stehen, in allen Städten über 10.000 Einwohnern.
Aber dazu müßten ja auch Hunderte von Menschen an der ganzen Sache interessiert sein. Sind sie aber nicht, wie es aussieht. Die Umfragewerte von Kanzlerin und ihrer demokratiezersetzenden Koalition sind weiterhin stabil hoch. Dem deutschen Bürger scheint es extrem egal zu sein, daß seine verfassungsmäßigen Grundrechte völlig ignoriert werden. Geht ja nur um Privatsphäre und ähnlich unwichtige Dinge.
Nein, das geht es eindeutig nicht. Die ganze Spionagekatastrophe geht weit über das hinaus. Denn der BND hat ganz offensichtlich im Auftrag der NSA auch Wirtschaftsspionage betrieben. Gut, es wäre naiv anzunehmen, daß andere Länder keine Spionage oder Wirtschaftsspionage betreiben, das ist klar. Aber andere Länder benutzen dazu ihre eigenen Dienste.
Deutschland ist mit einem Geheimdienst gesegnet, der ohne weitere Rückfragen auch Tätigkeiten durchführt, die man schlicht nur als Landesverrat bezeichnen kann.
Ich frage mich, ob es dem deutschen Michel auch egal wäre, was der BND da so treibt, wenn die Firma, in der er arbeitet, dummerweise einen Auftrag an die US-Konkurrenz verliert und er deshalb seinen Arbeitsplatz. Auf seine Beschwerde hin zuckt die Regierung mit den Schultern und weiß von nichts. Sagen kann sie eh nichts, ist halt alles völlig geheim und außerdem würden irgendwelche Beschwerden ja womöglich unser Verhältnis zu den USA belasten und so – sie verstehen schon. Nach bestem Wissen und Gewissen könnte ich solche Idioten nicht wiederwählen. Habe ich ja auch nicht, was für ein Glück.
Erschwerend kommt hinzu, daß der BND auch Daten europäischer Verbündeter an die NSA weiterleitet. Darüber sind diese Länder nicht zwingend begeistert.
Belgien hat übrigens gestern offiziell angefragt, was denn der Blödsinn soll.
Auch Österreich und Luxemburg haben Anzeigen erstattet.
Es hat sich nämlich auch herausgestellt, daß der BND – auf Anfrage der NSA – einem Kabel zwischen diesen beiden Staaten seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat.
Daraufhin war Österreich sauer und warf Deutschland Spionage gegen Österreich vor. Was folgendermaßen gekontert wurde:
,,Die […] präsentierten „Beweise“ für das Abhören von Zielen etwa in Österreich oder Luxemburg durch den US-Geheimdienst NSA mithilfe des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) basierten auf unzulässigen Schlussfolgerungen, hieß es in Berlin.“
Man beachte auch hier die Formulierung. Die „deutschen Sicherheitskreise“ sagen also klar an, welche Schlußfolgerungen hier zulässig sind und welche nicht.
Im Tonfall findet sich hier dieselbe Arroganz, die auch der Kanzlerin so gerne innewohnt. Gleich und Gleich unterhält sich halt gern.
Die Geheimdienste benehmen sich als Staat im Staat. Deshalb gibt ihnen die Regierung mehr Machtbefugnisse.
Jeder, der ein bißchen Ahnung von der Materie hat, kann übrigens davon ausgehen, daß zu diesen Sicherheitskreisen auch der Verfassungsschutz gehört.
Das ist die Organisation, die die NPD derartig unterwandert hat, daß man sie vor ein paar Jahren nicht verfassungsgerichtlich verbieten konnte. Es konnte nämlich niemand mehr genau sagen, wo denn der Verfassungsschutz aufhört und die NPD anfängt.
Im Umkehrschluß läßt sich hier sagen, daß man dann auch nicht sagen kann, wo die NPD aufhört und der Verfassungsschutz anfängt. Das kann man ja im sogenannten NSU-Prozeß gerade schön verfolgen. Meine Lösung als Richter wäre damals pragmatisch gewesen: Ich hätte beide Organisationen als verfassungsfeindlich verboten.
Es ist übrigens auch derselbe Verfassungsschutz, der aktuell ,,reformiert“ werden soll. Übersetzt aus dem Politischen bedeutet das mehr Leute, mehr Geld und vor allem mehr Befugnisse. Plan ist es , daß in Zukunft das Bundesamt für Verfassungschutz (BfV) und die Polizei nahezu beliebig Daten austauschen dürfen. Personendaten, natürlich.
Auf die ausufernde Macht von Geheimdiensten und der offensichtlichen Tatsache, daß sich diese Herren als Staat im Staat verstehen und aufführen, reagiert die Politik also aufs Schärfste – indem sie die Macht der Geheimdienste stärkt.
Der Brüller an dieser Geschichte: Selbst die aktuelle Datenschutzbeauftragte – ja, so was gibt es – hält diese Idee für verfassungswidrig.
Diese Dame ist nicht etwa von den Linken, sondern von der CDU. Das ist diese Regierungspartei, die keiner gewählt hat beim letztenmal, wenn man in der Fußgängerzone mal rumfragt.
Bisher ist Frau Voßhoff nicht durch intensive Bemühungen aufgefallen, in ihrem Amt zu glänzen. Gut, ist auch in unserem Land recht schwierig, das muß ich unumwunden zugeben. Datenschützer in Deutschland zu sein ist so ein bißchen wie Imageberater für die NPD.
Doch zurück zum BND. Man kann also auf keinen Fall – so sagt der BND – einfach schließen, daß Österreich abgehört würde, nur weil man da jetzt so ein Kabel angezapft hat. Völlig absurde Idee!
Vermutlich mußte der BND das tun, um die ganzen fehlgerouteten Datenpakete abzufangen, die von bösen syrischen Islamisten nach Deutschland oder deutschen Salafisten nach Syrien geschickt werden. Klar, völlig logisch.
Dumm nur, daß sich inzwischen herausgestellt hat, daß es eben nicht nur um diese Leitung ging.
„Er legte in Berlin eine Liste von weiteren Leitungen vor, die die NSA dem BND im Rahmen der JSA (Joint Signal Activity) zum Abschöpfen empfohlen haben soll.“
Die NSA sagt also zum BND, was er Abhören soll. Der BND reicht das ungefragt weiter. Das und nichts anderes bedeutet ,,joint signal activity“.
Man sieht, auch in der englischen Sprache sind die Euphemismus-Nebelwerfer schon seit längerer Zeit erfunden.
Ich vermute, es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Österreicher ihrer Telekom Austria aufs Dach steigen werden, denn natürlich ist dieser Carrier durch die Abhöraktionen des BND in seiner Glaubwürdigkeit jetzt ein wenig angekratzt, so was ist nicht gut fürs Firmenimage. Soweit dann zum wirtschaftlichen Schaden, der hier so als Fallout entstehen kann.
Jetzt kann man sich ja sagen: Österreich, Luxemburg – wen interessiert das, die sind keine Wirtschaftsmächte. Tja, dumm nur, daß auch Frankreich auf der Liste steht.
Die Franzosen haben sich auch schon vehement beschwert, das wird nur in der deutschen Presse nicht so breitgetreten, weil das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich – oder besser, zwischen Frau Merkel und Herrn Hollande – derzeit ohnehin katastrophal kühl ist. Ein weiteres Beispiel für das Vollversagen dieser besten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung.
Mir persönlich wäre ein herzliches Verhältnis zu unserem blockfreien westlichen Nachbarn allemal wichtiger, als permanent mit meinem Kopf die Temperatur des amerikanischen Geheimdiensthinterns zu messen.
Inzwischen weitet sich also die Spionagekatastrophe als Schwelbrand auf das Verhältnis Deutschlands zu seinen europäischen Nachbarn aus.
Ungeachtet der Tatsache, daß Geheimdienste, die Amok laufen oder willfährige Sklaven anderer Dienste sind, eine schwere Demokratiegefährdung darstellen, ist dieser Aspekt der Merkel-Affäre einer, den ich für noch sehr viel gefährlicher halte.
Es ist von Berlin nach Wien, Paris und selbst nach Moskau nicht nur geographisch, sondern selbst politisch wesentlich weniger weit als nach Washington, DC.
Eine Kanzlerin, eine Regierung, die sich dieser Schlußfolgerung immer noch aus reinem Starrsinn verweigert, aus der schlichten Tatsache heraus, daß derartige Schlußfolgerungen eben dem eigenen politisch eingeimpften Weltbild widersprechen, ist nicht nur eine Gefährdung der Demokratie, sondern auch eine unmittelbare Gefährdung der europäischen Idee, die uns auf diesem Kontinent 70 Jahre lang den Frieden gesichert hat.
Die Bundesregierung – also Frau Merkel – zeigt seit 2013 keinerlei Bemühen, diese ganze Sache vielleicht mal aufzuklären. Statt dessen wird abgewimmelt, gelogen, betrogen, nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet und ganz allgemein wegbeschwichtigt und ausgesessen.
Hinzu kommt die Tatsache, daß sich der BND nicht kontrollieren lassen möchte, wie man ja an der Arbeit des Untersuchungsausschusses oder des Parlamentarischen Kontrollgremiums erkennen kann.
Der Angeklagte legt dem Gericht nur die Beweise vor, die er für richtig hält. Das Gericht darf nicht öffentlich tagen oder Zeugen verhören, wenn diese Geheimnisse ausplaudern könnten – was bei der Befragung von Geheimagenten recht schwer vermeidbar sein dürfte.
Und sollte das Gericht irgendwas finden, darf es die Öfentlichkeit und das Parlament nicht darüber informieren, denn es unterliegt der Geheimhaltung.
Welche Art von Kontrolle soll das denn bitteschön sein?
Amoklaufende Geheimdienste gefährden das deutsche Verhältnis zu europäischen Staaten. Die Regierung führt daraufhin die Vorratsdatenspeicherung wieder ein.
Trotzdem hat das solchermaßen als machtlos enttarnte Parlament unseres Landes gestern eine erste Reaktion auf die Merkel-Affäre gezeigt. Es hat die Vorratsdatenspeicherung wieder eingeführt.
Derselbe Justizminister der ehemaligen SPD, der noch vor einigen Monaten gegen dieses neue orwellsche Abhörinstrument war, hat sich jetzt mit seinem Innemminister-Kollegen de Maizière (CDU) geeinigt, daß man das eben doch braucht.
Wofür man das braucht, hat er nicht verraten. Warum ein Gesetz jetzt weniger verfassungswidrig sein soll als 2010 – da hatte das BVerfG den letzten VDS-Versuch in Deutschland abgewehrt – nur weil die Speicherfristen 2 Wochen kürzer sind als vorher, ist mir auch nicht einsichtig. Und nicht nur mir.
Herr Maas argumentiert nun damit, daß man ja viel höhere Schwellen eingebaut habe als früher.
Natürlich. Wie könnte man unseren Politikern bei so etwas auch nicht vertrauen? Oder etwa unseren Geheimdiensten? Absurde Vorstellung.
Die Opposition und andere haben bereits angekündigt, auch diesen Versuch der anlaßlosen Bürgerausspähung wieder vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen. Neulich hatte sich Herr Lammert in seiner Eigenschaft als Parlamentspräsident noch weinerlich beschwert, daß Karlsruhe sich ja viel zu oft in die Politik einmische. Mein Tip an dieser Stelle: Einfach mal Gesetze machen, die auf dem Boden unseres Grundgesetzes stehen, Herr Lammert. Eine Ansprache an das Parlament, dem man da vorsitzt, wäre viel hilfreicher gewesen.
Erst Scheiße bauen und dann über diejenigen meckern, die die Scheiße immer wegschaufeln müssen, zeugt von starken Demokratiedefiziten im Kopf.
Eine weitere Sau im digitalen Mediendorf, die als Ablenkung vom eigentlichen Kern nur zu erwünscht war, war der Cyberangriff auf den Bundestag in der vorletzten Woche.
Gerade als Frau Merkel langsam so richtig unter Druck zu geraten schien, wurde das Netz des Bundestages attackiert, offensichtlich mit durchaus professionellem Einsatz von Trojanern und zugeschnitten auf die Infrastruktur des internen Netzes.
Nun ja, bei unseren digital völlig bewußtlosen Abgeordneten dürfte das Einschmuggeln von Schadsoftware auch etwa so schwer sein wie einer 2jährigen den Lolli zu klauen.
Aber es ist schon witzig, daß man diesen Angriff auch nach Tagen nicht stoppen konnte. Scheinbar hat da sogar einer Daten geklaut.
Vielleicht hätte man dazu auch einfach nicht die Experten des BSI einsetzen sollen.
Das ist das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, also die Jungs, die eigentlich Firmen und andere dabei beraten sollten, wie man denn die eigene Infrastruktur sicherer macht und sich digital vernünftig verhält.
Eigentlich.
Denn das BSI untersteht dem Innenministerium – das wiederum derzeit Herrn de Maizière (CDU) untersteht – und entwickelt den Bundestrojaner.
Das ist die Software, die dann von der Polizei auf Computer eingespielt werden kann, um irgendwelche Daten abzugreifen. Im Grunde dasselbe, was sich gerade im Bundestag abgespielt hat, nur nicht so professionell.
Würde man das als Privatmensch nachmachen, fiele dieses Verhalten übrigens unter das Strafgesetz, namentlich die §§ 263a, 303a und 303b StGB.
Ein politisches Sicherheitsbüro, das Trojaner entwickelt, die dann wiederum vom BKA eingesetzt werden, um ,,an den Computer zu gehen, bevor Verdächtige verschlüsseln können„.
Ist halt nur doof, daß nach Auffassung von BKA, BND, BSI, dem Innenminister, dem Justizminister und der Kanzlerin offensichtlich alle Bundesbürger verdächtig sind. Einfach weil sie halt da sind, irgendwen muß man ja verdächtigen.
Wir dürfen uns also auf weitere Überraschungen aus Richtung der uns regierenden Digital-Legastheniker freuen, demnächst wieder auf unserem Rechner.
Mein persönliches Highlight der letzten Wochen in der Politik ist aber das hier:
,,Seitdem fürchten viele Abgeordnete, dass sie von irgendjemandem belauscht werden und sind zutiefst verunsichert, ob und wie sie noch vertraulich arbeiten können.“
So etwas sagen dieselben Abgeordneten, die alle Deutschen einem pauschalen Terrorverdacht unterstellen und eine Woche später die Vorratsdatenspeicherung neu beschließen.
Der EuGH hatte in seinem Urteil, mit dem er die VDS gekippt hatte, noch gesagt, daß eine solche permanente Überwachung ,,ein Klima der Angst und der Unsicherheit“ erzeugen könnte.
Willkommen in der Scheiße, die ihr uns allen selber ständig als Terrorabwehr oder Sicherheit verkaufen wollt, verehrte Abgeordnete des Bundestages.
Ich persönlich hoffe ja inständig, daß der Angreifer entweder die NSA war, der BND oder jemand ist, der die geklauten Daten dann einfach mal radikal veröffentlicht.
Damit ihr alle mal wißt, wie es sich anfühlt, dieses Sicherheitsutopia, das ihr immer so propagiert und gedankenlos abnickt, um dann weiter mit euren Tablets und Smartphones rumzuspielen, ihr Null-Bits!
Vielleicht merkt dann mal einer, daß eine Welt ohne Privatsphäre, in der der Staat alles geheim hält und der Bürger nicht nur gläsern ist, sondern noch von innen beleuchtet, nichts weiter ist als ein faschistoider Polizeistaat auf Speed.
Eine Welt, in der Geheimdienste tun und lassen können, was sie wollen. Eine Welt, in der die eigene Regierung sich über Gesetze hinwegsetzt, weil sie es kann, und gleichzeitig ihren Bürgern pauschal unterstellt, sie seien ja eh alle Terroristen.
Das sich ein derartiges Denken in eine selbsterfüllende Prophezeiung verwandeln kann, ja sogar muß, ist für unsere Politkerkaste zwar offensichtlich geistig nicht erfassbar, aber deshalb nicht weniger gefährlich.
Wenn uns doch bloß jemand rechtzeitig gewarnt hätte!
Manchmal, wenn ich das alles so vor meinem geistigen Auge Revue passieren lasse, höre ich Orwell hysterisch kichern.